Naschkatze
ich eben nächstes Mal mit ihr reden. Wenn’s ein nächstes Mal gibt.
Es muss ein nächstes Mal geben.
»Hallo...« Ein Typ im grauen Kordanzug, der beim Zeitungskiosk in der Halle herumgehangen hat, schlendert zu mir.
Großartig. Das hat mir gerade noch gefehlt. Von einem Kerl angequatscht zu werden, der mich wegen meiner Kleidung für ein Landei aus dem Mittelwesten hält. Vermutlich glaubt er, ich würde darauf hereinfallen, wenn er mir erzählt, er sei Fotograf bei einer Modelagentur und würde mich gern in seinem Studio knipsen. Dann könnte er einen Star aus mir machen. Gähn ...
»Sorry«, sage ich, wende mich ab und steuere den Ausgang an. »Kein Interesse.«
Das ist der Grund, warum man die New Yorker für unhöflich hält. Aber daran sind nicht wir schuld, sondern solche Typen wie dieser hier, die uns New Yorker einfach anquatschen und natürlich misstrauisch gegen fremde Leute machen!
»Warten Sie!« Der graue Kordanzug folgt mir. O nein! »War das Jill Higgins, der Sie gerade gewinkt haben?«
Automatisch bleibe ich stehen. Ich kann nicht anders, weil der Name »Jill Higgins« eine magische Wirkung auf mich ausübt. Und das beweist doch, wie inbrünstig ich mir wünsche, ihr Brautkleid zwischen die Finger zu kriegen.
»Ja«, bestätige ich. Wer ist dieser Mann? Wie ein Perversling sieht er nicht aus... Andererseits – weiß ich denn, wie ein Perversling aussieht?
»Sind Sie ihre Freundin?«
»Nein.« Und plötzlich – einfach so – weiß ich, wer er ist. Erstaunlich, wie scharfsinnig man nach ein paar Monaten in Manhattan wird. »Für welche Zeitung arbeiten Sie?«
»Für das New York Journal «, antwortet er in lässigem Ton und zieht einen Ausweis aus seiner Tasche. »Wissen Sie, was sie hier macht? Jill, meine ich. In diesem Gebäude gibt’s mehrere Anwaltskanzleien. Geht sie zu einer? Haben Sie zufällig eine Ahnung, zu welcher? Und warum?«
Brennend steigt mir das Blut ins Gesicht. Nicht vor Verlegenheit, weil ich was Indiskretes gesagt habe. Sondern weil’s mir ausnahmsweise nicht passiert ist. Ich werde einfach nur rot, weil ich so verdammt wütend bin.
»Oh, ihr solltet euch schämen!« Am liebsten hätte ich
ihn geohrfeigt. »Dieses arme Mädchen zu verfolgen und ›Robbenspeck‹ zu nennen – wer gibt euch das Recht dazu, Miss Higgins zu beurteilen? Bildet ihr euch ein, ihr wärt was Besseres als Jill?«
»Regen Sie sich ab.« Gelangweilt hebt der graue Kordanzug die Schultern. »Warum tut sie Ihnen denn so wahnsinnig leid? In zwei Monaten wird sie reicher sein als Trump …«
»Verschwinden Sie!«, schreie ich. »Verlassen Sie dieses Haus, oder ich rufe die Sicherheitsbeamten!«
»Okay, okay.« Der graue Kordanzug weicht zurück und murmelt das unanständige Wort für das weibliche Geschlechtsorgan, an das ich ihn anscheinend erinnere.
Aber das ist mir egal.
Um zu verhindern, dass er Jill auflauert, wenn sie herauskommt, gehe ich zur Sicherheitskontrolle, zeige auf den grauen Kordanzug und erzähle Mike und Raphael, der miese Kerl hätte sich soeben vor mir entblößt. Und dann beobachte ich, wie er von zwei Männern mit erhobenen Knüppeln aus der Halle gescheucht wird.
Manchmal ist es sogar ganz nützlich, wenn man eine große Klappe und keine Hemmungen hat, absurde Lügengeschichten zu erzählen.
Lizzie Nichols’ Ratgeber für Brautkleider
Also, das ist wirklich das Allerletzte, was sich eine Braut an ihrem Hochzeitstag wünscht – zur Prime Time im TV zu erscheinen. Sie wissen schon, man sieht, wie sie stolpert und einen Dominoeffekt auslöst, so dass alle Leute hinfallen, bis die letzte Person mit dem Gesicht im Hochzeitskuchen landet. So was würde sich für »Amerikas lustigstes Privatvideo« eignen (obwohl ein ruinierter Hochzeitskuchen nicht besonders lustig ist).
Deshalb sollten Sie sich vor dem großen Tag an die Brautschuhe gewöhnen – nicht nur, um Blasen an den Füßen zu vermeiden, sondern auch, um nicht zu stolpern. Viele Frauenschuhe haben verteufelt glatte Sohlen. Am besten verhindern Sie ein Straucheln im unpassenden Augenblick, indem Sie rutschfeste Folie an die Sohlen kleben (außen, Sie Dummerchen, nicht innen).
Haben Sie vergessen, so eine Folie zu kaufen? Macht nichts. Ritzen Sie mit einem Messer – ganz vorsichtig, damit Sie sich nicht schneiden – ein paar gekreuzte Linien in die Schuhsohlen. Dann werden Sie nirgendwo ausrutschen (höchstens auf Eis, aber wenn Sie auf einer Eisfläche heiraten, haben Sie ganz andere
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