Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
jungen Mann gewesen sein, dass er bereit war eher sein Leben zu opfern, als sich zwischen Liebe und Tanzkarriere zu entscheiden.
Peter Nachtigall hatte kein gutes Gefühl dabei, als er den Umschlag öffnete.
Auf schwarzem Papier hatte Markus seinem Freund eine Nachricht hinterlassen, die nicht falsch zu interpretieren war.
Liebster Florian,
Jemand wird dir diese Zeilen vorlesen müssen, aber ich bin sicher, es kommt die Zeit, in der du wieder selbst lesen können wirst. Schon bald. Dann soll dieser Brief dein Begleiter sein, der dir Kraft gibt, alle Herausforderungen zu meistern, die auf dich zukommen werden.
Du wirst sie nicht allein bewältigen müssen, ich werde bei dir sein.
Den Mord an meinem Vater habe ich für uns begangen. Ich wünschte nur, ich hätte es schon vor Wochen getan, dann wärst du nie in diese schreckliche Situation gekommen. Mein Zögern, meine Feigheit, meine Liebe sind schuld an deinem Zustand. Vielleicht wirst du mir eines Tages vergeben können.
Meine wohl gesponnene Intrige hat ihren Zweck nicht erfüllt und nun trage ich eben die Konsequenzen.
Zum Abschied schenke ich dir ein paar rosenstolze Grüße. So werde ich nicht alleine sterben.
Ich liebe dich bis in den Tod und darüber hinaus.
Wer weiß, wo wir uns einmal wiedersehen!
Dein Markus
»Er wird sich umbringen.«
»Ja. Das ist eindeutig. Das Geständnis auch. Aber ein paar Dinge sind für mich nicht zu deuten. Vielleicht kann uns Frau Mehring da weiterhelfen.«
»Das müssen wir versuchen. Der Mord ist jedenfalls damit aufgeklärt – der Brief passt zu dem, was wir schon selbst herausgefunden hatten.«
»Bleibt noch die Frage nach dem Gift.«
Als sie gerade wieder in die Leipziger Straße einbiegen wollten, meldete sich Nachtigalls Mobiltelefon.
»Ja – Michael?«
»Das Klinikum hat angerufen. Rolf Bartel ist an einem subduralen Hämatom verstorben. Sie konnten ihm nicht mehr helfen. Der Arzt erklärte mir, es sei eine typische Komplikation bei solchen Schädeltraumata. Erst scheint der Patient noch relativ klar – plötzlich trübt er ein, wird bewusstlos. Im MRT, meinte er, konnte man das ganze Ausmaß der Blutung erkennen. Rolf Bartel ist vor ungefähr zwei Stunden gestorben.«
»Nun werden wir vielleicht nie herausfinden, wer ihn überfallen hat und was das mit dem Fall Mehring zu tun hatte.«
»Die Kollege suche im Wald nach Spure. Die finde bestimmt noch was, das uns weiterhilft – jetzt ist es ein Tötungsdelikt.«
»Der junge Mehring hat bei seinem Freund einen Abschiedsbrief hinterlassen. Mit Geständnis. Und rosenstolze Grüße.«
»Ja. Kann schon sein, dass der die Musik vo dene gut fand. Die spiele heut übrigens an der F60. Leider regnet’s – aber es ist noch ein bisschen Zeit, um abzutrockne. Wird bestimmt ein großes Event.«
»An der F60? Das ist diese riesige Fördermaschine, die kaum im Einsatz war, oder?«, fragte Nachtigall erstaunt. »Das ist doch viel zu gefährlich, da ein Konzert stattfinden zu lassen!«
»Nicht auf der F60 – an der F60. Das Ding wird dann beleuchtet und manchmal starten sie ein Feuerwerk aus dem Gestänge. Die Bühne ist natürlich auf dem Boden!«, lachte der junge Ermittler.
»Wo steht denn das Ding – muss doch hier ganz in der Nähe sein, oder?«
»Richtung Finsterwalde. Lichterfelde. Es ist Bestandteil der internationalen Bauausstellung.«
»Finsterwalde? Dahin ist auch Paul Mehring unterwegs! Ich glaube, der weiß, wohin sein kleiner Bruder heute Abend geht.«
Sie kehrten um und brausten Richtung Autobahn los.
45
Das Gelände unter dem gigantischen Ausleger war durch bunte Scheinwerfer in beinahe mystisches Licht getaucht. Die Bühne für ›Rosenstolz‹ gehörte allerdings im Moment der Vorgruppe. Sehr voll war es um diese Zeit noch nicht. Vereinzelt standen Konzertbesucher in kleineren Gruppen zusammen und unterhielten sich, man trank Sekt, schmuste miteinander und eine lockere Heiterkeit lag über dem Platz. Zum Glück hatte der Regen aufgehört, nachdem er den Staub gründlich abgewaschen und fortgespült und eine angenehme Kühle zurückgelassen hatte. Markus Mehring beobachtete eine Gruppe in orangefarbenen T-Shirts, die mit Lappen und Schwämmen durch die Stuhlreihen ging und die Sitzflächen trockenrieb, während andere den Besuchern die Plätze anwiesen.
Er sah sich um. Eine Metalltreppe führte zu einer Plattform – von dort aus konnte man auf einen abgezäunten Weg steigen, auf dem Besucher auf der F60 entlang gehen konnten.
Weitere Kostenlose Bücher