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Narcopolis

Narcopolis

Titel: Narcopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeet Thayil
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die Frage nach Gottes Grausamkeit folglich gar nicht stellt, da Gott sich nicht darin einmischt, wie wir unsere Geburten auf unseren aufwärts oder abwärts gerichteten Lebensbahnen gestalten, sind diese doch unser je ureigener Weg und Fluch; und keine Tat bleibt ohne ihre unmittelbar oder verzögert einsetzende Folge.
     
    VORAHNUNG : Worin der Autor ein Beispiel aus seinem eigenen Leben gibt. Tage vor ihrem Tode ließ sich sein geliebtes Weib auf eine anstrengende Diskussion mit dem Autor ein, an deren Einzelheiten er sich in diesem Augenblick nicht zu erinnern vermag. Es ging um die Arbeitsgewohnheiten des Autors, die seine Frau obsessiv und einsiedlerisch nannte. Sie sagte, sie fühle sich einsam und von ihrem Mann und von der Welt im Stich gelassen. Der Autor, der sich über diese Zudringlichkeit sowie die vergeudete Zeit ärgerte, Zeit, die er gewinnbringend am Schreibtisch hätte verbringen können, wollte seiner Frau gerade unmissverständlich zu verstehen geben, dass sie ihre eigene Obsession finden müsse und das Glück nicht länger allein bei ihm suchen solle, herbe Worte, die er ihr schon bei früheren Gelegenheiten entgegengeschleudert hatte, als er sich plötzlich einer Gestalt bewusst wurde, die unmittelbar hinter seiner Gattin stand. Die in stereotypem, weitem, weißem Wollgewand gekleidete Gestalt sagte dem Autor – nun, sie sprach nicht direkt, sondern gab ihm irgendwie deutlich zu verstehen –, dass er die Worte nicht sagen sollte, die ihm bereits zielgerichtet und abschussbereit auf der Zunge lagen. Seine Frau weile nicht mehr lang auf Erden, sagte die Gestalt, und deshalb solle er, der Autor, so freundlich wie nur möglich zu ihr sein, da er für den Rest seines Lebens ansonsten ein schlechtes Gewissen haben werde. In diesem Moment trat seine Frau ans Fenster, wo sie sich eine Zigarette anzündete, und ihr unsichtbarer Gefährte bewegte sich mit ihr, so dass er stets hinter und leicht über ihr schwebte wie ein zerborstener Schatten. Wie der Leser richtig vermutet haben dürfte, hat sich der Autor nicht an den Rat der weißgekleideten Gestalt gehalten. Diese Anekdote wird ihm dazu dienen, die Frage der Vorahnung in reinkarnaten Episoden zu erörtern.
     
    RACHE : Worin der Autor eine Vorgehensweise für gescheiterte Entitäten erläutert, die sich von jenen Satisfaktion wünschen, die sie in ihrem letzten Lebenszyklus besonders gequält haben. Der Autor geht hier insbesondere auf Bräute ein, die von den Familien der Ehemänner als Strafe für eine ungenügende Mitgift verbrannt wurden. Der Autor zählt die Schritte auf, mittels denen es solchen Frauen gelingen kann, in ebenjenen Familien zu reinkarnieren, von denen sie umgebracht wurden, um besagte Familie dann von innen heraus zu vernichten. Erstens empfiehlt der Autor, mit der Reinkarnation zu warten, bis die neue Frau des Mannes schwanger ist, was gewöhnlich nach neun oder zehn Monaten der Fall sein dürfte, da der Mann meist unmittelbar nach dem Tod der früheren Frau wieder heiratet; zweitens sollte die reinkarnierende Entität in den fraglichen Mutterbauch eindringen und foetale Form annehmen, ein Prozess, der geschicktes Manövrieren und einige Praxis verlangt; drittens muss sie sich während der nachfolgenden Kindheit gänzlich auf ihre Aufgabe konzentrieren, da vielerlei Kräfte versuchen werden, ihre Entschlossenheit zu untergraben; und letztens muss sie sich bemühen, physische Erkennungszeichen wie etwa verschmorte Muttermale, aber auch eine ausgeprägte Aversion gegen Feuer zu verbergen, da ein scharfsinniger Feind dieser Art darauf aufmerksam gemacht werden könnte, dass sie die wiedergeborene frühere Ehefrau ist. Der Autor bekennt, dass es für eine solcherlei erfolgreiche Reinkarnation in besonderem Maße auf Willensstärke ankommt, vor allem dann, wenn Rache das Motiv ist. Die in diesem Abschnitt beschriebenen Techniken können von jeder Entität angewandt werden, d.h., sie sind nicht allein Privileg ermordeter Hausfrauen.
     
    ZUNGENLOSIGKEIT : Worin der Autor jenes Phänomen erklärt, das man partielle Reinkarnation nennt und im Folgenden darlegt, dass teilweise reinkarnierte Entitäten, auch Gespenst oder Geist genannt, keine Beispiele für Reinkarnation, sondern für verzögertes Dahinscheiden sind, wobei die Verzögerung gewöhnlich von einer Abnormität im Übergang einer Entität von der Welt der Lebenden in andere Welten verursacht wird. Der Autor führt aus, inwiefern das Dahinscheiden solcherart organisiert

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