Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
Vom Netzwerk:
vorbei durch die Einfahrt auf die Straße. Der Pförtner kam aus seinem kleinen Büro, sah den Musikern nach und klatschte frenetisch den Takt mit. Dann bog die Truppe in Richtung Innenstadt ab, gefolgt von Passanten, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs waren. Eine Volksfeststimmung brandete auf, die mit der Ruhe im Inneren der Anstalt bizarr kontrastierte.
    Georg ging zum Pizza Expresss, hinter dessen Scheibenwischer ein Witzbold eine Bestellung über drei Capricciosa, eine Margarita und zwei Calzone geklemmt hatte. Er warf den Zettel weg und blickte der rasch größer werdenden Menschentraube hinterher. Der Radetzkymarsch verklang in der Ferne.
    »So, ich glaube, jetzt sollte ich besser auch auf die Akut«, seufzte er und startete den Motor.
    Fisher Island, Miami Beach, Florida/USA
    C hopins Klavierkonzert Opus 11 in E-Moll tönte aus versteckten Lautsprechern über das Deck der »Incommunicado«. Das Schiff wiegte sich ganz leicht in der Dünung, die durch das Inlet vom Atlantik hereinrollte und in langen, weichen Wellen bis an das Dock gelangte. Die Luft war tropisch heiß und überall hörte man das Summen der Klimaanlagen. Fred Wineberg lag am Oberdeck im Schatten und überflog die neuesten Berichte, die Elena Millt ihm geschickt hatte. Eine dezent platzierte Düse über ihm versuchte, mit einem stetigen kühlen Luftstrom gegen die Hitze anzukämpfen und das Leben an Deck erträglich zu machen.
    Wineberg erkannte seine Krankenschwester schon an ihrem Schritt, als sie die Treppe aus dem Hauptdeck heraufstieg. Er seufzte ergeben und bereitete sich auf das Unvermeidliche vor.
    »Meine Brille ist auf meiner Nase und ich sehe ganz genau, dass Sie einen Badeanzug unter Ihrem weißen Kittel anhaben«, grummelte Wineberg, ohne seinen Blick von den Berichten Elenas zu wenden.
    »Und ich dachte, Sie seien endlich gestorben, damit ich schwimmen gehen kann«, gab die Schwester zurück und setzte sich auf einen Deckstuhl neben der Liege. »Was gibt es in der Welt Neues?«
    »Nichts, was Sie wirklich interessieren dürfte«, murmelte Wineberg, »das Übliche in den dafür bekannten Ländern. Skandale, Kämpfe, Unruhen, Selbstmordanschläge, korrupte Politiker und marode Banken. Das Karussell der schlechten Nachrichten dreht sich unentwegt, vierundzwanzig Stunden am Tag …«
    »… und macht Sie immer reicher«, gab die Schwester zurück und zog die nächste Spritze auf. Dann griff sie in ihre Tasche und reichte Wineberg einen zusammengefalteten Computerausdruck. »Das hätte ich fast vergessen. Der Funkoffizier hat es mir in die Hand gedrückt, als er hörte, ich sei auf meinem Weg zu Ihnen.«
    »Faules Pack«, beschwerte sich Wineberg und entriss ihr mit einer ärgerlichen Handbewegung das Blatt. »Die glauben alle, sie machen einen Karibik-Urlaub auf meine Kosten, und hoffen, ich bin zu senil, um es zu bemerken.«
    »Wo wir uns doch alle sooo freuen, für Sie zu arbeiten«, feixte die Schwester. »Diese regelmäßigen Dienststunden, das fürstliche Gehalt, die nette und zuvorkommende Behandlung durch den Arbeitgeber, die riesige Dienstwohnung und die …«
    »Es reicht!«, unterbrach sie Wineberg. »Ich bin ein kranker Mann und Sie sollten Rücksicht darauf nehmen. Behandeln Sie mich und dann verschwinden Sie wieder.«
    Er überflog die Eilmeldung und las sie dann mit großen Augen nochmals. Die Krankenschwester war mit einem Schlag vergessen. Die Zeilen flimmerten vor den Augen Winebergs und die Buchstaben schienen zu tanzen.
    »Ist etwas?«, fragte die Frau im weißen Kittel plötzlich ehrlich besorgt, als sie ihm die übliche Spritze setzte. »Geht es Ihnen nicht gut?«
    Der Medienmogul winkte geistesabwesend ab. Dann griff er zu seinem Telefon und rief Elena Millt an. »Elena? Hat sich Paul Wagner in den letzten Stunden gemeldet?« Seine Stimme klang rau.
    »Nein, Mr Wineberg«, antwortete Millt, »ich habe mich auch schon gewundert, aber ich habe keine Nachricht mehr von ihm erhalten.«
    »Hat er jemals etwas zu diesen Exklusivmeldungen gesagt und dem höheren Honorar, das ich ihm angeboten habe?«
    »Nein, Sir, hat er nicht«, gab Elena zurück. »Er hat sich nach den ersten Berichten über die ermordeten Minister nicht mehr gemeldet.«
    Wineberg schwieg und drehte das Blatt in seiner Hand, wie um eine Antwort auf seine Fragen auf der Rückseite zu entdecken. Die Krankenschwester war dabei, ihm aus dem linken Arm Blut für die wöchentliche Kontrolluntersuchung abzunehmen.
    »Versuchen Sie ihn zu erreichen,

Weitere Kostenlose Bücher