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Nahe Null: [gangsta Fiction]

Nahe Null: [gangsta Fiction]

Titel: Nahe Null: [gangsta Fiction] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Dubowitzki
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geschrien und geheult und mir die Schuhe geleckt. Wo war Ihr Stolz, Ihre Würde? Sie haben sich und die Bruderschaft des Schwarzen Buches blamiert, mein Freund. Ihre Brüder werden die Wahrheit erfahren. Sie kennen sie bereits. Ihnen wurden spezielle Präparate gespritzt. Einige erzeugten unerträgliche Schmerzen, andere unerträgliche Angst. Oder Kälte. O Chemie! Chemie und Leben! Ihnen wurde auch ein Wahrheitsserum injiziert. Sie haben die peinlichsten Episoden und Details Ihres Lebens preisgegeben. Sie haben Dinge erzählt über Menschen, die Sie kennen! Ich wollte Ihnen alles abschießen, Sie wissen schon, was, habe dann aber entschieden, dass es besser ist, wenn Sie ein Mann bleiben. Damit Sie Plaksa nicht vergessen.
    Und ihre Schande. Und sie weiterhin begehren. Das ist lustiger. Meine Leibwächter wollten Sie ficken, aber Sie waren schon mit Messer und Lötkolben bearbeitet worden, und da ekelten sie sich. Ein Glück haben Sie! Ein Glück! Drei Finger an der rechten Hand wurden Ihnen gelassen. Benutzen Sie sie und seien Sie dankbar für diese Güte. Mit ein bisschen Übung genügen drei Finger, um eine Pistole zu benutzen. Töten Sie mich, mein Freund, oder töten Sie sich selbst. Oder leben Sie so weiter, wenn Sie das können, jetzt, da Sie wissen, was Ihnen angetan wurde. Was für ein Stück Scheiße Sie sind, ist auf Video festgehalten. Sobald ich es geschnitten habe, stellen wir es Ihnen zu. Sehen Sie es sich an, Sie werden viel Neues über sich erfahren. Der Film mit Ihnen in der Hauptrolle wird in geschlossenen Klubs gezeigt werden. Sie sind also bald eine Berühmtheit. Bleiben Sie gesund (ein Scherz).«
    Das Gerät schaltete sich aus und ließ sich nicht wieder einschalten. Es war offenbar für den einmaligen Gebrauch programmiert. Der Verfasser der Nachricht hatte erreicht, was er wollte - Jegor erinnerte sich wieder an alles.
     

38
    Auf dem Flughafen Karagly landete die ramponierte Tupolew zwischen Reihen alter Kämpfer, SU-Jagdfliegern, MIGs und Kommandeurs-Jaks, wackeren Invaliden, die schon in Angola und Afghanistan verwundet worden waren und Rost angesetzt hatten, nun aber, ins Glied zurückgeholt, wie alte Männer die Tapferen mimten und aus letzter Kraft, die selbst für einen Heimkrieg kaum ausreichte, Städte und Berge des nichtrussischen Russlands bombardierten. Sie rochen nicht nach Front, sondern nach Alter, wie Großmutters Petroleumkocher, nach verbranntem Kerosin, nach sommerlicher Dämmerung, nach der traurigen Behaglichkeit der letzten Tage und Jahre des morschen Imperiums.
    Ein merkwürdig gelassener Taxifahrer, der aussah wie Al Pacino, brachte den Ankömmling auf den zentralen Platz; inmitten surreal gelassener Menschen, die bis zur Apathie abgestumpft waren durch den täglichen Anblick von Explosionen, von Menschenfleischspritzern auf Reklametafeln, durch demonstrative Ballereien am helllichten Tag auf föderale Bürohengste, auf Kinder von Milizionären oder auf irgendwelche Kinder. Zwischen diesen sorglosen Bürgern dieser seltsamen, zu einem Drittel zerstörten, zu einem Drittel altsowjetischen und zu einem Drittel neuarabischen Stadt fühlte sich Jegor sofort wie ein Igel in der Falle. Es war so bedrohlich, dass er am liebsten gebetet hätte. Ringsum ragten im Bau befindliche Minarette erst halb in Betrieb genommener Moscheen auf. Jegors Wunsch zu beten war so heftig, dass er sogar in eine Moschee gegangen wäre, doch als ihm einfiel, dass man dort die Schuhe ausziehen musste (und dazu war er zu faul), entspannte er sich ein wenig. Zumindest verging ihm die Lust, auf Knien herumzurutschen. Doch er beeilte sich auch nicht, Struzki anzurufen. Er wollte etwas essen, zur Beruhigung. Er ging ins McSchaschlik, ein lokales Schnellrestaurant, das munter mit Kebab und Kutab handelte. Fliesenboden, Plastikgold und Spiegelfolie an den Wänden, relativ sauber, doch ein wenig klebrig, verräuchert und knapp mit Servietten und Zahnstochern. Es war voll, aber es gab noch freie Plätze. Die Verkäufer waren flink und zugleich furchtbar stolz und hochmütig. Sie schauten verächtlich drein und gaben kein Wechselgeld heraus. Doch sie drehten die Schaschlikspieße akkurat und legten sie ebenso akkurat auf Pappteller. Die meisten Leute hier sahen aus wie Al Pacino, doch es gab auch ein paar slawische Gesichter. Militärs waren kaum zu sehen, aber bewaffnet waren viele. Die Gesichter drückten recht Unterschiedliches aus. Die Bereitschaft zu sofortiger Verbrüderung wie auch der Wunsch, jemanden

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