Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz
Stirn. »Unser Chef, also, du weißt schon … ja. Der Karl hat ziemlich geheimnisvoll getan die letzte Zeit. Ich mein, er war immer zurückhaltend, aber zum Schluss hat er noch weniger gesagt. Mit Fragen hat man ihm nicht kommen dürfen, da war er eigen.«
»Verstehe«, nickte Berenike und griff nach den Teeutensilien.
»Er war immer eher der schweigsame Typ, wenn du verstehst. Wenig im Wirtshaus, nur bei der Freiwilligen Feuerwehr hat er sich engagiert, das war eins der wenigen Dinge, wo er unter Leut gekommen ist. Ja, er war halt von auswärts.«
»Das hast du erwähnt, genau.«
»Er hat schon vor längerem angekündigt, dass er am Donnerstag früher los muss, weil er einen wichtigen Termin habe. Je näher der Tag herankam, umso unruhiger hat er g’wirkt. Und als er dann losfahren wollte, hat er vor lauter Hektik den Rückwärtsgang eingelegt und hätt beinah unseren Kollegen, den Michl, umgefahren. War ihm furchtbar peinlich. Der Michl hat g’sagt, das kann jedem mal passieren. Ich hab den Karl gefragt, was los ist. Er wollt nicht damit herausrücken. Aber jetzt, wo der Karl tot is … also, wir haben g’redet, der Michl und ich. Und ihm ist eing’fallen, wie er einmal dazugekommen ist, vor ein paar Tagen erst, wie der Karl telefoniert hat. Und wie der Chef ihn bemerkt hat, hat er ganz leise weiter g’redet und das Telefonat schnell beendet. Ganz merkwürdig. Der Michl meint, das Wort Seewiese sei dabei gefallen. Weißt eh, die Hütte hinten beim Ausseer See!«
»Aber die ist doch geschlossen im Winter, nicht wahr?«
»Genau. Aber wer weiß. Es könnt auch Seesturm geheißen haben, der Michl war sich nicht mehr sicher. Ich frag mich, ob er noch zu dem Treffen gegangen ist. An dem Donnerstag haben wir ihn zum letzten Mal gesehen.«
»Du meinst, er könnte sich mit dem Mörder getroffen haben?«
»So was geht einem halt durch den Kopf, Berenike. Womöglich hat ihm derjenige aufg’lauert?« Helmut fuhr sich durch die Haare, drehte den Hut fahrig in seinen Händen. Um seine Augenwinkel zeigten sich erste Falten.
Donnerstag, Donnerstag … Mit einem Mal machte etwas ›pling‹ in Berenikes Kopf. »Aber, das ist ja derselbe Tag … du kennst sicher die Ariane Meixner?«
Helmut nickte. »Natürlich. Aber was hat das mit dem Karl zu tun?«
»Sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Wie es aussieht, ebenfalls seit Donnerstag. Wir haben sie überall gesucht.«
»Wie schrecklich«, murmelte Helmut. »Aber was können die zwei miteinander zu tun gehabt haben?«
»Was könnte dein Chef mit einer Journalistin besprechen wollen?«
»Wenn ich das wüsste! Hat sie ihn …?«
»… umgebracht und ist abgetaucht? Irgendwie glaub ich das nicht. Wenngleich …«
»Ja?«
Berenike musste an Arianes Drohungen gegen die Jäger denken. Aus einer Eingebung heraus beschloss sie, Helmut davon nichts zu erzählen. »Ach, weiß nicht. Hat der Jäger wirklich keinen Namen erwähnt, mit wem er sich treffen wollt?«
»Nein. Der Karl hat nie viel geredet, ums Verrecken nicht. Oh.« Helmut schlug sich die Hand vor den Mund. »Ich wollt nicht –«
»Ich weiß schon, Helmut.«
Sie tranken, einen Moment herrschte Stille, bis die ersten Gäste des Tages hereinpolterten.
»Sag, Helmut, kennst du dich mit den Strömungen im See aus?«
»Ja, aber … das hat die Polizei doch sicher längst …«
»Ich würd gern selbst sehen, wo man das Opfer ins Wasser gestoßen haben könnte.«
Helmut trank einen Schluck, setzte die Tasse ab. »Ich kenn die Strömungen. Wenn du mir zeigst, wo genau sie den Karl gefunden haben im Eis, dann könnten wir ausrechnen, wo er –« Er stockte, fuhr sich über die Augen. »Du weißt schon.«
»Gehen wir.«
8.
Kamillentee … wie bei Tante Salome
Berenike gab Susi bescheid, dann stapfte sie mit Helmut zu der Stelle, wo man den toten Jäger aus dem See geborgen hatte. Sie zeigte zwischen die Bootshütten. Breitbeinig ging der Forstassistent hin und her, wiegte den Kopf, sah zum mächtig verschneiten Loser auf, dann zur Trisselwand. »Sieht so aus, als wär er direkt gegenüber von hier ins Wasser gestoßen worden«, meinte er nach einer Weile, in der ihn Berenike stumm beobachtet hatte. »Bei der Seewiese wär eine Möglichkeit, an der Stelle. Dort ist das Wasser in Ufernähe seicht, die Eisdecke dünn. Dort ein Loch ins Eis zu schlagen, wäre relativ leicht.«
»Also war er tatsächlich dort.«
»Sieht so aus.«
»Wie sicher bist du dir, dass es so war?«, fragte Berenike.
»Sehr
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