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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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riesiger uniformierter Südsee-Indianer vor mir.
    »Gibt es ein Problem, Mr. Ape?« fragte er mit Donnerstimme.
    Ape schaute mir ins Gesicht, als überlege er, wozu ich ihm von Nutzen sein könnte. Dann legte er mir lächelnd eine Hand auf die Schulter. »Nein, Mr. Del Rey und ich kommen schon zurecht.«
    »Thelma hat uns angerufen.«
    »Das war ein Mißverständnis. Tut mir leid, daß sie euch aufgescheucht hat.«
    Der Wachmann ging weg, und Ape schrie: »Thelma!« Thelma kam durch den Gang getrippelt wie eine Geisha.
    Ape zog einen Stapel Banknoten aus der Tasche, zählte ein paar hundert Dollar ab und hielt sie dem Mädchen hin.
    »Danke, Mr. Ape. Wofür ist das?«
    »Das ist mein Abschiedsgeschenk. Du bist gefeuert.«
    Ihr Mund klappte auf. Ihr schmales Händchen umklammerte das Geld.
    Ape drehte ihr den Rücken zu und bat mich in sein Büro.
    »Sandy, so heißen Sie doch, oder? Mal sehen, was Sie auf dem Herzen haben. Vielleicht können wir einen Film daraus machen.«
    Zwei der Wände in seinem Büro waren Fensterfronten. An den anderen beiden waren Plexiglas-Regale voller gebundener Drehbücher, manche davon mit handgeschriebenen Titeln auf den Buchrücken.
    Ape setzte sich hinter einen dreieckigen blauen Marmorschreibtisch und bot mir den einzigen anderen Stuhl an, ein ungepolstertes schwarzes Ding. Zu seinen Füßen stand ein blauer Marmorpapierkorb voller weiterer Drehbücher.
    »Also«, begann er, »was treiben Sie denn sonst noch so?«
    »Journalismus.« Ich rasselte die Namen von Zeitschriften herunter, wobei ich mir wenig Sorgen darüber machte, daß er auch nur eine davon jemals gelesen hatte.
    »Wie sind Sie darauf gekommen, ein Buch über Buck anzufangen?«
    »Mich reizt das totale Versagen, der unaufhaltsame Abstieg des Genies.«
    Er grinste. »Jedenfalls war er nicht gerade meine beste Investition. Das können Sie ruhig schreiben.«
    »Können Sie mir erklären, wieso Sie sich überhaupt für die Filmrechte an einer Gedichtsammlung interessiert haben?«
    »Mein weiches Herz, nehme ich an. Der arme Kerl wußte doch nicht mehr ein noch aus. Ich habe eben eine Schwäche für kreative Typen.«
    »Und das Sanktum haben Sie aus dem gleichen Grund unterstützt?«
    »Sicher. Was könnte wichtiger sein, als jungen Künstlern unter die Arme zu greifen? - Machen Sie denn keine Notizen?«
    »Ich habe gar nichts dabei. Ich dachte, es wäre schwer genug, hier hereinzukommen, auch ohne Recorder oder Notizbuch.«
    »Sehen Sie? Man weiß nie. Sie haben eben einen guten Tag erwischt.«
    Unter dem Schreibtisch mußte eine Schublade sein, denn er zog einen Briefblock hervor und reichte ihn mir über den Tisch.
    »Hier, nehmen Sie das. Brauchen Sie auch noch einen Griffel?«
    Ich schüttelte den Kopf und zückte meinen Kugelschreiber.
    Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich zurück. »Schießen Sie los. Ich gebe Ihnen fünf Minuten.«
    »Am Sanktum gefiel Ihnen also die Idee. Und was haben Sie von Lowells jungen Talenten gehalten?«
    »Terry war ein begabter Junge. Er hatte Probleme, aber wer hat die nicht?«
    »Sie haben ihn also nie gewalttätig erlebt?«
    »Nein, nicht in meiner Gegenwart. Er spielte gern den Macho, lief ohne Hemd herum und zeigte seine Tätowierungen. Aber er hatte echtes Talent.«
    »Wieso ist er dann in der Versenkung verschwunden?«
    »Wenn ich das wüßte! Der Idiot war voller guter Projekte. Ich hätte mit ihm ins Geschäft kommen können, und dann macht er sich einfach aus dem Staub.«
    »Glauben Sie, Lowell weiß, wo er ist?«
    »Das habe ich immer vermutet, aber er hat es nie zugegeben. Nach allem, was ich für Lowell getan hatte, dachte ich, er könnte wenigstens ehrlich zu mir sein. Haben Sie schon mit ihm geredet?«
    »Nur kurz.«
    »Es ist unfaßbar, nicht wahr? Der Kerl schwimmt im Geld und lebt in einem Schweinestall.«
    »Wieso haben Sie ihn unterstützt, wenn er so reich ist?«
    Er nahm die Arme herunter und stützte sich auf den Schreibtisch. »Weil ich ein Schwachkopf war. Ich wußte nicht, daß er Geld hat. Ich hatte ihn nie überprüft. Unverzeihlich für einen Geschäftsmann.«
    Er schaute wieder auf seine teure Uhr.
    »Sie haben also keine Ahnung, was aus Trafficant geworden sein könnte?«
    »Nein, aber wenn Sie ihn finden, sagen Sie mir Bescheid. Der Hund schuldet mir noch ein Drehbuch.« Er schüttelte den Kopf. »Er hätte es zu etwas bringen können. Er konnte in Szenen denken und hatte ein Gespür für Dialoge. David Mellors war ein ganz anderer Fall.

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