Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
einer Vorbühnenloge saß Rosa und empfing ihre Rivalin, sooft diese die Bühne betrat, mit lautem Gelächter, womit sie dem ganzen Saale das Signal gab. Das war ihre erste Rache.
    Nana war wütend, und als sie nach der Vorstellung mit Muffat allein war, der sehr bekümmert schien, sagte sie:
    War das eine Verschwörung? Nichts als Eifersucht! Wenn sie wüßten, wie ich mich über sie lustig mache! Ich bedarf ja ihrer nicht mehr. Ich wette hundert Louis, daß alle diese Leute, die sich heute gegen mich verschworen haben, noch vor mir auf dem Boden liegen und den Staub lecken werden. Ja, ich will ihnen die große Dame spielen ... Ganz Paris soll darüber die Augen aufreißen ...
     
Zehntes Kapitel.
     
    Nana war jetzt eine vornehme Dame; die Dummheiten und Gemeinheiten der Männerwelt waren ihr tägliches Brot; sie war die Königin der Straße. Sie stieg endgültig auf zur Höhe der Berühmtheiten des galanten Lebens und glänzte im vollen Scheine der Torheiten des Geldes und der verderbten Abenteuer der Schönheit. Sie herrschte unter den Kostspieligsten. Ihre Photographien waren in den Schaufenstern zu sehen; ihrem Namen begegnete man in den Zeitungen. Wenn sie in ihrem Wagen über die Boulevards fuhr, wandte die Menge sich um und nannte ihren Namen mit der Erregung eines Volkes, das seine Herrscherin begrüßt, während sie, heiter lächelnd, wie hingegossen in den Kissen des Wagens lehnte, bekleidet mit den duftigsten Toiletten, das Gesicht mit den blauen Augen und den rotgefärbten Lippen umrahmt von der Fülle blonder Löckchen. Das Seltsamste war, daß dieses dicke Mädchen, auf der Bühne so linkisch und so drollig, sobald es eine ehrbare Frau spielen sollte, Paris ohne Mühe bezauberte. Sie besaß die Geschmeidigkeit einer Schlange, in ihrer Toilette eine scharfsichtige und doch gleichsam unwillkürliche Art des Unbekleidetseins, eine ausgesuchte Eleganz, die Vornehmheit einer Katze von Rasse, die Aristokratie des Lasters. So stieg sie auf das Pariser Pflaster herab als allmächtige Herrscherin. Sie gab den Ton an, die großen Damen ahmten ihr nach.
    Nanas Haus befand sich in der Villiers-Allee an der Ecke der Cardinet-Straße, in diesem glanzvollen Stadtviertel, das damals in der ehemaligen Ebene von Monceau erstand. Das Haus war von einem jungen Maler erbaut worden, den seine ersten Erfolge betäubten, und der es dann verkaufen mußte, kaum daß die Mauern trocken waren. Es war im Renaissancestil gehalten, mit einem palastartigen Anstrich; die innere Einrichtung war recht phantastisch: moderne Bequemlichkeit im Rahmen einer etwas gesuchten Eigenart. Der Graf hatte das Haus samt Einrichtung gekauft und ausgestattet mit einer Menge von Schmuck-und Nippsachen, mit schönen orientalischen Teppichen, alten Kredenzschreinen, großen Sesseln im Stile Louis XIII. So geriet Nana mitten in eine künstlerische Einrichtung von geschmackvoller Wahl, in ein reizendes Durcheinander aus allen Zeiten. Da aber das Atelier, das den Mittelraum des Hauses einnahm, für sie überflüssig war, traf sie eine völlig neue Einteilung. Sie beließ im Erdgeschoß ein Treibhaus, einen großen Salon und den Speisesaal. Im ersten Stock richtete sie einen kleinen Salon ein, dann ihr Schlafzimmer und ihr Toilettezimmer. Sie überraschte den Baumeister durch ihren Geschmack; sie, ein Kind des Pariser Pflasters, hatte plötzlich Sinn für alle Feinheiten des Luxus und der Eleganz. Mit einem Worte: sie verdarb nichts an dem Hause und verschönerte sogar die Einrichtung, abgesehen von etwas schreiendem Luxus, in dem man die frühere Blumenmacherin, die Tage hindurch vor den Auslagen der Kaufleute träumte, wiedererkennen konnte.
    Die von einem Glasdache überwölbte Halle bedeckte ein weicher Teppich. Schon im Vorraum verbreitete sich ein Veilchenduft, eine laue, von dicken Teppichen eingeschlossene Luft. Ein Glasdach aus gelben und rosafarbenen Scheiben erhellte mit einem wohltuenden, matten Lichte die breite Treppe. Am Fuße der Treppe stand ein aus schwarzem Holze geschnitzter Neger, der eine silberne Platte hielt, die angefüllt war mit Visitenkarten. Die Gaslampen ruhten in den Händen von vier nackten Frauengestalten aus weißem Marmor. Der Vorraum, die Treppe und der Flur im ersten Stockwerke waren reich ausgestattet mit Blumenhaltern aus Bronze und chinesischem Porzellan, mit Sofas, Sesseln und Teppichen, so daß alle diese Räume eigentlich ein großes Vorzimmer bildeten, wo man denn auch stets die Überröcke und Hüte von Herren

Weitere Kostenlose Bücher