Naschkatze
Teil des Jahres in Frankreich – und die restliche Zeit in Houston, Lukes Heimatstadt. Zu Thanksgiving fliegen sie hierher, weil seine Mom shoppen und sein Dad eine Broadway-Show sehen möchte.«
»Und sie führen euch zum Thanksgiving-Dinner aus?« Beeindruckt hebt Tiffany die Brauen. »Wie süß!«
»Uh – nicht direkt. Ich koche das Dinner. Das heißt, Luke und ich. Für seine Eltern. Und für Shari und Chaz.«
Tiffany starrt mich an. »Hast du schon mal einen Truthahn gebraten?«
»Nein. Aber allzu schwierig kann’s nicht sein. Luke ist ein sehr guter Koch. Und ich habe mehrere Rezepte aus der Food Network’s Website ausgedruckt.«
»So?« Ihre Stimme trieft vor Sarkasmus. »Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.«
Aber ich lasse mich nicht von ihrem Pessimismus irritieren. Unser Thanksgiving wird mit Sicherheit ein voller Erfolg. Nicht nur Lukes Eltern werden sich wohlfühlen (natürlich stellen wir ihnen unser Bett zur Verfügung, weil’s ja auch seiner Mom gehört). Auch Shari und Chaz müssten ihren Spaß haben. Wenn alles planmäßig läuft, werden sie sehen, wie glücklich Luke und ich miteinander sind (und seine Eltern) und sich wieder vertragen.
Da bin ich mir völlig sicher.
»Deine eigene Familie wird dich vermissen«, meint Tiffany beiläufig. »Sind sie nicht sauer, weil du zum Erntedankfest nicht nach Hause kommst?«
»Nein.« Ich schaue auf die Uhr. Noch vier Minuten, bis ich verschwinden kann – und Tiffany für einen weiteren
Tag loswerde. Nicht, dass mich ihre Gesellschaft übermä ßig stört – sie ermüdet mich einfach nur. »Zu Weihnachten bin ich daheim.«
»Oh? Wird Luke dich begleiten?«
»Nein.« Jetzt muss ich meinen Ärger verbergen. Lukes Eltern werden Weihnachten und Neujahr in ihrem Château in Frankreich verbringen. Und sie haben um seinen Besuch gebeten.
Klar, deshalb bin ich enttäuscht. Gewiss, er hat mich eingeladen, aber vorher gesagt: »Ich nehme an, du willst die Feiertage bei deiner Familie verbringen.«
Da täuscht er sich.
Allerdings nicht ganz. Ich wollte zu Weihnachten mit meiner Familie zusammen sein. Und mit Luke. Er sollte mit mir nach Ann Arbor kommen und meine Eltern kennenlernen. Und ich hab’s gar nicht so unvernünftig gefunden, das zu erwarten. Immerhin kenne ich seine Familie schon, und wenn er an einer dauerhaften Beziehung interessiert ist, müsste er eigentlich den Wunsch verspüren, auch mal meine Angehörigen zu treffen.
Aber als ich ihm vorgeschlagen habe, mit mir nach Hause zu fliegen, ist er zusammengezuckt. »Hey, ich liebe dich. Aber ich habe schon das Ticket nach Frankreich. Ein Sonderangebot. Deshalb kann ich’s nicht umtauschen oder zurückgeben. Wenn du mitkommen willst, könnte ich mal sehen, ob ich noch ein Ticket kriege...«
Unglücklicherweise gönnen mir Pendergast, Loughlin and Flynn nur drei freie Tage (Monsieur und Madame Henri machen ihren Laden von Weihnachten bis Neujahr dicht), und so würde die Zeit für den Flug nach Frankreich und zurück nicht reichen. Nur für die Feiertage in
Ann Arbor. Wenn ich wieder in New York bin, muss ich arbeiten – und allein bleiben, bis Luke nach Neujahr zurückkommt.
So ist das nun mal. Nach dem 1. Januar. Den Jahreswechsel werde ich solo in Manhattan erleben, während er sich in Südfrankreich amüsiert. Prosit Neujahr!
Nicht, dass ich Tiffany darüber informieren würde. Das geht sie nichts an. Außerdem weiß ich, was sie sagen würde. Ihr Freund ist schon im ersten Jahr der Beziehung mit ihr nach North Dakota geflogen, um ihre Eltern kennenzulernen.
»Nun ja«, seufzt sie, »wahrscheinlich werden Raoul und ich daheim herumhängen und irgendwas in einem Restaurant bestellen. Weil wir beide nicht kochen können.«
Nein, ich werde Tiffany und ihren Freund nicht zu unserem Thanksgiving-Dinner einladen. Nur Luke und ich, seine Eltern, Shari und Chaz. Eine nette, kultivierte Mahlzeit. So wie während des letzten Sommers im Château Mirac.
Eine Minute vor zwei. Gleich kann ich gehen.
»Zum Erntedankfest serviert das chinesische Lokal in unserer Nähe Truthahnbraten mit Klößen«, fügt Tiffany hinzu. »Die kochen sehr gut. Natürlich werde ich die Süßkartoffeln vermissen. Und den Pekannusskuchen.«
»In meiner Nähe gibt’s einige Restaurants, die sogar viergängige Thanksgiving-Menüs anbieten«, verkünde ich fröhlich. »Vielleicht solltet ihr da einen Tisch reservieren, du und dein Freund.«
»Nein, das ist nicht dasselbe wie ein Dinner bei jemandem zu Hause.
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