Nana
nachsprechen:
Sprich: Pst! Coco macht sich lustig!
Er zeigte sich gelehrig und machte, selbst den Akzent nachahmend:
Pst! Coco macht sich lustig!
Ein anderes Mal spielte sie den Bären, indem sie im Hemde auf allen vieren am Boden herumkroch, sich zuweilen brummend umwandte, als ob sie ihn zerreißen wolle.
Ja, sie biß ihn sogar in die Waden, um darüber zu lachen.
Dann erhob sie sich und sagte:
Jetzt ist an dir die Reihe, den Bären zu machen ... Ich wette, daß du es nicht so gut kannst, wie ich.
Das fand er noch reizend.
Sie amüsierte ihn als Bär mit ihrer weißen Haut und ihrer roten Mähne. Er lachte, warf sich auf alle viere nieder, brummte, biß sie in die Waden, während sie zu flüchten suchte, als ob sie sich ungeheuer fürchte.
Sind wir aber blöd ... sagte sie dann schließlich. Du hast keine Ahnung, wie häßlich du bist, mein Kätzchen ... Ach, wenn man dich in den Tuilerien so sehen könnte.
Doch diese kleinen Spiele arteten bald aus. Es war nicht Grausamkeit, denn sie war im Grunde gutmütig. Es war wie ein Hauch der Tollheit, der durch das verschlossene Zimmer wehte und allmählich stärker wurde. Ein Taumel erfaßte sie und stürzte sie in dem Fieber des Fleisches. Die frommen Schrecken ihrer schlaflosen Nächte von ehemals verwandelten sich jetzt in einen Durst der Bestialität, in eine Wut, auf allen vieren zu kriegen, zu brummen und zu beißen. Als er eines Tages eben wieder den Bären machte, stieß sie ihn so heftig, daß er gegen ein Möbelstück fiel und sie lachte über die Beule, die er sich an der Stirne schlug. Sie hatte an ähnlichem Zeitvertreib bei La Faloise Geschmack gefunden und behandelte den Grafen als Tier, schlug ihn, verfolgte ihn mit Fußtritten.
Hü! Du bist das Pferd! Hü, hott! Vorwärts, träger Gaul!
Ein anderes Mal war er ein Hund. Sie warf ihr parfümiertes Sacktuch an das Ende des Zimmers, und er mußte es, auf allen vieren kriechend, zwischen den Zähnen zurückbringen.
Apport, Cäsar! Wart', ich will dich lehren, faul sein! ... Sehr gut, Cäsar! Sei folgsam, sei brav, Cäsar!
Er liebte seine Erniedrigung; es war ihm eine Wonne, ein Tier zu sein. Ja, er wollte noch tiefer sinken und schrie oft:
Schlage mich stärker! Hu, Hu! Ich bin jetzt toll! Schlage nur zu!
Eines Tages hatte sie eine seltsame Laune; sie verlangte, daß er am Abend in seiner großen Kammerherrnuniform zu ihr komme. Das war ein Gelächter und ein Gespött, als er am Abend in großer Uniform erschien mit dem Degen, mit dem Hute, in weißen Beinkleidern und rotem, goldgesticktem Frack, an dem rückwärts der Kammerherrnschlüssel hing. Dieser Schlüssel belustigte sie besonders und verleitete ihre tolle Phantasie zu allerlei Scherzen unflätigster Art. Unter fortwährendem Gelächter, fortgerissen durch die Respektlosigkeit gegen alles Große, und in ihrer Freude, ihn in diesem prächtigen Amtskostüm zu erniedrigen, schüttelte und zwickte sie ihn, indem sie rief: Vorwärts, Kämmerer! – wobei sie ihm jedesmal einen Fußtritt versetzte. Und jeder ihrer Fußtritte galt zugleich den Tuilerien, der Majestät des kaiserlichen Hofes, der auf der Höhe thronte, getragen von der Furcht und der Unterwürfigkeit aller. So dachte sie über die Gesellschaft ... Das war ihre Rache, eine unbewußte Vergeltung ihrer Familie, die ihr mit dem Blute als Erbe geworden. Als dann der Kammerherr entkleidet war und sein gestickter Rock am Boden lag, rief sie ihm zu: Spring darauf! – und er sprang darauf. – Spei' darauf! – und er spie darauf. – – Tritt darauf! – und er trat herum auf dem Golde, auf dem Adler und auf den Dekorationen. Nichts gab es mehr. Alles ging in Trümmer. Sie zerbrach einen Kämmerer, wie sie ein Fläschchen oder eine Konfektbüchse zerbrach, und sie machte aus ihm einen Haufen Unrat, wie er auf der Straße hinter dem Eckstein liegt ...
Die Goldschmiede hatten ihr Wort nicht gehalten; das Bett wurde erst um die Mitte des Monats Januar geliefert. Muffat befand sich eben in der Normandie, um eine letzte Besitzung zu veräußern. Nana brauchte sofort viertausend Franken. Er sollte erst in zwei Tagen zurückkehren; da er aber seine Angelegenheit erledigt hatte, beschleunigte er seine Rückreise. Ohne sein Haus in der Miromesnil-Straße aufzusuchen, ging er unmittelbar in die Villiers-Allee. Es war zehn Uhr morgens. Da er den Schlüssel zu einer kleinen Hinterpforte besaß, die auf die Cardinet-Straße ging, stieg er ungesehen die Treppe empor. Im Salon traf er Zoé mit
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