Naechtliches Schweigen
Schluchzend stammelte sie immer wieder Entschuldigungen, Erklärungen, Beteuerungen, bis ihr vor Erschöpfung schwindelig wurde. »Ich weiß wirklich nicht, wie all das geschehen konnte. Oder warum. Ich wollte doch nur, dass mich jemand liebt, einfach nur mich. Ich wollte eine Familie, und ich dachte... ich dachte, er wäre wie du.«
Bei diesen Worten war Brian den Tränen nah. »Mach dir jetzt keine Gedanken mehr. Versuch zu vergessen. Niemand wird dir je wieder weh tun, das schwöre ich dir.«
»Du bist in Sicherheit, das ist alles, was zählt.« Sacht strich Bev Emma das Haar aus dem Gesicht. »Nur das zählt.«
»Ich habe ihn getötet«, murmelte Emma. »Hat man dir gesagt, dass ich es war?«
Über den Kopf seiner Tochter hinweg sah Brian Bev schockiert an. »Es - es ist alles vorbei.«
»Ich habe nicht auf dich gehört. Ich wollte dir ja nicht glauben.« Emma hielt die Hand ihres Vaters fest. »Ich war wütend und beleidigt, weil du glaubtest, er würde mich nur benutzen, um an dich heranzukommen.«
»Emma, nicht.«
»Du hattest recht.« Die Worte wurden von einem tiefen, traurigen Seufzen begleitet. »Er hat mich nie gewollt, nie geliebt. Und als ich ihm nicht das verschafft habe, was er sich wünschte, da fing er an, mich zu hassen.«
»Ich möchte nicht, dass du dich weiter mit diesen Gedanken herumschlägst«, beharrte Brian. »Du sollst dich ausruhen und wieder gesund werden.«
Er hatte recht, dachte Emma. Sie war viel zu erschöpft, um klar denken zu können. »Ich bin froh, dass du hier bist, Papa. Es tut mir leid, dass ich so unnachgiebig war, dass ich mich dir gegenüber so schäbig verhalten habe.« »Wir waren beide im Unrecht, und damit hat es sich.« Brian lächelte ihr zu. »Jetzt haben wir ja soviel Zeit.«
»Wir möchten, dass du nach Hause kommst, sobald es dir besser geht.« Bev streichelte Brians Wange. »Mit uns.«
»Mit euch beiden?«
»Ja.« Brian hob eine Hand. »Wir haben viel Zeit, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen, wir alle.«
»Als ich heute morgen aufgewacht bin, da war mein erster Gedanken, dass ich nie wieder glücklich sein könnte«, sagte Emma langsam. »Aber ich freue mich für euch. Über alles andere muss ich später nachdenken.«
»Keine Eile.« Bev gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Und jetzt lassen wir dich schlafen.«
»Kesselring.« Es war schon Mittag, als McCarthy Michael in der Cafeteria des Krankenhauses fand. »Bist du hier eingezogen?«
»Kaffee?«
»Nicht, wenn ich danach so aussehe wie du.« Er warf Michael eine Tasche zu. »Frische Klamotten und Rasierzeug. Ich hab' deinen Hund gefüttert.«
»Danke.«
McCarthy änderte seine Meinung hinsichtlich des Kaffees und meckerte leise über das abgepackte Milchpulver. Meistens machte es ihm Spaß, seinen Partner ein wenig zu hänseln, aber im Moment hatte der alte Mike wirklich genug am Hals. »Wie geht's ihr?«
»Sie hat ziemliche Schmerzen.«
»Dwier braucht ihre Aussage.« In McCarthys Stimme klang Verachtung mit, als er den diensthabenden Captain erwähnte.
»Ich kümmere mich darum.«
»Er weiß, dass du eine... freundschaftliche Beziehung zu dem Opfer unterhältst. Er will, dass ich das übernehme.«
»Ich kümmere mich darum«, wiederholte Michael und schüttete Zucker in seinen Kaffee; zur Energiegewinnung, nicht wegen des Geschmacks. Den Geschmack nahm er kaum noch wahr. »Hast du einen Stenographen mitgebracht?«
»Ja. Er wartet schon.«
»Ich sehe mal nach, ob Emma bereit ist.« Michael schluckte den Kaffee wie eine bittere Medizin, dann warf er den Becher angeekelt weg. »Wie steht's in Sachen Presse?«
»So gegen zwei wollen sie eine Erklärung.«
Michael blickte kurz auf die Uhr, dann ging er sich umziehen. Eine Viertelstunde später betrat er Emmas Zimmer. P. M. saß an ihrem Bett. Wie alle anderen sah er ziemlich mitgenommen aus; schockiert, übermüdet und besorgt. Aber er hatte Emma zum Lächeln gebracht.
»P. M. wird Vater«, erklärte diese.
»Herzlichen Glückwunsch.«
»Danke.« Es verursachte P. M Unbehagen, an Emmas Bett zu sitzen und nach den richtigen Worten zu suchen. Stevie war mit ihm aus London gekommen, und am Flughafen hatten sie dann die Schlagzeilen gesehen. Keiner von ihnen hatte gewusst, was er dazu sagen sollte, geschweige denn, was sie zu Emma sagen sollten. »Ich gehe jetzt. Wir kommen heute abend noch mal vorbei.«
»Danke für die Blumen.« Emma strich mit der Hand vorsichtig über die Veilchen auf ihrem Nachttisch. »Sie sind wirklich
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