Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
»Es tanzen doch mindestens 10 Teufel in der ersten Reihe, oder?«
»Sieben. Und daneben fünf Solotänzer, einer davon männlich.«
»Das bedeutet doch ...«, Michael Wieners Stimme drohte endgültig zu kippen, »hat denn jede von der anderen gewusst?«
»Zunächst sicher nicht. Vielleicht wollten wir es auch nicht wissen, haben immer nur etwas geahnt, aber nach seinem Tod haben wir uns ausgetauscht. Dabei wurde rasch klar: Er hat sein mieses Spiel mit jeder getrieben.«
»Sie haben das nie gemerkt? Nie vorher in kleinem Kreis darüber gesprochen?«
»Ich glaube, wir wollten es nicht wahrhaben. Für die ganz große Karriere ist beinahe jedes Mittel recht. Es ist schwer, sich selbst einzugestehen, wie weit man wirklich bereit ist zu gehen.«
Sie wich seinem Blick nicht aus. Kati machte sich nichts vor.
»Als ich von meinem Freund schwanger war, habe ich erkannt, wie blöd ich mich verhalten habe! Erst dann! Vorher hielt ich es für vertretbar. Dadurch bin ich mit schuld daran, dass er immer weiter machen konnte. Ich bin froh, dass er tot ist!«
»Und seine Frau?«
»Ach die. Die hat er zu Hause eingesperrt und ich glaube nicht einmal, dass sie auch nur das Geringste von seinen Eskapaden weiß oder ahnt. Für sie war er immer der Mann schlechthin.«
»Dann ist sie nicht Mitglied im Verein?«
»Nein, dafür hat er schon gesorgt. Sie hätte ihn doch bei seinem Spielchen nur gestört. Aber wir Teufelinnen wollten auf keinen Fall, dass es mit Bartel einfach so weiterläuft. Wir werden sehen, was passiert.«
Sie begleitete ihn hinaus und riet ihm sich mit Marianne zu treffen. Sie stünde mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Realität und könnte sicher jede Menge Informationen beisteuern. Er könne sich auf sie, Kati Andreas, berufen.
Und zum zweiten Mal an diesem Morgen stand Michael Wiener ratlos in einem fremden Treppenhaus.
Marianne Voigt arbeitete bei ›Vattenfall‹, dem Energieriesen aus Schweden. Sie habe jetzt keine Zeit, richtete ihre Sekretärin ihm aus, er möge seine Karte zurücklassen und sie würde sich mit ihm in Verbindung setzen. Michael Wiener notierte auf der Rückseite der Karte die Bitte, sie möge sich noch am Abend bei ihm melden, und fuhr ins Büro zurück.
20
»Guten Morgen, was ist denn los? Du siehst einfach schrecklich aus!«, begrüßte Albrecht Skorubski seinen Freund, als er mit ihm im Büro zusammentraf.
»Birgit«, stöhnte Nachtigall, was als Antwort nicht viel taugte.
»Birgit? Hatte sie einen Unfall, ist sie krank?«
»Ach was, es ist viel schlimmer. Sie ist gestern bei mir aufgetaucht. Ich war gerade bei den Vorbereitungen für ein kuscheliges Dinner. Birgit wollte nur schnell duschen und ich Trottel dachte, danach würde sie gehen. Aber nein! Sie kam halb nackt die Treppe runter und Conny hat natürlich gedacht ... Naja. Dann ist Conny weggelaufen und ich habe die ganze Nacht versucht, sie zu erreichen. Ohne Erfolg.«
»Sie ist richtig sauer, wie? Verstehen kann ich das ja – wenn Birgit halb nackt in deinem Haus rumläuft. Und nun, was ist mit Birgit?«
»Die wollte ich eigentlich sofort in ein Hotel verfrachten, doch ihr Norweger hat ihr das Konto gesperrt. Sie hat keinen Cent. Hat alles für Benzin verbraucht.«
»Und nun?«
»Ich kann sie nicht einfach hochkant rauswerfen.Wo soll sie dann schlafen? Unter einer Brücke an der Spree?«
»Sie wird doch wohl hier noch Freundinnen haben. Eine davon kann sie sicher aufnehmen.«
»Birgit behauptet, bei Sybille und Marie wäre niemand zu erreichen, die seien in Urlaub. So ein Shit!«
»Wie lange will sie denn überhaupt bleiben? Für immer oder will sie sich grundsätzlich wieder mit ihrem Geologen versöhnen und braucht nur ein bisschen Abstand?«
»Mal nicht den Teufel an die Wand! Für immer!«
»Du musst dir doch letzte Nacht etwas überlegt haben.«
»Ich hatte für Conny und mich gekocht – da ich sie nicht erreichen konnte, habe ich mich nicht getraut, ihr die Pasteten vor die Tür zu stellen. Ich habe ihr eine Nachricht im Briefkasten hinterlassen und auf ihre Mailbox und auf ihren Anrufbeantworter gesprochen.«
Albrecht Skorubski warf seinem Freund einen besorgten Blick zu. Hoffentlich würde es ihm gelingen, den Kontakt zu seiner Freundin wieder herzustellen – Skorubski spürte die Verzweiflung Nachtigalls und fühlte sich hilflos. Sein eigenes Geschick im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht in dramatischen Krisensituationen war äußerst begrenzt.
»Hast du schon daran
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