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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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aufgedunsenes Alkoholikergesicht.
    O’Shea rief durch die Tür, er wolle ihm eine Frage stellen. Der Mann öffnete die Innentür einen Spaltbreit.
    »’n Abend«, rief O’Shea durch die Sturmtür. »Tut mir leid, wenn ich Sie störe…«
    »Verpiß dich, Meister!« sagte der Mann.
    »Nun, das ist aber nicht sehr freundlich«, erwiderte O’Shea. »Ich möchte doch bloß fragen, ob…«
    »Hast du Tomaten auf den Ohren? Ich hab’ gesagt, verpiß dich! Oder willst du Ärger kriegen?«
    »Ärger?« fragte O’Shea.
    Der Mann machte Anstalten, die Tür wieder zu schließen. O’Shea war mit seiner Geduld am Ende. Mit einem blitzschnellen Karateschlag zerschmetterte er die obere Glasscheibe der Sturmtür. Ein Tritt mit dem Stiefel sprengte die untere Scheibe aus dem Rahmen und ließ die Innentür mit einem Knall auffliegen.
    Im Bruchteil einer Sekunde war O’Shea durch die Aluminiumtür und hatte den Mann beim Hals gepackt, so fest, daß dessen Augen hervortraten.
    »Ich habe eine Frage«, wiederholte O’Shea. »Hier ist sie: Ich suche einen Christopher Everson. Kennst du ihn?« Er lockerte seinen Würgegriff ein wenig. Der Mann hustete und schnappte nach Luft.
    »Laß mich nicht warten!« warnte O’Shea.
    »Mein Name ist Jack«, krächzte der Mann heiser. »Jack Everson.«
    »Das wußte ich bereits«, sagte O’Shea und ließ den Hals des Mannes los. »Was ist mit diesem Christopher Everson? Kennst du ihn? Oder hast du schon mal von ihm gehört? Er ist möglicherweise Arzt.«
    »Noch nie was von gehört«, erwiderte der Mann.
    O’Shea ging genervt zu seinem Wagen zurück. Er strich den Namen Jack Everson durch und schaute auf den nächsten Namen auf seiner Liste. Es war diese Kelly C. Everson in Brookline, bei der er schon einmal angerufen und wo sich dieser verschlafen klingende Typ gemeldet hatte. Er fragte sich, wofür das C wohl stehen mochte.
    Er startete den Motor, wendete und fuhr zurück zur Washington Street. Diese ging über in die Chestnut Hill Avenue, die dann direkt nach Brookline führte. Wenn er gut durchkam, würde er in fünf Minuten bei dieser K. C. Everson sein, allerhöchstens zehn, falls der Cleveland Circle zu war.
     
    »Sie können jetzt zu Mrs. Arnsdorf rein«, sagte der Sekretär. Er war vielleicht zwei oder drei Jahre jünger als er selbst, schätzte Trent. Sah nicht schlecht aus, der Bursche. Tut wohl was für seinen Body. Trent fragte sich, wie es kam, daß die Leiterin des Pflegepersonals einen Mann als Sekretär hatte. Bestimmt wollte sie damit irgendwas demonstrieren, dachte Trent, wahrscheinlich war das so eine Emanzentrip-Frauenpower-Nummer. Er mochte Polly Arnsdorf nicht.
    Trent erhob sich aus dem Sessel, in dem er gesessen hatte, und streckte sich erst einmal lässig. Er dachte ja gar nicht daran, wie auf Kommando sofort in das Büro der blöden Kuh zu rasen, nachdem sie ihn eine geschlagene halbe Stunde hatte warten lassen. Er warf das Time Magazine von der Vorwoche, in dem er beim Warten herumgeblättert hatte, auf den Beistelltisch. Als er zu dem Sekretär hinüberblickte, ertappte er ihn dabei, wie er ihn anstarrte.
    »Stimmt irgendwas nicht?« fragte Trent.
    »Wenn Sie Mrs. Arnsdorf sprechen wollen, sollten Sie besser jetzt gleich zu ihr reingehen«, sagte der Sekretär. »Sie hat noch eine Menge Termine heute.«
    Leck mich doch, dachte Trent. Er fragte sich, wieso jeder Popel, der in irgendeiner Verwaltung arbeitete, sich einbildete, seine Zeit sei kostbarer als die von allen anderen Leuten. Er hätte dem Sekretär liebend gern etwas Dementsprechendes an den Kopf geworfen, aber er verkniff es sich. Statt dessen beugte er sich hinunter, berührte seine Zehenspitzen und streckte die Knie. »Von dieser Rumsitzerei muß man ja steif werden«, sagte er, richtete sich wieder auf und knackte mit den Fingern. Dann bequemte er sich schließlich in Mrs. Arnsdorfs Büro.
    Trent mußte lächeln, als er sie sah. Alle Oberschwestern schauten gleich aus - wie Gewitterhexen. Sie konnten sich nie entscheiden, was sie sein wollten: Krankenschwestern oder Verwalterinnen. Er haßte sie alle. Da er in jedem Krankenhaus nie länger als acht Monate blieb, hatte er in den letzten Jahren mehr von der Sorte gesehen, als ihm lieb gewesen wäre. Aber die heutige Begegnung war von einer Art, die ihm jedesmal große Befriedigung verschaffte. Er liebte es, Oberschwestern Kummer zu machen. Und bei dem chronischen Pflegepersonalmangel, der überall herrschte, wußte er genau, wie er das erreichen

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