Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)
Elzacher Schuttig zum Biespiel. Aber immer nu kurz – und dann woaß i wieder, dass es die schenscht Sach vu der Welt isch, en echte Villinger Narro zu si.«
Wieder sprang der Narro durch den Flur und machte dazu juchzende Geräusche, die durch die Scheme dumpf klangen.
»Aber, Herr Berger, äh, Maschgere«, widersprach Berta Gremmelsbacher. »Du springsch doch wie en junge Hupfer.«
»Des isch lieb, Mäschgerle«, antwortete der Narro. »Du siehsch au zehn Johr jünger us. Aber du häsch recht. Bi de Wiiber kumm i immer no guet a – die könnet mir nit widerstau. I han no jedes Johr ä andere.«
Berta Gremmelsbacher lächelte unsicher. Das klang nicht nach baldiger Hochzeit …
Zum Glück neigte sich die Unterhaltung dem Ende zu: »Also, dankschön – und e schen’s Woche’end. I gang nochher no uf de Zunftball un mach bim Einmarsch mit«, sagte der Narro.
»Dann wünsch i viel Spaß, Maschgere«, antwortete Berta Gremmelsbacher. »De Schinke isch übrigens im Kühlschrank.«
Sie ging langsam die Treppe hoch. Puh. Berger hatte sie ganz schön erschreckt. Auch als sie bereits vor der Haustür stand, dröhnten ihr noch immer der zünftige Narromarsch und der helle Klang der Rollen in den Ohren.
Sie schaute auf die Uhr. Zwanzig vor acht. Der Chef würde vor lauter Anprobe zu spät zum Zunftball kommen.
Aber sie dafür pünktlich zum Freitagskrimi im Fernsehen.
4. AM NARRENBRUNNEN
Kriminalhauptkommissar Stefan Müller wälzte sich in seinem Bett in der Rottweiler Königstraße hin und her. In letzter Zeit schlief er immer schlechter, sein Sodbrennen machte ihm zu schaffen. Heute Nacht spitzte sich die Problemlage zu: Beim Skat mit Freunden im Gasthof Kreuz in Villingendorf hatte er wohl einen Trollinger zu viel getrunken …
Wie spät es wohl sein mochte? Sechs Uhr? Sieben? Nein, so wurde das nichts. Weiterschlafen, weiterschlafen, redete er sich ein. Wenn du erst mal das Licht angemacht hast oder auf die Toilette gehst, findest du nie mehr in den Schlaf.
Womöglich würde er dann auch noch seine Frau wecken, die es wegen seines Schnarchens seit einigen Monaten vorzog, im Gästezimmer zu nächtigen. Gut so, dachte sich Hauptkommissar Müller in diesem Moment. Wahrscheinlich habe ich nach dieser Nacht mit dem Alkohol im Blut den halben Schwarzwald abgesägt …
Wieder wälzte er sich hin und her. Schließlich gab er auf. Leise fluchend drückte er den Knopf der antiken, vergoldeten Nachttischlampe und griff nach seiner Taschenuhr. Die hatte ihm sein Großvater mütterlicherseits hinterlassen – ein gebürtiger Triberger, der als Uhrmacher lokale Berühmtheit erlangt hatte.
Doch so schön die Uhr auch war, so mäßig war Müllers Laune, nachdem er einen Blick darauf geworfen hatte: Fünf Minuten vor fünf – viel zu früh, um aufzustehen.
Er setzte sich auf, schlüpfte in seine braunen Filzpantoffeln und schlurfte in Richtung Toilette, während er schlaftrunken ausrechnete: Um kurz vor eins ins Bett, das machten … gerade einmal vier Stunden Schlaf. Hoffentlich würde ihn seine Frau nicht wieder um halb acht wecken, damit er mit ihr auf den Markt ging. An Samstagen gehörte dies im Hause Müller eigentlich zum festen Ritual, seit sie nach Rottweil gezogen waren.
Müllers Triberger Haus hatte sich vor ein paar Jahren als baufällig erwiesen. Außerdem hatte er, nachdem er zur Kripo Villingen-Schwenningen versetzt worden war, darauf gepocht, in einem anderen Landkreis zu wohnen.
»Sonst fühle ich mich auch nach Feierabend so, als wäre ich im Dienst«, hatte er zur Begründung gesagt. Eigentlich hatte er diesen Schritt auch nicht bereut. Nur dass die Rottweiler genauso fasnachtsverrückt waren wie die Villinger und zunehmend auch Schwenninger – das störte ihn. Fasnacht bedeutete für ihn primär Überstunden und Ärger mit Betrunkenen, Sachbeschädigung und Körperverletzung.
Als er wieder in sein Bett kroch, beschloss er, nun ganz schnell und tief zu schlafen. Die Heizung bollerte vor sich hin. Ein guter Rhythmus zum Eindösen. Na also, es klappte doch. Schon träumte er. Was, wusste er nicht so genau – nur dass das Klingeln irgendwie nicht hineinpasste. Überhaupt nicht.
»Stefan«, ertönte eine weibliche Stimme.
Dann leuchtete es grell. »Stefan! Kommissar Winterhalter ist am Telefon.«
Die Stimme gehörte unzweifelhaft Müllers Frau. Er blinzelte, schaute dann abermals auf die Uhr. Viertel nach fünf. Verdammt. Er schlich zum Telefon. »Müller«, sagte er noch eine Spur
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