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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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im Krankenhaus war, in jener Nacht, hatte er gespürt, dass nichts von dem vergangen war, was er vergangen geglaubt hatte. Sie hatten sich am Lagerfeuer geliebt, als wäre die Zeit stehen geblieben, und am liebsten hätte er sie im Krankenhaus erneut in seine Arme gezogen, sie nie mehr losgelassen.
    Aber das war unmöglich. Sie gehörte nicht hierher – obwohl sie sich erstaunlich gut geschlagen hatte bei all dem, was geschehen war, das musste er zugeben –, ihr Urlaub neigte sich dem Ende zu, und sie würde bald wieder abfliegen. Mit diesem Schnösel, der so gar nicht zu ihr passte. Wie war sie nur an den geraten?
    Er schüttelte den Kopf. Frauen waren merkwürdige Geschöpfe. So schön, so anziehend, so gefühlvoll – und dann wieder so unverständlich. Sie taten Dinge, die einfach nicht nachvollziehbar waren. Wie die Sache mit diesem Mann. Was konnte eine Frau wie Vanessa, die so stark war, so unversöhnlich sein konnte und so genau wusste, was sie wollte, mit so einem Jammerlappen anfangen?
    Wahrscheinlich war er gut im Bett. Er biss die Zähne zusammen. Allein die Vorstellung, dass dieser Mann Vanessa berührte, erweckte in Kian den Wunsch, ihn umzubringen.
    Wie konnte so ein Weichling gut im Bett sein? Er erinnerte sich daran, wie Vanessa unter ihm gelegen hatte, wie sehr sie ihm gezeigt hatte, dass sie seine Berührungen genoss.
    Es war eine Nacht gewesen, die er nie vergessen würde. Er hatte viele Nächte mit Vanessa verbracht, aber diese würde ihm immer als besonders in Erinnerung bleiben. Weil sie die beiden Dinge verband, die er am meisten liebte: Vanessa und Namibia.
    Warum konnte es nicht einfacher sein? Er fuhr sich durch die Haare, dass sie nach allen Seiten abstanden. Warum war alles so gekommen, wie es gekommen war?
    Sie hatten sich zu einer unglücklichen Zeit gefunden. Eine Weile konnte Vanessas Gegenwart ihn darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland ihn krank machte. Dass dieser graue Himmel, diese Menschen, die ständig mit heruntergezogenen Mundwinkeln herumliefen und an allem etwas auszusetzen hatten, obwohl sie in einem unvorstellbaren Luxus lebten, ihm ein Gefühl vermittelten, aus diesem Land fliehen zu wollen, zurückzukehren unter die Sonne Namibias, in die Einsamkeit und Weite der Savanne, zu N!xau und den Geparden, die er schon als Junge bewundernd verfolgt hatte, mit denen er um die Wette gelaufen war.
    Natürlich hatte er keine Chance gehabt zu gewinnen gegen Tiere, die einhundertzwanzig Stundenkilometer aus ihrem schmalen, langgestreckten Körper herausholen konnten, aber er hatte es immer wieder versucht, selbst, wenn N!xau ihn auslachte.
    Mit der Zeit hatte er begriffen, dass jedes Wesen auf der Welt seinen Platz hatte, dass er Dinge tun konnte, die Geparde nicht tun konnten, genauso wie er umgekehrt nie so schnell sein würde wie sie.
    Er war glücklich gewesen, wenn er nur dasaß und über die Savanne blickte, später hatte er viel Zeit in der Wüste verbracht. Sie war der stillste Ort, den es auf der Welt gab, ein Ort, an dem man nachdenken konnte, bis man gar nicht mehr wusste, dass man dachte. Er hatte tagelang im Zelt geschlafen, zwischen all dieser Stille, die ihm mehr gab als jedes Gespräch.
    Leider musste er die Woche über in der Stadt sein, solange er zur Schule ging. Er fieberte immer auf den Freitag hin, wenn er nach der Schule wieder zurück auf die Farm fahren konnte. Der Sonntag, der ihn in die Stadt zurückbrachte, war eher ein trauriger Tag, obwohl er im Schülerheim seine Freunde wiedertraf, die mit ihm das gleiche Schicksal teilten, viele andere Farmkinder, die mit ihm zur Schule gingen und die ganze Woche über von ihrer Familie getrennt waren, weil es nur in den größeren Städten weiterführende Schulen gab.
    Am schönsten war es in den Ferien. Da hatte die Stadt aufgehört zu existieren. Er musste die Farm wochenlang nicht verlassen und fühlte sich wie im Himmel.
    Seine Eltern hatten gemeint, dass Deutschland gut für ihn wäre, hatten ihn dazu überredet, auch weil die Farm immer weniger abwarf und sie hofften, er könnte in einem anderen Beruf mehr verdienen, sein Auskommen haben, wenn die Farm vielleicht eines Tages gar nichts mehr einbrachte.
    Er hatte dem immer skeptisch gegenüber gestanden, aber zum Schluss war er doch neugierig gewesen, wie die Leute da drüben lebten. Er hatte viel davon gehört, etliche seiner Schulkameraden hatten Familie in Deutschland, er selbst nicht.
    Als er in Deutschland ankam, hatte er gedacht, er wäre mitten in

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