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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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kam so weit, es vorteilhaft zu finden, wenn an der Seite seiner Gattin ein zweiter Gemahl lebte. Er überließ diesem alle kleinen Sorgen des Haushaltes und begnügte sich damit, das Ganze sorgfältig zu überwachen und dafür zu sorgen, daß der Schriftsteller den Ertrag seiner dramatischen Erfolge dem Haushalte nicht entziehe. Fauchery zeigte sich vernünftig; ohne jede lächerliche Eifersucht war er eben so nachsichtig wie Mignon in bezug auf die kleinen Gelegenheitsverhältnisse Rosas. Die beiden Männer verständigten sich immer mehr und waren glücklich über eine Vereinigung, die an Freuden der verschiedensten Art so reich war. Jeder ging seinen Weg innerhalb dieses Haushaltes, wo sie einander nicht mehr störten. Es war alles geregelt, es ging vortrefflich, sie wetteiferten darin, sich gegenseitig glücklich und zufrieden zu machen. Mignon war auf den Rat Faucherys zurückgekommen, Nanas Kammerfrau zu kapern, von deren Vorzügen der Journalist ihm nicht Rühmliches genug zu erzählen wußte. Denn Rosa war in Verzweiflung; seit einem Monat befand sie sich in den Händen von ungeübten Kammermädchen, die ihr fortwährend Verlegenheiten bereiteten. Mignon wurde von Zoé empfangen, er schob sie sofort in den Speisesaal. Bei dem ersten Worte, das er vorbrachte, lächelte sie; es sei unmöglich, meinte sie, denn sie verlasse Madame, um sich selbständig zu machen. Sie fügte mit leisem Lächeln hinzu, daß sie alle Tage ähnliche Anträge erhalte; die Damen stritten förmlich um sie. Madame Blanche habe ihr goldene Brücken versprochen, um sie wieder zu erhalten. Zoé strebte danach, das Geschäft der Tricon zu bekommen; es war dies ein von ihr längst gehegter Plan, eine ehrgeizige Kapitalsanlage, in der ihre Ersparnisse sich vermehren sollten. Sie brütete über großen Plänen; sie wollte das Geschäft erweitern, ein großes Haus mieten und darin alle Vergnügungen vereinigen. Für diesen Plan gedachte sie auch Satin zu gewinnen, die sich indessen dermaßen verschlampt hatte, daß sie daran war, in einem erbärmlichen Spital elendiglich zugrunde zu gehen.
    Mignon verharrte bei seinem Vorhaben und sprach von der Gefahr, mit der alle Geschäftsunternehmungen verbunden seien. Zoé schwieg indessen über die Art ihrer beabsichtigten Unternehmung; sie beschränkte sich darauf, fein zu lächeln, als ob sie sagen wollte:
    Ach, Luxusartikel gehen immer ... Ich bin lange genug bei anderen gewesen; nun möchte ich einmal, daß die anderen bei mir seien. Ein Ausdruck grausamer Genugtuung lag auf ihren zurückgeworfenen Lippen. Sie wird endlich selbst ›Madame‹ werden und alle diese Frauen, denen sie fünfzehn Jahre hindurch die Waschbecken ausgespült, für einige Louis zu ihren Füßen haben.
    Mignon verlangte, daß sie ihn anmelde. Zoé ließ ihn einen Augenblick allein, indem sie sagte, Madame habe einen schlechten Tag verbracht. Mignon war jetzt erst das zweitemal da und kannte das Haus noch nicht. Der Speisesaal mit seinen Tapeten, seiner Kredenz und dem Silbergeschirr erregte seine Bewunderung. Er öffnete die Türen, besichtigte den Salon, den Wintergarten und kehrte dann in den Vorraum zurück. Dieser verblüffende Luxus, diese vergoldeten Möbel, die Seiden- und Samtstoffe erfüllten ihn mit einer Bewunderung, die sein Herz schlagen ließ. Als Zoé wieder kam, um ihn abzuholen, machte sie sich erbötig, ihm auch die übrigen Räume des Hauses, das Toilettezimmer, das Schlafzimmer zu zeigen. Im Schlafzimmer erreichte seine Bewunderung den Höhepunkt; er war erregt bis zur Begeisterung. Diese verdammte Nana verblüffte ihn, der sich doch auf die Dinge verstand. Noch im Niedergange fand er inmitten der Verheerungen des Dienstpersonals eine Anhäufung von Reichtümern, die noch immer genügten, die Löcher zu stopfen, die aus den Ruinen förmlich hervorragten. Bei dieser Prachtleistung erinnerte sich Mignon großartiger Arbeiten, die er gesehen. In der Nähe von Marseille hatte man ihm einst eine Wasserleitung gezeigt, deren steinerne Bogen über Abgründe hinwegsetzten, ein wahrhaft riesenhaftes Werk, das Millionen und ein Jahrzehnt von enormen Arbeiten in Anspruch genommen hatte. In Cherbourg hatte er den neuen Hafen gesehen. Einen ungeheuren Werkplatz, Hunderte von Menschen, die im Sonnenbrande schwitzten, kolossale Maschinen, die das Meer mit Pfeilern anfüllten und eine Mauer erhoben, auf denen es von Arbeitern wimmelte. All das schien ihm klein im Vergleich zu dem Werke, das Nana verrichtete. Bei dieser

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