Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
sagt Mom. »Fehlt da nicht Ely? Habt ihr das Theater nicht immer zu zweit veranstaltet?«
Sie hat den wunden Punkt getroffen.
»Wir müssen umziehen«, sage ich.
»Was? Du bist verrückt. Hast du nichts zu tun? Musst du nicht lernen?«
»Er kommt nicht mehr zurück.«
Schweigen.
Sie weiß, dass ich nicht Ely meine.
Dann:
»Ich weiß.«
»Du würdest auch gar nicht wollen, dass er zurückkommt, selbst wenn er es wollte.«
»Das weiß ich auch.«
»Also warum liegst du immer noch im Bett?« In seinem Bett. In ihrem gemeinsamen Bett.
Mom steht nicht auf, aber sie setzt sich wenigstens aufrecht hin. Doch es wirkt so, als würde sie das Wachsein zu sehr blenden. Sie vergräbt den Kopf zwischen den Händen.
»Ich weiß es nicht, Liebling. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich hasse meinen Job. Wir können uns keinen Umzug leisten. Ich fühle mich wie eine Maus in der Falle.«
»Du musst deine Einstellung ändern. Denk an etwas, das mehr Hoffnung macht. Nicht an eine Mausefalle. Wir könnten uns doch, warte mal... unsere Situation als ein Labyrinth vorstellen. In einer Falle ist man gefangen und kommt nicht mehr raus. Ein Labyrinth hat einen Ausgang. Man muss ihn nur finden.«
»Und wie stellst du dir das vor, oh du meine plötzlich so weise gewordene Tochter?«
»Wir können die Wohnung hier verkaufen und umziehen, Mommy.«
Ihr Kopf fährt hoch und sie starrt mich mit einem Naomitypischen Blick an. »Sie muss erst mal renoviert werden, bevor man sie verkaufen kann. Der Schaden im Wohnzimmer. Die Küche und das Badezimmer müssen neu gekachelt werden. Die Rollos fallen gleich herunter. Und das sind nur die dringendsten Punkte auf der Liste. Es ist unmöglich.«
»Wir können uns dabei helfen lassen.«
»Hörst du mir überhaupt zu, Naomi? WIR HABEN KEIN GELD.«
»Dann lass dir was einfallen. Du könntest Oma um Hilfe bitten. Sie hat jede Menge Geld.«
»Sie will sich dann in alles einmischen. Ihre sogenannte Hilfe hat ihren Preis.«
»Na und? Bezahl diesen Preis. Besuch sie alle paar Monate. Wenn sie dir sagt, dass du dich scheiden lassen sollst und dass du dich nach einem neuen Mann umgucken sollst, dann nickst du brav. Bedank dich bei ihr, wenn sie dir den absolut falschen Karrieretipp gibt.«
Mom lacht. Das ist schon mal ein Anfang.
Ich beobachte, wie ihr Gesicht, das meinem so ähnlich ist, nachdenklich wird. Dann legt sie los.
»Vielleicht könnten wir Gabriel fragen, ob er Interesse an einem Nebenjob hat - er könnte bestimmt ein paar von den Dingen erledigen, die in der Wohnung getan werden müssen. Ziemlich hübscher Junge, oder? Vielleicht hilft er uns ja und wir könnten ihn dabei ein bisschen besser kennenlernen.« Sie wirkt ernst, aber ihre Stimme verrät sie. »Ich glaub, meine Tochter hat sich ein bisschen in ihn verknallt.«
Das ist meine Mom.
»Vielleicht«, gebe ich zu.
Die wirkliche Herausforderung wird darin bestehen, einen Immobilienmakler zu finden, der nicht nur die marode Wohnung übernimmt, sondern auch noch das Leben der beiden Bewohnerinnen zurechtbiegt.
»Weißt du was?«, frage ich.
»Sag’s mir!«, antwortet Mom.
»Ich werd die Prüfungen nicht schaffen und sollte besser ganz mit der Uni aufhören.«
Moms Kopf sinkt wieder zwischen ihre Hände. »Ach herrje«, seufzt sie. Ihr Kopf schnellt wieder hoch und sie wirft mir einen erstaunlich wachen Blick zu - kein Starren wie vorher noch. »Ich wusste, dass das kommen würde. Vielleicht nicht genau das - aber irgendwas von der Sorte. Deine Pubertät ist viel zu einfach gewesen. Also schieß los. Erzähl mir alles. Du bist aber doch nicht schwanger oder nimmst Drogen, oder?«
Sie hat recht. Sie hatte keine großen Probleme mit mir, als ich noch in der Schule war. Klar, ich hatte meine Launen. Wie jedes Mädchen in der Pubertät. Ich ganz besonders. Wenn es für Launen Noten gäbe, dann käme ich dabei glänzend weg. Ich könnte dafür sogar einen Doktortitel kriegen. Aber ich hab mir mit meiner Mutter keine heftigen Teenager-Gefechte geliefert. Meine Rebellion hielt sich in Grenzen. Mom hatte es damals schwer genug. Allerdings nicht wegen mir. Ich wollte ihr nicht auch noch wehtun.
Ely übertrumpfte mich natürlich auch im Teenager-Rebellion-Wettbewerb. Er hat Mary fürchterliche Szenen gemacht, als die ganze grässliche Geschichte mit unseren Eltern lief. Er war ekelhaft und widerlich zu ihr, aber beschützend und nett zu Susan - eine Doktor-Jekyll-und-Mister-Hyde-Persönlichkeit gegenüber den
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