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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Vater die große Weihnachtsgans angeschnitten. Schläfrig von der Schlemmerei, hatte sie sich vor dem Kaminfeuer zusammengekringelt und der Musik zugehört.
    Es war der schönste Tag ihres Lebens gewesen, der aller- schönste. Bis heute. Das Geräusch eines Autos riß sie aus ihren Träumen. Sie drückte erneut das Gesicht an die Scheibe und spähte hinaus. Mit einem Schrei sprang sie aus dem Sessel.
    »Johnno! Johnno! Sie sind da!« Sie flog geradezu durch die Diele, ihre Schuhe klapperten auf dem sorgfältig gebohnerten Parkett.
    »Immer mit der Ruhe.« Johnno hörte auf, die Töne aufs Papier zu kritzeln, die ihm im Kopf herumgingen, und fing sie auf. »Wer ist da?«
    »Papa und Bev und mein Baby.«
    »Dein Baby, soso.« Er zog sie leicht an der Nase und wandte sich dann zu Stevie, der am Klavier herumexperimentierte. »Sollen wir rausgehen und den neuesten McAvoy begrüßen?«
    »Ich komme schon.« P. M. stopfte sich das letzte Stück Teekuchen in den Mund, bevor er sich vom Boden erhob. »Ich frage mich nur, ob sie aus dem Krankenhaus gekommen sind, ohne von der Menge erdrückt zu werden?«
    »Petes Sicherheitsvorkehrungen hätten James Bond vor Neid erblassen lassen. Zwei Limousinen als Lockvögel, zwanzig Riesenklötze von Leibwächtern, und dann die Flucht im Lieferwagen einer Blumenhandlung.« Lachend ging Johnno hinaus, Emma im Schlepptau. »Der Ruhm macht uns zu Bettlern, Emmaschatz, vergiss das nicht.«
    Im Moment kümmerte sie weder Ruhm noch Bettler noch sonst irgendetwas. Sie wollte einzig und allein ihren Bruder sehen. Sowie die Tür aufging, riss sie sich von Johnno los und schoss hinaus.
    »Laß mich ihn sehen«, verlangte sie.
    Brian beugte sich vor und zog die Decke von dem Bündel in seinem Arm. Für Emma bedeutete dieser erste Blick auf ihren Bruder Liebe, reine, allumfassende Liebe. Es war soviel stärker als alles, was sie erwartet hatte.
    Nein, eine Puppe war er nicht. Sogar im Schlaf bewegten sich seine dunklen Wimpern leise, sein kleiner Mund war feucht und seine weiche Haut wunderbar hell. Auf dem Kopf trug er eine kleine blaue Kappe, doch ihr Vater hatte ihr erzählt, dass sein Haar genau so schwarz wie Bevs war. Sein Händchen war geballt; sie berührte es leicht mit den Fingerspitzen und spürte Wärme und eine ganz leise Bewegung.
    Liebe stieg in ihr auf und erfüllte sie ganz.
    »Na, was denkst du?« fragte Brian.
    »Darren.« Sie sprach den Namen wie eine Liebkosung aus. »Er ist das schönste Baby der ganzen Welt.«
    »Hat das hübsche McAvoy-Gesicht«, murmelte Johnno und verfluchte seine Sentimentalität. »Gut gemacht, Bev.«
    »Danke, danke.« Sie war heilfroh, dass sie alles überstanden hatte. Keines ihrer Bücher hatte sie auf die heftigen, ziehenden Schmerzen einer Geburt vorbereitet. Sie war stolz darauf, ihren Sohn auf natürliche Weise zur Welt gebracht zu haben, obwohl die letzten Stunden qualvoll gewesen waren. Und nun wollte sie nur noch in Ruhe Mutter sein.
    »Der Arzt sagt, Bev soll sich die nächsten Tage noch schonen«, äußerte Brian. »Möchtest du hochgehen und dich ausruhen?«
    »Das letzte, was ich möchte, ist, mich schon wieder in ein Bett legen.«
    »Dann komm und setz dich. Onkel Johnno macht dir was zu trinken.«
    »Wunderbar.«
    »Ich geh' nach oben und leg' das Baby ins Bett.« Brian grinste über P. M., der unbeholfen zurückwich. »Er beißt nicht, alter Junge, er hat noch gar keine Zähne.«
    P. M. schob verlegen die Hände in die Taschen. »Bittet mich aber nicht, ihn anzufassen.«
    »Kümmere dich um Bev. Sie hat's wirklich nicht leicht gehabt. Heute Nachmittag kommt eine Kinderschwester, und bis dahin möchte ich vermeiden, dass Bev sich zu viel zumutet.«
    »Das werde ich wohl noch fertigbringen.« P.M. schlenderte ins Wohnzimmer zurück.
    »Wir bringen das Baby ins Bett«, verkündete Emma und griff nach einem Deckenzipfel. »Ich kann dir zeigen, wie man das macht.«
    Emma vorneweg stiegen sie die Treppe hinauf.
    Am Fenster des Kinderzimmers flatterten nun duftige weiße Gardinen, und an den hellblau gestrichenen Wänden leuchteten aufgemalte Regenbögen. Die Korbwiege war umsäumt von zarter irischer Spitze, verziert mit rosa und blauen Satinbändern. Ein sechs Fuß großer Teddy bewachte einen altmodischen Kinderwagen, und am Fenster wartete ein antiker Schaukelstuhl.
    Emma stand neben der Wiege, als ihr Vater Darren hineinlegte. Als er ihm die kleine Kappe abnahm, streichelte sie vorsichtig Darrens flaumiges schwarzes Haar.
    »Wird er bald

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