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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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kommt erst noch. Zwei berühmte Feldherren – Feldmarschall Radetzky und von Wimpffen – sind neben einem sitzend begrabenen ehemaligen Armeelieferanten namens Pargfrieder bestattet.«
    Berner schluckte den letzten Bissen des Croissants hinunter. »Der Radetzky?«
    Wagner nickte.
    »Sitzend begraben? Na ja, jeder nach seiner Fasson …«, brummte Berner nachdenklich.
    Paul setzte nach. »Ja, aber würden Sie sich mit Asphalt einbalsamieren lassen?«
    »Mit Asphalt?« Berner war verblüfft. »Der ist doch schwarz. Da sieht man ja nachher aus wie der Teufel persönlich. Was war das für ein seltsamer Vogel? Wie finden Sie diese Typen immer wieder, Wagner?«
    »Die finden mich«, antwortete der Reporter und berichtete dann von dem nächtlichen Abenteuer in Nussdorf.
    Berner studierte die Speisekarte oder tat zumindest so. Sie hatte sich seit Jahren nicht geändert und der Kommissar kannte sie auswendig. »Ruzicka hat mich bereits informiert, sozusagen in einer telefonischen Nacht-und-Nebel-Aktion«, grummelte er. »Was ist das für eine Geschichte mit dem Kreuz und den geheimnisvollen Buchstaben? Der arme Gerald glaubt, ihr verheimlicht ihm schon wieder etwas.«
    Wagner winkte ab. »Ich wollte, wir hätten auch nur den Schimmer einer Ahnung, was es mit dem Kreuz auf sich hat«, antwortete der Reporter. »Der Herr Professor schläft bei mir seinen Rausch aus und ans Telefon ist er auch nicht gegangen. Aber mich beunruhigen eher der Bombenanschlag und die tote Ministerin als Georgs ehemaliger Lehrer. Obwohl, seltsam ist es schon …«
    Wagner griff in seine Tasche, als sein Handy zu läuten begann, und nahm das Gespräch an.
    »Der Obduktionsbericht ist fertig«, meinte der Anrufer hastig, ohne wertvolle Zeit mit einer Einleitung zu verschwenden. »Es war eine …«, es raschelte und er schien die richtigen Unterlagen zu suchen, »… hochkonzentrierte Acrylamid-Lösung. Heißt … Moment … Rotiphorese Gel.«
    Wagner war verwirrt. »Sorry, ich stehe auf der Leitung. Obduktion von wem?«
    Berner runzelte die Stirn und schaute den Reporter abwartend an.
    »Das Gift war im Tampon. Beantwortet das die Frage?« Dann war die Leitung tot.
    »Die Ministerin ist ermordet worden«, flüsterte der Reporter. Er hatte die chemischen Begriffe auf die Ecke einer Papierserviette gekritzelt. »Sagt Ihnen eine … Acrylamid-Lösung etwas?«
    Berner fuhr überrascht zurück. »Roti… irgendetwas Gel oder so ähnlich?«, fragte er dann grimmig.
    »Sind Sie Hellseher?« Wagner war verblüfft. »Rotiphorese Gel. Das Gift war in einem Tampon. Tödliche Dosis.«
    »Bei mir war es in der Milch«, entgegnete Berner und begann zu erzählen.
    Universität, Innere Stadt, Wien/Österreich
    P ünktlich um elf stand Ireneusz Lamberg vor dem Haupteingang der Alma Mater Rudolfina, der größten, ältesten und sicherlich auch prächtigsten Universität Österreichs. Georg Sina war – wie erwartet – noch nicht da. Er hatte Lamberg eine kurze SMS geschickt und angekündigt, dass er sich leider um zehn Minuten verspäten würde. Der alte Mann war enttäuscht. Für das scheinbar in Mark und Bein von hiesigen Akademikern übergegangene »cum tempore«, also die übliche Verspätung von fünfzehn Minuten, hegte er weder Sympathie noch Verständnis. Ein ausgeglichenes Zeitmanagement empfand er für Gentlemen als Verpflichtung. Pünktlichkeit war nicht umsonst die Tugend der Könige.
    Lamberg schaute nochmals auf die Uhr und blickte sich dann mehrmals um. Obwohl er im Schatten zwischen den breiten Säulen der Loggia des Repräsentationsbaus im Neorenaissancestil stand, fühlte er sich wie auf einem Präsentierteller und dieser Umstand behagte ihm gar nicht. Argwöhnisch behielt er die große Freitreppe und die Zufahrtsrampen links und rechts im Auge.
    Für Lambergs Geschmack ließ man hierorts Ordnung und Disziplin ohnedies ein wenig zu sehr schleifen. Leere Getränkeverpackungen, zerknülltes Papier und sonstiger Müll lagen auf den steinernen Stufen und vor den überquellenden Abfalleimern. Selbst die Aschenbecher waren rettungslos überfüllt, und mit Aufklebern verunzierte Hinweisschilder erinnerten an das Rauchverbot im Inneren des Gebäudes. Wie zum Hohn kam eine Studentin, eine Zigarette im Mundwinkel, die Stufen herunter und grinste ihn herausfordernd an. Lamberg runzelte die Stirn. Dass der Lehrkörper so etwas toleriert, wunderte er sich, dann fiel sein Blick auf die ausgehängten, kleinformatigen Plakate und handgeschriebenen Spruchbänder an

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