Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
Kollegen von der Schutzpolizei an.
»Eine Streife sollte bei Mehring in Kahren vorbeifahren und nachfragen, wo der junge Mann seinen Nachmittag verbracht hat. Auf meinem Schreibtisch müsste eigentlich ein Durchsuchungsbeschluss liegen, wenn ihr den mitnehmt, dann könntet ihr den Computer gleich konfiszieren und zur Technik bringen, alle Datenträger brauche ich auch.«
»Geht klar. Nachricht aufs Handy?«
»Ja. Notfalls auf die Mailbox.«
Aus dem Augenwinkel registrierte er eine Gestalt, die ihm bekannt vorkam, konnte sie aber nicht identifizieren. Naja, auch andere Menschen besuchten kranke Freunde oder Angehörige. Da konnte es schon sein, dass aus seinem Bekanntenkreis noch jemand einen Krankenbesuch machte.
Er beendete das Gespräch und zog dann den Zettel mit Paul Mehrings Mobiltelefonnummer aus der Tasche.
»Katharina Murnau«, meldete sich die angenehme Stimme der Freundin. Aus dem Hintergrund hörte Peter Nachtigall eine Kinderstimme »Und Lucas Murnau!« rufen und lächelte. Jule hatte sich auch immer übergangen gefühlt, wenn er sie am Telefon nicht erwähnte.
»Hauptkommissar Nachtigall. Frau Murnau, ich hätte gerne gewusst, wo Paul Mehring sich gerade aufhält.«
»Das ist einfach zu beantworten. Er sitzt über einer Präsentation, die er direkt in der ersten Semesterwoche halten soll. Schon den ganzen Nachmittag. Dabei scheint draußen die Sonne – was für eine Verschwendung. Aber Sie müssen ja gleichfalls arbeiten, nicht wahr?«
»Ja, darauf nehmen die Täter leider keine Rücksicht. In der Therme in Burg zu entspannen würde mir jetzt auch mehr Spaß machen«, lachte er und Katharina reichte das Telefon an ihren Lebenspartner weiter.
»Hallo, Herr Nachtigall!« Es schepperte laut im Hintergrund und Paul rief: »Katharina, kann ich dir was helfen? Nein? Na dann. Wir haben nämlich heute Abend noch Gäste und Katharina ist bei den Vorbereitungen. Wie kann ich Ihnen helfen? Oder geht es um dieses Fiasko heute bei der Testamentseröffnung?«
»Ich denke, das war für alle ein Schock. Selbst dieser Herr Will war völlig fertig. Aber mich hat es eigentlich nicht gewundert – er hat immer nur versucht seine Mitmenschen zu treffen. Irgendwie habe ich schon geahnt, dass er das Haus und die Firma verkaufen lassen wird. Meine Mutter war völlig verstört. Es wird sich zeigen, wie sie mit der neuen Situation klarkommt.« Er seufzte. »Wir werden sie natürlich unterstützen, wo es nur geht.«
»Ja, für sie war es ein herber Schlag. Wo waren Sie denn heute Nachmittag? Nach dem Termin mit dem Notar?«
»Hier. Ich habe eine wichtige Präsentation vorzubereiten und habe heute intensiv daran gearbeitet. Arbeit lenkt mich prima von meinen Problemen ab.«
»Problemen? Für Sie haben sich die Probleme nicht vergrößert, oder?«
»Nein. Mich konnte er nicht mehr so richtig verletzen – und sollte sich diese Klausel, die er vor mein Erbe gesetzt hat, nicht anfechten lassen, ist es in Ordnung. Ohne sein Geld geht es auch. Glück ist das wichtigste im Leben, lieben und geliebt werden. Daneben ist alles andere nichts wert, meinen Sie nicht, Herr Nachtigall?«
Der Hauptkommissar schluckte hart.
»Ja. Da haben Sie vollkommen recht. Sollten sich noch weitere Fragen ergeben, melde ich mich. Schönen Abend noch.« Damit legte er hastig auf.
›Der junge Mann hat ja so recht!‹, dachte er, ›deshalb wirst du heute versuchen, dein Glück zu retten!‹ Es wurde nun wirklich Zeit für eine spektakuläre Aktion.
Wo konnte Conny um diese Zeit sein? Beim Sport?
Er stieg in seinen Wagen und fuhr in seine Sporteinrichtung. Ihm würde es auch gut tun zu versuchen seine wirren Gedanken zu ordnen und wenn ihm Conny dabei über den Weg lief, umso besser!
Sein Trainingsplan sah vor, dass er, nach der Erwärmung, einige Übungen für Arme und Rumpf am Seilzug durchführte. Dabei zählte er bei jedem Durchgang bis 25. Das Zählen schien seinen Kopf freizumachen, auf einmal war wieder Platz für kreative Überlegungen.
Bartel war zusammengeschlagen worden, jemand hatte ihn übel zugerichtet. Aber wenn es keiner der betrogenen Ehepartner war, wer hätte sonst ein Motiv haben können, dem Chefchoreografen etwas anzutun? Leise ratterte die Metallstange, wenn sie wieder in die Führung glitt. Das gleichmäßige Geräusch wirkte beruhigend.
Nachtigall sah sich im Trainingsraum um und registrierte, wie leer es war. Zu heiß, die Leute schwitzten schon, bevor sie überhaupt mit dem Training anfingen.
Gut, Rolf
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