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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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erinnern, wann sie sich so gut unterhalten habe. Ohne ihn loszulassen, sagte sie dann in zärtlichem Tone:
    Nicht wahr, mein Lieber, du bringst mir morgen zehn Louis? ... Eine Dummheit; eine Rechnung meines Bäckers, der mich quält ...
    Er erbleichte; dann küßte er sie noch ein letztes Mal und sagte einfach:
    Ich werde trachten.
    Stillschweigen trat ein. Nana kleidete sich an. Er stand am Fenster und lehnte die Stirne an die Scheiben. Nach einigen Augenblicken kam er zurück und sagte:
    Nana, du solltest meine Frau werden.
    Dieser Gedanke versetzte sie plötzlich in eine solche Heiterkeit, daß sie nicht imstande war, ihre Unterröcke festzubinden.
    Mein armes Hündchen, du bist krank ... Weil ich zehn Louis von dir entlehne, bietest du mir deine Hand an ... Niemals ... Ich liebe dich zu sehr. Das wäre eine Dummheit ...
    Jetzt trat Zoé ein, um ihr die Schuhe anzuziehen, und sie sprachen nicht weiter davon. Die Zofe hatte sofort die Scherben der Namenstagsgeschenke auf dem Tische erblickt. Sie fragte, ob diese Dinge aufzubewahren seien, und als ihre Herrin sagte, das sei hinauszuwerfen, packte sie das Ganze in ihre Schürze; in der Küche teilte man sich dann in die Scherben.
    Gegen Nanas Verbot war auch Georges an diesem Tage erschienen. Franz hatte ihn eintreten gesehen, aber die Dienstleute machten sich über Madames Verlegenheiten nur lustig. Es gelang Georges, bis in den kleinen Salon zu dringen; dort hielt ihn die Stimme seines Bruders zurück. Wie festgenagelt, hörte er hinter der Tür die ganze Szene mit an, die Küsse, den Heiratsantrag. Er entfernte sich, von Entsetzen erstarrt, mit dem Gefühl einer ungeheuren Leere im Kopfe. Erst zu Hause, in seinem Zimmer, das über dem seiner Mutter lag, machte er seinem Schmerz in heftigem Schluchzen Luft. Jetzt gab es für ihn keinen Zweifel mehr. Ein abscheuliches Bild richtete sich vor ihm auf: Philpp in den Armen Nanas, das schien ihm Blutschande zu sein. Als er etwas beruhigt war, kehrte die Erinnerung wieder. Ein neuer Anfall eifersüchtiger Wut warf ihn auf das Bett; er biß in die Tücher und schrie wilde Worte, die ihn noch mehr in Wut versetzten. So verfloß der Tag. Er schützte Kopfschmerzen vor, um sich in seinem Zimmer einschließen zu können. Doch die Nacht war noch schrecklicher; ein furchtbares Fieber schüttelte ihn unter fortwährenden Traumgeschichten. Hätte sein Bruder im Hause gewohnt, er würde ihn erstochen haben. Am Morgen suchte er, Vernunft anzunehmen. Er sagte sich, daß er selbst sterben müsse; er werde beim Nahen eines Wagens aus dem Fenster springen, um überfahren zu werden. Um zehn Uhr ging er aus; er lief durch ganz Paris, trieb sich auf den Brücken herum und fühlte im letzten Augenblick ein unüberwindliches Bedürfnis, Nana noch einmal zu sehen. Vielleicht rettete sie ihn mit einem Worte? Um drei Uhr betrat er das Haus in der Villier-Allee.
    Um die Mittagsstunde war eine furchtbare Nachricht gekommen, die Madame Hugon niederschmetterte. Philipp war seit dem vorhergehenden Abend im Gefängnis. Man beschuldigte ihn, der Regimentskasse zwölftausend Franken entwendet zu haben. Schon seit drei Monaten entnahm er der Kasse kleinere Summen, die er zu ersetzen hoffte, während er inzwischen das Fehlen durch falsche Belegstücke verheimlichte. Dank der nachlässigen Kontrolle gelangen ihm diese Betrügereien. Gebeugt von dem Verbrechen ihres Kindes, galt der erste Wehruf der unglücklichen Mutter dieser Nana. Sie kannte das Verhältnis Philipps zur Dirne. Ihre stetige Traurigkeit entstammte diesem Unglück, das sie in Paris zurückhielt, weil sie ein Unglück fürchtete. Doch war sie auf ein solches Maß von Schande nicht gefaßt und machte sich Vorwürfe darüber, daß sie ihn zu knapp gehalten hatte. Sie saß, durch die Gicht gefesselt, in einem Sessel und fühlte sich unfähig, einen Schritt zu tun. Sie sehnte den Tod herbei. Doch die plötzliche Erinnerung an Georges verlieh ihr einigen Trost. Georges war da; der konnte handeln, vielleicht sie alle retten. Ohne jemandem ein Wort zu sagen, da sie niemand in die Sache einweihen wollte, schleppte sie sich zum Zimmer Georges, sich an den Gedanken klammernd, daß noch jemand da sei, der ihrem Herzen nahestehe. Oben fand sie das Zimmer leer. Der Haushofmeister sagte ihr, Herr Georges sei frühzeitig ausgegangen. Dieses Zimmer ließ ein neues Unglück ahnen. Das in Unordnung befindliche Bett, ein Durcheinander von umgestürzten Sesseln und auf dem Boden umherliegenden Kleidern

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