Nana
Lippen drängte, nichts zu sagen.
Überrascht von dieser Kälte, spielte nun Nana die große Komödie.
Sei gescheit, sagte sie lächelnd. Wir haben Frieden gemacht, so wollen wir einander die Hände reichen und gute Freunde sein.
Wie, gute Freunde? murmelte er, plötzlich beunruhigt.
Ja, du wirst es vielleicht unsinnig finden, aber ich legte Wert darauf, deine Achtung zu erhalten. Wir haben uns gegenseitig erklärt und werden, wenn wir uns künftig treffen, einander nicht ausweichen.
Er machte ein Zeichen, um sie zu unterbrechen.
Laß mich ausreden ... sagte sie. Kein Mann hat mir eine Unanständigkeit vorzuwerfen, und es verdroß mich, daß du der erste sein solltest.
Aber sprich nicht davon, sagte er heftig. Setz' dich und hör' mich an.
Gleichsam aus Furcht, daß sie ihm davongehen könne, nötigte er sie, auf dem einzigen Sessel, der sich vorfand, Platz zu nehmen. Er ging in wachsender Aufregung auf und ab. In der kleinen, verschlossenen Loge, erhellt vom Sonnenlicht, herrschte trauliche Stille, die durch kein Geräusch von draußen gestört wurde. Nur von Zeit zu Zeit tönte gleich fernem Flötensang der Triller des Zeisigs herein.
Hör' mich an, sagte er und stellte sich vor sie hin. Ich bin gekommen, um dich wieder zu erlangen ... Ja, ich will von vorne beginnen. Du weißt es wohl. Warum sprichst du also in diesem Tone mit mir, wie du es eben tatest? Antworte, willigst du ein?
Sie schaute zu Boden und kratzte mit den Nägeln das Stroh des Sessels, auf dem sie saß. Da sie sah, daß er vor Angst zitterte, beeilte sie sich nicht. Endlich erhob sie das Gesicht, das ernst geworden, mit den schönen Augen, in denen Traurigkeit sich ausdrückte.
Ach, unmöglich, mein Lieber. Ich kann mich nicht mit dir verbinden.
Warum nicht? stammelte er, wobei ein unsagbares Leiden sein Gesicht entstellte.
Warum nicht ... Weil ... Unmöglich ... Ich will nicht ...
Er blickte sie noch einige Sekunden glühend an, dann sank er mit schlotternden Knien zu Boden.
Sie begnügte sich, mit gelangweilter Miene zu sagen:
Ach, mach' doch keine Kindereien.
Er war in der Tat ein Kind geworden.
Zu ihren Füßen liegend, hatte er seine Arme um ihren Leib gelegt, sie eng an sich gezogen und sein Gesicht zwischen ihren Knien versteckt. Als er sie so in seinen Armen hatte, als er unter dem feinen Stoff ihres Kleides den Samt ihres Fleisches fühlte, da wurde er von nervösen Zuckungen, vom Fieberfrost geschüttelt; er geriet außer sich und drückte sie mit solcher Gewalt an sich, als ob er in ihr habe völlig aufgehen wollen. Der alte Sessel krachte. Unter der niedrigen Decke dieses von Parfümgerüchen erfüllten Raumes hörte man erstickte Seufzer des Verlanges.
Was weiter? fragte Nana, indem sie ihn ruhig gewähren ließ. All das bringt dich nicht weiter. Es ist eben unmöglich ... Mein Gott, wie bist du kindisch geworden.
Er beruhigte sich allmählich, doch blieb er zu ihren Füßen und ließ sie nicht los.
Hör' wenigstens, was ich dir anbieten will, sagte er mit stockender Stimme. Ich habe für dich ein Haus in der Nähe des Park Monceau. Alle deine Wünsche will ich befriedigen. Um dich ungeteilt zu besitzen, will ich mein Vermögen opfern ... Ja, da wird die einzige Bedingung sein: ungeteilt ... Und wenn du einwilligen wolltest, niemandem als mir anzugehören, würde ich dich zur Reichsten und Schönsten machen! Du sollst alles haben: Wagen, Diamanten, Kleider ...
Nana schüttelte zu allen diesen Anerbietungen verneinend den Kopf.
Als er fortfuhr und davon sprach, Geld für sie anzulegen, da schien sie die Geduld zu verlieren.
Hörst du noch nicht auf, mich zu quälen? rief sie. Ich bin gutmütig und wollte dich einen Augenblick anhören, da das Verlangen, mich zu sehen, dich fast krank machte; doch jetzt habe ich genug ... Laß mich aufstehen, du ermüdest mich.
Sie machte sich los; und als sie stand, wiederholte sie:
Nein, nein, nein! ich will nicht.
Auch er erhob sich mit vieler Mühe und sank erschöpft auf den Sessel. Da saß er, den Kopf auf die Hände gestützt. Nana ging auf und ab, betrachtete die zerrissene Tapete, den fettigen Toilettetisch, dieses ganze, schmutzige Loch. Dann blieb sie vor dem Grafen stehen und sagte:
Es ist drollig. Die reichen Leute bilden sich ein, daß sie für ihr Geld alles haben können ... Aber wenn ich doch nicht will? Ich mag deine Geschenke nicht! und wenn du mir ganz Paris gibst, sage ich immer nein ... Schau umher: es ist hier nicht sehr sauber. Und doch würde ich es
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