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Nahe Null: [gangsta Fiction]

Nahe Null: [gangsta Fiction]

Titel: Nahe Null: [gangsta Fiction] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Dubowitzki
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Wissenschaftlern und Putzfrauen, sie haben den Betrug sofort bemerkt und Krach geschlagen. Zu hören waren auch die weit positiveren Reaktionen auf das gestern im Restaurant Nachtasyl verzehrte Austerndinner zur Unterstützung der Kleinunternehmer, der Demokratie, getöteter Journalisten, verprügelter Anwälte, verbotener Schriftsteller, eingesperrter Geschäftsleute, der Neuordnung der russisch-amerikanischen Beziehungen und so weiter und so fort. Gesprochen wurde auch über den kollektiven Besuch der vorgestrigen Eröffnung einer nonkonformistischen Ausstellung von tausend zerschlagenen Gläsern als Zeichen des Protests gegen die korrupte Bürokratie, den blutigen KGB, die Rohstoffindustrie, die hohen Gaspreise, die souveräne Demokratie und anderes. Und über den einen Monat zurückliegenden gemeinsamen Urlaub auf den Malediven und den auf Tasmanien ein Jahr zuvor. Usw. usf. u. a. u. a. u. a. Es entstand der Eindruck, als zögen alle diese Menschen als fest miteinander verschweißte Menge durch sämtliche Partys der Stadt und Michelin-Futterkrippen des Planeten.
    Jegor war neu unter ihnen, niemandes Bekannter, wurde aber freundlich begrüßt, denn der geschlossene Kreis aus rund hundert Leuten hatte sich so lange nicht geöffnet, dass sie sich nicht vorstellen konnten, dass jemand Fremdes und Gefährliches eindringen könnte - war jemand drin, war er unter ihnen, gehörte er augenscheinlich dazu. Hier weilten zur Güte bekehrte Kriminelle, die genug geschossen hatten, verdächtig reiche Verkehrsinspektoren und Vermeer sammelnde Hygieneärzte; es gab einen im Aufstieg begriffenen Minister und seine sieben hübschen, graziösen Stellvertreter; eine Volksschauspielerin und ihre sechs Männer (zwei Ex, ein aktueller und drei künftige, auf der Warteliste stehende), zwei Irgendwer, die mit allen bekannt waren, deren Namen aber niemandem recht einfielen, die elf Milliarden US-Dollar besaßen; die berüchtigten Palkind, Tschepanow, Klopzew, Erdman, Petrenko und den anderen Petrenko, noch ein Palkind, von denen jeder rund fünf Milliarden schwer war; eine Kompanie einfacher Milliardäre und zahllose Multimillionäre. In Begleitung ihrer Ehefrauen, Geliebten und Töchter - alle etwa im selben Alter, zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig. Von Letzteren lebten die sie umschwärmenden Astrologen, Regisseure, Schauspieler, Journalisten, Maler, Fotografen, persönliche Menschenrechtler und Masseure, für den Hausgebrauch gezähmte Yogi und Oppositionelle und anderes raffiniert bettelndes Kroppzeug. Alle waren mit sich und miteinander zufrieden.
     

25
    Zu Jegor trat ein in Brioni gehüllter Milliardär mit zwei Frauen in Barbara Bui und drei Fotografen, die so hypermodern gekleidet waren, dass es diese Klamotten noch in keinem Geschäft gab und niemand außer den Insidern, trendigen schwulen Kleidermachern, den Markennamen kannte.
    »Wo werden Sie Urlaub machen?«, fragte der Milliardär, wobei er nicht nur mit Augen, Lippen und Zähnen lächelte, sondern buchstäblich mit seinem ganzen großen braungebrannten, in Freudenfalten strahlenden Gesicht. Ja, sozusagen mit dem ganzen Körper, mit Anzug, Krawatte, Hemd und Schuhen so energisch lächelte, als wolle er sagen: »Wer nicht lächelt, ist gegen uns«, so dass Jegor ein wenig zurückweichen musste, damit dieses gewaltige Lächeln zwischen sie passte und in seiner Größe und schier übermächtigen Kraft kein Unheil anrichtete. »Auf Sardinien, wie alle? Dort gibt es zu viele Russen. Nur in Ozeanien gibt es noch Orte, wo keine Russen sind.«
    »Und am Weißen Meer und am Ochotskischen«, plauderte Jegor mit. »Außerdem gibt es viele solche Orte im Umkreis von Rjasan, von Twer, von Kaluga ...«
    »Witzig«, meldete sich einer der Fotografen. »Bist du etwa Patriot? Dann frag mich bitte nicht, welcher Nationalität ich bin.«
    »Muss ich gar nicht«, parierte Jegor gelassen. »Das sehe ich auch so.«
    »Sind Sie auch schon ins IPO eingestiegen?«, verließ der Milliardär das heikle Thema. »Ich hab für ein halbes Yard Torflagerstätten platziert; von den vereinigten Nowosibirsker Mülldeponien ein bisschen mehr. Im Oktober bring ich Rjashsker Schluchten raus, ich dachte an zwei Yards.«
    »Was gibt es denn in den Schluchten?«, zwitscherte der hibbelige Fotograf erneut. »Für zwei Yards?«
    »China wächst, Indien wächst, die verschlingen jeden Rohstoff, immer her damit, in beliebiger Menge«, erklärte der Unternehmer. »Und in den Schluchten ... Na ... Sand, Lehm ...«

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