Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
Vom Netzwerk:
immer nach Lösungen suchte und sie meistens auch fand, hatte einfach nur wütend dagesessen und auf das Angebot eines Drogendealers mit einem so urwienerischen Fluch reagiert, dass der Junkie entsetzt das Weite gesucht hatte.
    Jetzt, eine unruhige Nacht später, saßen Valerie, Paul und Georg schweigsam auf dem großen Sofa und jeder hing seinen Gedanken nach, eine Tasse Kaffee oder Tee in der Hand. Tschak erkundete schnüffelnd die große Halle oder lief aufgeregt einem kleinen, roten Ball nach, den er sich selbst immer wieder mit der Nase oder der Pfote in alle möglichen Ecken schoss.
    »Na, wenigstens dem Hund geht’s gut«, murmelte Paul und nahm noch einen Schluck Kaffee. »Wir sind heute spät dran, ist euch das klar? Es ist fast Mittag und ich habe noch keine Zeile geschrieben. Aber irgendwie fehlt mir heute die Motivation …«
    Valerie schaute Tschak hinterher und sah den tibetanischen Hirtenhund auf allen vier Pfoten über das glatte Parkett rodelnd um die Ecke verschwinden.
    »Wir rauschen von einer Niederlage zur nächsten, ungebremst wie Tschak«, sagte sie leise. »Meine Ausrüstung ist weg, in die Botschaft kann ich nicht, Shapiro ist so hilfreich wie ein wütender Alligator und wir haben außer einem Foto des vierten Dokumentes und einem Stock nichts in der Hand. Wir wissen nicht, was in dem Kupferzylinder drin war, woraus das Geheimnis Jauerlings überhaupt bestand. Wir haben für die anderen die Kastanien aus dem Feuer geholt und ich habe mich in den letzten Tagen zu oft wie ein dummes Schulmädchen von diesen Typen überraschen lassen. Mit einem Wort – alles Sch…«
    »Sag’s nicht«, unterbrach sie Georg seufzend, »zu früh für Kraftausdrücke. Wenn wir so weitermachen, dann geht uns sonst bis zum Abend das Vokabular aus. Aber ich bin ganz deiner Meinung. Ich frage mich überhaupt, was Shapiro für ein Interesse am Geheimnis Jauerlings hat. Was immer in diesem Zylinder war, was geht es den israelischen Geheimdienst an?«
    Valerie zuckte mit den Schultern. »Wie du weißt, agiert unser Freund in Tel Aviv nach dem Prinzip der »Need to know«-Politik. Seine Informationen reichen meist gerade bis zum nächsten Tag, wenn es hoch kommt noch einen Schritt weiter. Shapiro, der große Meister im Haushalten mit Information.«
    »Damit kaschiert er vielleicht auch, dass er manchmal einfach zu wenig weiß«, gab Paul zu bedenken. »Er kennt unter Umständen den großen Plan, aber die Details solltest du herausfinden.«
    »Er wollte das vierte Dokument unbedingt haben«, erinnerte sich Valerie. »Aber er hat niemals etwas von einem weiteren Versteck gesagt, einem verborgenen Zylinder oder von einem Geheimnis des Balthasar Jauerling.«
    »Vielleicht wusste er gar nicht, wohin die Spur der kleinen Zahlen und Buchstaben führen würde«, warf Georg ein, »vielleicht wollte er nur eines der Dokumente in die Hand bekommen, um es zu entschlüsseln. Das französische und englische konnte er nicht bekommen, die waren bereits in Wien. Das deutsche war verschollen und das russische zwar in der Hand Singers, aber nicht lange genug.«
    »Erinnere mich auch noch daran«, stöhnte Valerie.
    »Also schickt er dich in Berlin los, zurück nach Wien, um das vierte zu sichern. Wir haben es in der Hofburg gefunden und gleich wieder an das Einsatzkommando der Bauarbeiter verloren.«
    »Und genau deshalb würde ich derzeit nicht so gerne mit Shapiro telefonieren. Du hast eine so effektive Art, mich aufzubauen, die erinnert an eine Abrissbirne.«
    »Tut mir leid, ich ziehe nur Bilanz«, entschuldigte sich Georg und schlürfte seinen Tee.
    »Und was jetzt?«, fragte Paul, »die haben uns abgefertigt wie die ersten Menschen. Wir haben Jauerlings Rätsel geknackt, Georg hat seinen Hals riskiert bei der Fassadenkletterei, wir haben diesen verdammten Zylinder gefunden und nur, um ihn gleich wieder loszuwerden. Die stehen dabei und lachen uns aus. Jetzt haben sie alles. Die vier Dokumente, den Zylinder samt Inhalt, alle Informationen, Sieg auf der ganzen Linie. Und der Mord an Kirschner ist noch immer nicht geklärt, von den Ministern reden wir gar nicht. Ich komme mir so blöd vor wie seit Langem nicht mehr.«
    »Dann bist du in guter Gesellschaft«, brummte Georg ärgerlich.
    »Mich wundert nur, warum die Botschaft nicht intensiver nach dir fahndet«, meinte Paul.
    »Vielleicht haben sie den Einsatz jemand anderem übertragen«, antwortete Valerie. »Etwa Weinstein, dem Attaché du Malheur, oder der Botschafter selbst hat es

Weitere Kostenlose Bücher