Narben
aber Sie müssen jetzt wirklich gehen, denn ich habe eine Besprechung.«
Ich faltete meine Notizen zusammen und steckte sie weg. Dann brachte er mich zur Tür.
»Es ist mir noch nicht gelungen, Mellors ausfindig zu machen«, sagte ich beim Hinausgehen. »Wissen Sie vielleicht, was aus ihm geworden ist?«
»Keine Ahnung. Als ich sagte, ich könnte nichts anfangen mit dem Schrott, den Sie da in der Hand haben, verfluchte er mich und zertrümmerte ein paar meiner chinesischen Vasen. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen, Gott sei Dank. Der Typ hat mir echt angst gemacht. Daraufhin habe ich zum erstenmal einen Leibwächter angeheuert.«
Wir verließen das Büro und gingen den Korridor hinunter, vorbei an Thelmas ehemaligem Schreibtisch.
»Es war nett, Sie kennenzulernen, Sammy«, sagte er, während er mir die Glastür aufhielt. »Wir sollten ernsthaft überlegen, was wir aus dem Stoff machen können. Schreiben Sie etwas zusammen. Vielleicht kommen wir ins Geschäft. Kommen Sie Mittwoch wieder. Wir essen zusammen zu Mittag.«
36
In Century City suchte ich mir ein gemütliches Café, um David Mellors’ Drehbuch zu lesen.
Mir wurde schnell klar, daß es sich nur um eine knappe Zusammenfassung handelte. Ein Konzept, hätte Ape gesagt.
DIE BRAUT Die Eröffnungsszene zeigt einen Mann, der vor einer Glastür hockt und eine Frau beim Entkleiden beobachtet. Er hat das Gesicht eines geisteskranken Mörders. Ansonsten ist er gut gebaut.
Er hat ein Fleischermesser in der Hand. Es ist Nacht. Die Klinge schimmert im Mondschein.
Er erhebt sich und schiebt die Glastür auf. Die Frau steht unter der Dusche und seift sich ein.
Der Wahnsinnige reißt die Duschtür auf. Die Frau schreit. Er vergewaltigt sie und sticht dann mit seinem Messer auf sie ein.
Er zieht sich aus und benutzt ihre Dusche. Die Leiche liegt zu seinen Füßen. Dann zieht er sich wieder an und fährt nach Hause zu seiner Braut, die wunderschön ist. Er ist die Liebe ihres Lebens.
Man sieht den Wahnsinnigen beim Liebesakt mit seiner unschuldigen jungen Braut. Die Kamera ist auf ihrem Gesicht. Während sie mit aller Macht den Höhepunkt erreicht, werden andere Gesichter eingeblendet, Gesichter von Opfern des Wahnsinnigen. Der lange Orgasmus der Braut wechselt ab mit qualvollen Fratzen…
Ich schaffte es bis zum Ende und widerstand der Versuchung, das Manuskript in die nächste Mülltonne zu werfen. Ich nahm es mit nach Hause und setzte mich ans Telefon.
Milo war nicht in seinem Büro. Ich sprach eine Nachricht auf seinen privaten Anrufbeantworter.
Als nächstes versuchte ich es bei Lucy in Brentwood. Sie antwortete nicht. Wahrscheinlich schlief sie wieder.
Der Telefondienst hatte eine Nachricht für mich. Wendy Embrey wollte über die Krankenhausrechnung reden. Ich machte mir nicht die Mühe, die Nummer aufzuschreiben, die sie angegeben hatte.
Ich holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank und schaute aufs Meer hinaus.
Mellors’ Drehbuch alarmierte mich. Mellors, Lowell und Trafficant. Nicht die Literatur hatte sie zusammengeführt, sondern ihr Haß auf Frauen.
Die Party gab ihnen Gelegenheit, sich auszutoben, und ein Jahr später war Schluß mit der Kolonie.
Hatte Lowell eine bessere Verwendung für das Gelände - etwa als Friedhof?
Ruth war in blendender Laune, als sie nach Hause kam. Ich versuchte, die schlimmen Bilder aus meinen Gedanken zu verbannen, doch es wollte mir nicht gelingen.
»Was ist los, Alex?«
»Vielleicht fahre ich noch ein bißchen in der Gegend herum.«
»Es ist doch alles in Ordnung, oder?«
»Ja, es ist nur einer dieser Abende. Du kennst mich ja.«
»Manchmal bin ich mir da nicht so sicher.«
Das Haus der Sheas war von einem einzelnen starken Strahler beleuchtet. Auf dem Highway davor parkte zwischen einem Porsche und einer Corvette ein ältlicher Oldsmobile, der mir bekannt vorkam. Ich hielt hinter der Corvette. Auf dem Weg zur Haustür sah ich einen Mann rückwärts herausgestolpert kommen. Aus dem Inneren des Hauses meinte ich eine Stimme zu hören, doch der Lärm von Ozean und Straße machte es unmöglich, etwas zu verstehen. Der Mann ging zur Haustür zurück, und diesmal war ich nah genug, um die Frauenstimme zu hören:
»Verschwinde, oder ich hole die Polizei! Mach, daß du wegkommst!«
Der Mann blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Na, mach schon, Gwendolyn, ruf schon die Polizei. Sag ihnen, daß du eine Mörderin bist.«
Er stürmte auf die Tür zu. Die Frau schrie: »Du Bastard!« Der
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