Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
der Einlieferung wieder bei Bewusstsein – aber jemand hat ihn wohl mit einem Rohr oder einer Stange verprügelt.«
»Und Sie glauben, er ist in der Lage, eine Aussage zu machen?«
»Ja – er kann sich bestimmt nicht mehr an die Einzelheiten des Überfalls erinnern, aber er scheint ziemlich genau zu wissen, was er Ihnen erzählen möchte.«
»Ich komme.«
»Den Beschluss bekommen wir. Motiv überlege ich noch – wenn es nicht nur allgemeiner Hass war. Ich fahre jetzt ins Krankenhaus und ihr macht Schluss. Sollte sich akut etwas ergeben, melde ich mich.«
Rolf Bartel lehnte mit leicht aufgerichtetem Oberkörper in einem Bett, das mehrere Nummern zu groß für ihn zu sein schien. Die gelblich-weiß gestreifte Klinikbettwäsche zauberte einen Hauch von Übelkeit in sein Gesicht. Beide Arme waren eingegipst, ein Bein auch und um seinen Kopf wand sich ein weißer Turban. Die Lippe war aufgeplatzt, das Gesicht unsymmetrisch angeschwollen. Das rechte Auge hatte sich dunkelviolett verfärbt und war in der konturlosen Masse unter der Augenbraue nur noch zu erahnen. Der kleine Mann hatte einen schmerzverzerrten Zug im Gesicht. Eine Infusion leitete eine gelblich transparente Flüssigkeit in die linke Hand und weitere Flaschen hingen schon bereit.
»Herr Bartel?«, fragte Nachtigall leise.
»Gut, dass Sie gekommen sind«, nuschelte der Verletzte schwach und Nachtigall musste sich große Mühe geben seine Worte zu verstehen.
»Was ist passiert?«
»Prügel. Baseballschläger glaube ich.« Er ächzte, als bereite ihm das Sprechen Schmerzen.
»Haben Sie gesehen, wer Sie angegriffen hat?«
Die Antwort ließ diesmal ziemlich lange auf sich warten.
»Maske«, keuchte Rolf Bartel dann.
»Aber Sie glauben, Sie haben den Täter trotzdem erkannt, nicht wahr?«
Rolf Bartel nickte vorsichtig.
»Wer?«
Wieder ließ der Verletzte sich mit der Antwort viel Zeit.
»Mehring«, hauchte er dann und der letzte Rest Farbe wich aus seinem Gesicht.
Nachtigall klingelte nach der Schwester.
Auf dem Gang sprach er den behandelnden Arzt an und fragte nach der Schwere der Verletzungen, die Rolf Bartel erlitten hatte.
»Ich würde sagen: Er hatte Glück. In jeder Hinsicht. Es war warm, der Körper konnte nicht auskühlen, er ist deshalb nicht erfroren. Der Angreifer hat ihn so hart geschlagen, dass er auch hätte sterben können, aber dieser Mann ist zäh. Die Rippen sind nicht einmal gebrochen, sondern nur geprellt. Er ist recht biegsam – alles hat nachgegeben, ist ausgewichen – und das Entscheidende: Der Täter muss geglaubt haben, er sei tot. Herr Bartel behauptet, der Mann habe an seinem Hals nach etwas getastet. Sehen Sie, gerade in Stresssituationen ist es nicht einfach, den Puls zu ertasten, und so ließ er von seinem Opfer ab.«
»Und der Kopf?«
»Er hat zwei Schläge auf den Kopf bekommen und sich eine ziemliche Gehirnerschütterung zugezogen. Es erstaunt mich, dass er schon wieder bei Bewusstsein ist. Aber er wollte Ihnen wohl unbedingt eine wichtige Mitteilung machen.«
»Herr Doktor Manz – der Patient trübt ein!«, rief die Schwester aus Bartels Zimmer und der junge Arzt zuckte mit den Schultern, als wolle er sagen, sehen Sie, und lief eilig über den Gang davon.
Peter Nachtigall setzte sich im Ruhebereich auf einen der unbequemen Metallstühle und sehnte sich nach einem Kaffee. Er sah auf die große nüchterne Uhr an der Wand und stellte fest, dass es längst Zeit fürs Abendessen war. Wieder ein Brötchen im Auto?
Und wie hatte Bartel das gemeint ›Mehring‹? War Mehring der Angreifer? Welcher Mehring? Oder ging es bei dem Angriff um Mehring? Vielleicht doch einer von den betrogenen Ehegatten, der Bartel eins auswischen wollte, sozusagen als Vorababreibung, damit er in Zukunft gar nicht erst auf die Idee kommen würde, die weiblichen Teufel anzumachen?
Der Hauptkommissar wischte sich den Schweiß von der Stirn. Rolf Bartel hatte gesagt, der Mann, der ihn angegriffen hatte, habe eine Maske getragen, da konnte er ihn ja wohl kaum erkannt haben. Also sollte seine Aussage etwas anderes bedeuten, aber was?
Als die Schwester an ihm vorüberkam, hielt er sie an. »Entschuldigen Sie, kann ich wohl noch einmal mit Herrn Bartel sprechen?«
»Heute sicher nicht mehr. Wenn Sie mir Ihre Nummer hinterlassen, kann ich dafür sorgen, dass Sie angerufen werden, wenn er wieder ansprechbar ist.«
Nachtigall bedankte sich und hinterließ die Nummer vom Büro.
Auf dem Weg zum Parkplatz rief er die
Weitere Kostenlose Bücher