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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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»Was ich allerdings nicht verstehe.«
    »Egal, Hauptsache, wir sind drinnen.« Paul sah sich nach allen Seiten um, dann betrat auch er vorsichtig den kleinen Raum mit den Gasphiolen.
    »Ich warte lieber hier«, stellte Sina fest, »ich wäre euch doch nur im Weg.«
    »Gute Idee«, brummte Johann und fuhr bedächtig mit den Fingerspitzen an den gespannten Bowdenzügen entlang. »Die Seilzüge aktivieren das Gestänge, das wiederum setzt irgendetwas in Bewegung. Es ist eine rein mechanische Konstruktion, aber ich sehe weit und breit keinen Motor. Sie funktioniert wohl nur mit Gewicht und Gegengewicht. Aber was zum Teufel löst sie aus?«
    »Tut mir leid, ich habe keine Ahnung«, seufzte Paul. »Kann ich dir sonst irgendwie helfen?«
    »Ja. Gib mir bitte den Seitenschneider aus dem Koffer. Ich fange an, die Drähte zu den Sprengladungen zu durchtrennen. Das sind reine Zünddrähte, ganz simpel«, murmelte Johann halblaut. Er sah sich unsicher um. »Ich werde das Gefühl nicht los, etwas übersehen zu haben … Das geht mir alles viel zu einfach.«
    »Freu dich doch …«, gab Wagner zurück und drückte Johann die Zange in die Hand. »Die haben eben nicht mit einem Experten wie dir gerechnet.«
    »Hybris …«, brummte Georg mit finsterer Miene und betrachtete den Gang hinter ihm.
    »Was?« Wagner drehte sich um und sah den Wissenschaftler alarmiert an.
    »Die alten Götter straften den selbstüberschätzenden Hochmut«, brummte Sina und schaute misstrauisch Johann zu, der einen Draht nach dem anderen durchtrennte.
    »Du findest auch immer ein Haar in der Suppe«, ärgerte sich Paul. »Was soll hier bitte noch schiefgehen? Du hast doch Johann gehört. Er findet keine Falle.«
    »Allerdings auch keinen Zeitzünder«, gab der schmächtige Mann zu bedenken und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. »Eine noch und wir haben es geschafft.«
    »Still!«, zischte Paul plötzlich und legte den Kopf schräg. »Hört ihr das? Es wird immer lauter …«
    Johann erstarrte, den Griff der Zange zwischen den Zähnen und zwei Drähte in der Hand. Sina steckte den Kopf in die Kammer und lauschte ebenfalls aufmerksam.
    »Da tickt doch etwas. Aber als wir hereingekommen sind, war das Geräusch noch nicht da.« Wagner umkreiste vorsichtig die Glasbehälter.
    »Das ist ein Luftfeuchtigkeitsmesser!«, rief Sina alarmiert. »Die Dinger kenne ich, die stehen in jedem Archiv und jedem Ausstellungsraum. Ein beweglicher Schreibarm notiert jede Veränderung der …«
    Ein heller Blitz zuckte auf, die noch nicht entschärfte Sprengladung explodierte und eine starke Druckwelle schleuderte Georg zurück in den Stollen. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen und es wurde dunkel und ganz still. Als Georg wieder zu sich kam, fand er sich in einer dichten Staubwolke wieder, die sich nur langsam senkte. Die Strahlen der Grubenlampen glühten gedämpft durch die braune, aufgewirbelte Erde, wie die Sonne hinter einem dichten Hochnebel.
    Sina stemmte sich auf die Beine und hastete auf die Kammer zu. Ein heftiger Schmerz in der Brust zwang ihn, stehen zu bleiben. Er hielt sich die Seite und schrie verzweifelt nach Paul.
    Durch das anhaltende Klingen in seinen Ohren hörte er, wie Ziegelsteine und Metallteile verschoben wurden. Abermals brüllte er nach seinem Freund, bis ein heftiger Husten seine Kehle zuschnürte. Er bekam keine Antwort.
    »O mein Gott, das Gas …«, keuchte Sina, »wir waren es, wir selbst waren die Auslöser. Die haben die ganze Zeit fix mit uns gerechnet …«
    »Georg?« Die etwas brüchige Stimme Pauls kam aus der Staubwolke. »Ich lebe! Ich weiß nicht, warum, aber ich lebe!«, rief Wagner und dann lachte er wie von Sinnen. Doch plötzlich verstummte er wieder. »Komm schnell rein, Georg! Johann sieht gar nicht gut aus.«
    Der Staub lichtete sich nur langsam. Sina spähte in die Kammer und erkannte Paul, der auf dem Boden neben Johann kniete und ihm half, sich aufzusetzen. Seine Arme und sein Gesicht waren mit tiefen Schnittwunden übersät und das Blut tropfte auf den Boden.
    »Die haben uns ordentlich verarscht«, hustete Johann und rappelte sich langsam auf. »Die Ladungen waren gerade so stark, dass es das Glas der Phiolen zerreißt. Die anderen sollten Löcher in die Decke sprengen, um das Erdreich runterkommen zu lassen. Gerade so viel, dass …«
    Georg war hereingekommen und dann geschah es. Mit einem lauten Ächzen begann sich der Boden zu senken. Die Bowdenzüge spannten sich, die Klappen der Luftschächte gingen

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