Nana
sehen konnte. In den schweren Teppichen erstickte das Geräusch der Schritte; es herrschte hier die Ruhe einer Kapelle, und man hätte glauben mögen, daß hinter den verschlossenen Türen ein Geheimnis sich verberge.
Nana öffnete den großen, im Stile Louis XIII. überreich ausgestatteten Salon nur an Festtagen, wenn sie die Gesellschaft der Tuilerien oder ausländische Persönlichkeiten empfing. Gewöhnlich kam sie nur in das Erdgeschoß, um ihre Mahlzeiten einzunehmen; wenn sie allein frühstückte, verlor sie sich so ziemlich in dem großen, hohen, mit gewirkten Tapeten bekleideten Speisesaal, in dem ein riesiger Anrichtetisch stand, dem altes Porzellangeschirr und prächtiges Silberzeug ein freundliches Aussehen verliehen. Sie beeilte sich denn auch immer, rasch in den ersten Stock zu gelangen. Da lebte sie in ihren drei Zimmern: dem Schlafzimmer, Toilettezimmer und dem kleinen Salon. Sie hatte ihr Zimmer schon zweimal neu einrichten lassen; das erstemal in malvenfarbenem Samt, das zweitemal in blauer Seide mit Spitzenbehang. Aber sie war noch immer nicht zufrieden, sie fand es langweilig und suchte nach etwas Neuem, ohne das Rechte zu finden. Das Himmelbett war niedrig wie ein Sofa, und es waren venetianische Spitzen für zwanzigtausend Franken auf dasselbe verschwendet worden. Die Möbel waren aus weiß- und blaukariertem Holz mit eingelassenen Silberfäden. Überall lagen weiße Bärenfelle umher, in solcher Anzahl, daß sie von dem Teppich nichts sehen ließen. Es war dies eine Laune von Nana, die von ihrer Gewohnheit, am Boden sitzend die Strümpfe auszuziehen, nicht lassen konnte. Neben dem Schlafzimmer lag der kleine Salon. Dieser bot ein amüsantes Durcheinander von erlesenem Geschmack. Von der mattrosa Tapete hob sich eine Menge von Gegenständen aus allen Zeiten und allen Ländern ab. Da sah man italienische Schränke, spanische und portugiesische Kofferchen, chinesische Pagoden, einen japanischen Wandschirm von kostbarer Arbeit, Porzellan- und Bronzegegenstände, Goldstickereien, Teppiche usw.; Sessel, so breit wie die Betten, und tiefe Sofas gaben dem Raum einen Anstrich von weiblicher Trägheit, von dem Schlummerleben des Serails. Die Dekoration war in antikem Gold, auf grünem und rotem Untergrund gehalten; mit Ausnahme der wollüstigen Bequemlichkeit der Sitzmöbel verriet nichts, daß man sich in dem Salon der Geliebten eines großen Herrn befand. Nur zwei Figuren aus Terrakotta verrieten in verletzender Weise den eigenartig albernen Geschmack der Herrin dieser Behausung. Die eine stellte eine Frau im Hemde dar, die sich die Flöhe sucht; die andere ein nacktes Weib, das, die Beine in die Luft gestreckt, auf den Händen marschiert. Durch eine fast immer offen stehende Tür sah man in das Toilettezimmer, ganz in Marmor und Spiegelglas, mit der weißen Badewanne, mit seinen silbernen Näpfen und Waschbecken, seinen Garnituren aus Kristallglas und Elfenbein. Der Vorhang war stets geschlossen, so daß in dem Raume ein trauliches Zwielicht herrschte: die Luft war geschwängert mit jenem Veilchendufte, der das ganze Haus erfüllte und in Nanas Umgebung überall zu finden war.
Es handelte sich nun darum, die Bedienung des Hauses zu beschaffen. Nana hatte noch Zoé, die auf den Glücksstern ihrer Herrin blind vertraute und seit drei Monaten ruhig auf die Wendung der Dinge harrte. Endlich triumphierte sie; sie war jetzt Haushofmeisterin, wobei sie nicht aufhörte, eine ergebene Dienerin ihrer Herrin zu sein. Aber eine Kammerfrau genügte nicht. Man mußte einen Haushofmeister haben, einen Kutscher, einen Pförtner, eine Köchin. Auch mußte der Stall eingerichtet werden. Da machte sich Labordette sehr nützlich; er besorgte alle Gänge, die für den Grafen zu ermüdend waren. Er kaufte die Pferde und war überhaupt Nana, die man fortwährend an seinem Arme sah, bei allen Einkäufen behilflich. Labordette brachte sogar die Dienstleute: Charles, einen langen Burschen als Kutscher, der eben aus den Diensten des Herzogs von Corbreuse kam; Julien, einen schmucken, stets lächelnden Haushofmeister; endlich ein Ehepaar, die Frau, Viktorine, als Köchin, den Mann, Franz, als Pförtner und Kammerdiener. Franz trug Nanas Livree, hellblauen Rock mit Silberschnüren, kurzes Beinkleid, gepuderte Perücke, und empfing im Vorraum die Besucher. Alle diese Leute hatten eine vortreffliche Haltung.
Im zweiten Monat war das Haus vollständig eingerichtet. Es hatte dreimalhunderttausend Franken gekostet. Im Stalle standen
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