Naechtliche Versuchung - Roman
Gefühle verbannt und ein Leben ohne inneren Aufruhr in einem sicheren Kokon vorgezogen.
»Verdammt, ich muss sie vergessen«, flüsterte er und betrat sein Büro.
Als er vor seinem Computer saß, öffnete er die dunkle Jä ger.com Website. Aufmerksam studierte er die E-Mails anderer dunkler Jäger. Welch eine wunderbare Errungenschaft die Technologie doch war. Die Möglichkeit, ständig miteinander zu kommunizieren, erschien ihm wie ein Geschenk des Himmels. Dadurch konnte er die langen Nächte leichter ertragen, und es war wichtig, Informationen auszutauschen.
In seinen schwarzen Ledersessel zurückgelehnt, las er eine Nachricht von Acheron.
Nick teilte mir mit, Desiderius hätte dich in den Hintern getreten. Bist du okay?
Zähneknirschend tippte Kyrian eine Antwort.
Dafür werde ich ihn umbringen. Natürlich bin ich okay. Desiderius
ist in einer Zwischensphäre verschwunden. Was weißt du über ihn?
Vor ein paar Jahren tötete er Cromley. Also hast du es mit einer starken Macht zu tun. Ich sprach mit Cromleys Knappen. Der erzählte mir, Desiderius habe es sehr genossen, mit Cromleys Kopf herumzuspielen. Schließlich tötete er den armen Cromley auf eine Art und Weise, die ich lieber nicht beschreibe. Offen gestanden wünschte ich, D. wäre hinter mir her. Ich brauche einen tüchtigeren Tanzpartner. Meine Daimons haben lahme Beine.
Kyrian lachte über Ashs trockenen Witz. Für uninteressante Daimons hatte der Mann wirklich nichts übrig.
Wie ich von Talon erfuhr, benutzen die Daimons jetzt Astralblitze.
Hast du das auch schon mal beobachtet?
In elftausend Jahren nicht … Nein, es ist das erste Mal. Ich wandte mich an die Seherinnen, die sich jetzt mit den Schicksalsgöttinnen beraten. Aber du weißt ja, wie die sind. Wahrscheinlich werden sie uns erzählen: »Erst wenn der Himmel grün und die Erde schwarz ist, werden die Daimons sterben. Um das große Ungeheuer zu vernichten, müsst ihr besondere Pläne schmieden.« Oder einen ähnlichen Quark. Wie ich diese Seherinnen hasse! Wenn ich mir die Zeit mit Rätseln vertreiben will, kaufe ich einen Rubik’s Cube, den sogenannten Zauberwürfel.
Vielleicht solltest du eine Seherin mit deinem Charme betören, Ash.
Stell dir das mal bildlich vor, General - mein ausgestreckter Mittelfinger zeigt direkt auf dich. Und jetzt lass mich arbeiten. Ich muss Daimons aufspüren und mich mit dunklen Jägern verfeinden und Frauen verführen. Unterhalten wir uns ein anderes Mal.
Kyrian schaltete den Computer aus. Die übrigen E-Mails
wollte er nicht mehr lesen, er wünschte sich etwas ganz anderes.
Gegen seinen Willen schlenderte er den Flur entlang und stieg die Treppe hinab.
Ehe ihm bewusst wurde, was er tat, stand er vor Amandas Zimmer. Mit gespreizten Fingern legte er seine Hand auf die dunkle Holztür, schloss die Augen und sah sie im Bett sitzen, die Beine nackt unter dem schwarzen T-Shirt.
In seinem Blut schienen Flammen zu lodern. Er spürte Amandas tiefen Kummer über den Verlust ihres Hauses, die Angst, Desiderius würde ihre Schwester verletzen, die Sorge um Tabithas Wohngenossin.
Schlimmer noch - er fühlte die Tränen, die sie mühsam unterdrückte. So stark war sie. So lebenstüchtig. Noch nie hatte er eine solche Frau gekannt.
Die Erinnerung an den Traum dieses Morgens kehrte zurück. Immer noch fühlte er Amandas Körper in seinen Armen.
Ich will dich.
Was würde er dafür geben, diese Worte in Wirklichkeit zu hören? Zu sehen, wie sie ihn voller Begierde anschaute?
Wie gern würde er die Tür aufstoßen, Amanda lieben, ihre Hingabe genießen …
Aber es sollte nicht sein. Und so zwang er sich, die Flucht zu ergreifen. Er hatte zu tun.
Seufzend schaute Amanda auf die Uhr. Halb eins. Um diese Zeit würde sie normalerweise tief und fest schlafen. Aber für Kyrian war die Nacht noch jung.
Wie würde er diese Stunden verbringen? Sicher tötete er nicht jede Nacht irgendwelche Daimons. So viele gab es nun auch wieder nicht, oder?
Von innerer Unruhe getrieben, stieg sie aus dem Bett und wanderte durch das riesengroße Haus. Wo steckte Kyrian? Auf der Besichtungstour hatte er ihr sein Zimmer nicht gezeigt. Aber ein Instinkt sagte ihr, es müsste im Oberstock liegen. Wahrscheinlich so weit wie nur möglich von ihrem Schlafzimmer entfernt.
Auf halber Höhe der Treppe hörte sie seltsame Geräusche. Sie eilte die Stufen hinab und betrat den stockdunklen Spielsalon. Doch der Mond und die Sterne schienen hell genug, sodass sie durch die Glastür eine
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