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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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nach oben und die Treibriemen setzten sich in Bewegung. Ein ohrenbetäubendes Knarren und Krächzen wurde laut. Alle starrten sich ungläubig an. Nach einer gefühlten Ewigkeit saugte ein Luftstrom Staub und Qualm in die offenen Luken.
    Eddy Bogner hatte die Explosion gehört und kniete regungslos vor dem Loch im Boden der Kirche, aus dem Staubwolken drangen. Er wollte etwas rufen, aber seine Kehle war wie zugeschnürt. Dann erschrak er heftig, als etwas auf seinen Kopf fiel. Irritiert tastete er seinen Scheitel ab und spürte kleine Steinchen und Staubkrümel.
    »Da oben!« Frank und Helmut deuteten nach oben und ihre Stimmen verrieten Panik. Bogner fuhr herum und schaute auf die schweren Metalllüster über ihm. Aus ihrer Verankerung rieselte Verputz und Mörtel. Eddy sprang wie in seinen besten Zeiten im Ring zur Seite und beobachtete fassungslos, wie sich die Metallringe an ihren Ketten senkten. Ihr Gewicht öffnete die Klappen an der Außenseite und verwandelte die Strebepfeiler in Kamine für das Gas. Die Todesengel dämpften ihre Fackeln aus.
    Im nächsten Augenblick wurde die Kirche von einem Ächzen und Knarren erfüllt. Frank stürzte hinaus zur Tür, nur um Sekunden später wieder den Kopf hereinzustecken.
    »Chef, das musst du dir ansehen!« Frank brüllte aus Leibeskräften. »Überall an den Strebepfeilern gehen Klappen auf, und heraus kommt hellbraunes Zeug!«
    »Raus! Raus! Raus!«, schrie Bogner, riss Helmut am Arm mit und rannte los. »Sie haben’s nicht geschafft! Nehmt die Beine in die Hand! Nichts wie weg hier!«
    Eddy rannte wie schon lange nicht mehr. Der Weg zum Ausgang kam ihm wie eine Marathondistanz vor. Sein Pulsschlag hämmerte gegen sein Innenohr, aber er blieb nicht stehen. Wie in Zeitlupe sah er seine Jungs aus der Kirche stürzen und in den Wagen springen. Zwei starke Arme packten ihn und zerrten ihn in den Laderaum, bevor der schwarze Kleintransporter mit quietschenden Reifen durchstartete.
    »Schau, Pepperl, jetzt haben’s die Herren plötzlich eilig«, kicherte die Alte auf der Parkbank ihrem hechelnden Hund zu, der die Ohren gespitzt hatte. »Aber wir zwei, wir haben unser Leben gelebt, stimmt’s, mein Wutzi?« Dann öffnete sie ihre Handtasche und holte ein Handy heraus. Während sie zusah, wie sich die braunen Schwaden langsam im Wind um die Kirche auflösten, betätigte sie die vereinbarte Kurzwahl, die der nette junge Mann, den sie aus dem Fernsehen kannte, ihr eingespeichert hatte.
    »Ja? Hallo? Hier ist Wowerka … Genau, vom Donaufeld. Gute Nachrichten habe ich für Sie … Ja, meine Kinder werden es jetzt besser haben. Danke!«, sagte sie und legte auf. Dann stand sie auf und machte sich auf den Heimweg, einen widerstrebenden Pepperl an der Leine hinter sich herziehend.
    Nussdorfer Wehr- und Schleusenanlage, Wien-Brigittenau/Österreich
    V alerie hatte den Pizza Expresss unter den tief hängenden Zweigen einiger Bäume südlich des ehemaligen Verwaltungsgebäudes geparkt, war ausgestiegen und hatte den Männern bedeutet, noch in den Wagen zu bleiben. Wie eine Touristin war sie zum Ufer der Donau spaziert, hatte aufs Wasser hinausgeschaut und dabei unauffällig die Zeit auf ihrer Fliegeruhr kontrolliert. Nach einigen Minuten hatte sie sich umgedreht und war zum Wagen zurückgegangen. Jetzt bog sie auf den Hauptweg ein, von wo sie das Wasser des Kanals in der Nähe der Uferbefestigung überwachen konnte. Schnell entdeckte sie die Feuerwehrzille mit dem rudernden Burghardt und dem im Heck thronenden Berner.
    Auf der Uferpromenade kamen ihr eine Joggerin und ein Radfahrer entgegen, die sich angeregt unterhielten. Alles schien so friedlich. Eine junge Mutter in kurzen Hosen schob auf einem Morgenspaziergang ihren Kinderwagen vor sich her und beschloss, auf dem Rasen zwischen den Bäumen eine Pause einzulegen. Sie breitete eine Decke aus, holte das Baby aus dem Wagen und machte es sich bequem.
    »Haut bloß ab hier«, flüsterte Valerie und blickte nervös auf die junge Frau. Dann lief sie zurück zum Wagen und hielt dabei wieder nach der Zille Ausschau.
    »Und ihr zwei Süßwassermatrosen, macht Tempo, sonst bemerken sie euch doch noch«, murmelte sie, öffnete die Fahrertür und ließ sich in den Sitz fallen.
    »Und?« Franz schaute sie forschend an.
    »Noch sind wir im Plan, aber ich weiß nicht, wie lange noch«, antwortete Valerie und fuhr sich mit einem Finger prüfend über die tiefe Schramme auf ihrer Stirn. »Hier sind zu viele Menschen unterwegs und wir können die

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