Naechtliche Versuchung - Roman
überflüssig.
»Fabelhaft - Diarmuid Ua Duibhne!«, schrie Talon. »Also hast du mit ihr geschlafen, und das hat dich völlig geschwächt?«
Nun räusperte sich Kyrian noch lauter, dann erkannte er, wie zwecklos jeder Versuch war, einem dunklen Jäger irgendwas zu verheimlichen.
Diese Typen fanden fast alles heraus, was sie interessierte. »Es ist erst danach passiert.«
»Aaah, ich verstehe«, erwiderte Talon gedehnt. Dann schlug er den Ton eines Sexualtherapeuten an. »Meinst du den Moment nach deinem Höhepunkt? Du warst total befriedigt und erschöpft? Wollen wir wetten, dass du deshalb deine Kräfte verloren hast?«
Für Kyrian ergab das keinen Sinn. »Die dunklen Jäger schlafen doch dauernd mit Frauen - ohne irgendwelche Konsequenzen.«
»Klar, aber jeder hat einen anderen kritischen Punkt. Den musst du in Gedanken den Kriterien anpassen, die dich zum dunklen Jäger gemacht haben. Sonst ist es aus und vorbei. Oder es lag an Amandas Fähigkeiten. Vielleicht haben sie deine Kräfte verdrängt.«
»Das ist verrückt.«
»Etwa so verrückt wie dein Kopfweh, das übrigens auch in meinem Schädel dröhnt. Gib mir noch mal Amanda.«
Kyrian gehorchte. »Jetzt will er wieder mit dir reden.«
»Okay.« Bedrückt nahm sie den Hörer entgegen.
»Passen Sie jetzt gut auf«, begann Talon mit strenger Stimme. »Wir haben ein ernsthaftes Problem. Bis Kyrians Kräfte zurückkehren, ist er völlig hilflos.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich eine ganze Weile. Bis dahin ist er ein Mensch. Da er zweitausend Jahre lang kein Mensch war, ist er schwach und verletzlich.«
Einer Panik nahe, beobachtete sie Kyrian. Er bedeckte seine Augen immer noch mit einer Hand. Deutlich bekundete sein verkrampfter Körper, welche Qualen er ausstand. »Ist er wieder normal, wenn die Sonne untergeht?«
»Hoffentlich. Wenn nicht, werden ihn die Daimons erledigen.«
Entsetzt griff sie an ihre Kehle. Musste Kyrian ihretwegen sterben? »Können Sie ihm nicht helfen?«
»Nein, das würde gegen unsere Gesetze verstoßen. Jeder geht allein auf die Jagd. Ich darf Desiderius erst verfolgen, wenn Kyrian tot ist.«
»Was sind denn das für idiotische Gesetze?«, kreischte sie.
»Müssen Sie unbedingt mein Trommelfell zerreißen?«, protestierte Talon. »Verdammt, Mädchen, mit diesen Lungen haben Sie eine brillante Zukunft auf der Opernbühne.«
»Sehr komisch!«
»Schon gut, ich weiß, das alles ist gar nicht komisch. Jetzt hören Sie zu. Es ist ziemlich peinlich. Sind Sie bereit?«
Seine Grabesstimme gab ihr zu denken. Was würde er jetzt erklären? »Ich glaube schon.«
»Gut. Nach meiner Ansicht ist unser Problem bei Kyrians Orgasmus entstanden. Dazu darf es nicht mehr kommen. Sonst wird er seine Kräfte erneut einbüßen, deshalb müssen Sie sich von ihm fern halten.«
Schweren Herzens berührte sie Kyrians Hand. »Okay«, flüsterte sie.
»Jetzt ist es kurz nach sieben. Tun Sie uns beiden einen Gefallen und bewachen Sie ihn, bis Nick auftaucht.«
»Ja.«
Talon verabschiedete sich, und sie legte auf. Dann stellte sie das Telefon auf den Nachttisch zurück. Die Verzweiflung, die sie in Kyrians grünen Augen las, tat ihr in tiefster Seele weh.
»Das wollte ich nicht«, beteuerte sie. »Ich dachte, ich würde dir helfen. Hätte ich gewusst, was ich dir antue …«
Besänftigend drückte er ihre Hand. »Ich weiß, du hast es nur gut mit mir gemeint.« Er nahm sie in die Arme. Aber sie spürte immer noch seine angespannten Muskeln. »Und es war wirklich wunderbar«, flüsterte er in ihr Ohr. »Was du mir geschenkt hast, darfst du nicht mit Schuldgefühlen zerstören.«
»Kann ich irgendwas unternehmen?«
»Lieg einfach nur bei mir.«
Seine wehmütige Bitte zerriss ihr fast das Herz, und sie schmiegte sich fester an ihn. An ihrem Hals spürte sie seinen warmen Atem.
Das Gesicht in ihrem Haar vergaben, roch er ihren süßen Duft. Obwohl er sich noch nie im Leben so schwach gefühlt hatte, verlieh ihm ihre Nähe seltsame neue Kräfte.
In seinem Gehirn dröhnten Talons Worte. Du hast einen Weg gefunden, die Kräfte eines dunklen Jägers loszuwerden. Sobald er seine unsterbliche Macht verlor, würde er möglicherweise seine Seele zurückgewinnen. Darüber hatte er nie zuvor nachgedacht, niemals gewagt, davon zu träumen.
Konnte er wieder ein Mensch werden?
Für immer?
Aber zu welchem Zweck? Er war ein dunkler Jäger, ein ewiger Krieger. Dieses Leben liebte er - liebte die Freiheit, die unbesiegbare
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