Naschkatze
und Chaz mag Rhabarber und Erdbeeren, und Shari mag Pekannüsse, deshalb gibt’s mehr als genug Süßigkeiten).
Monsieur de Villiers leistete seinen Beitrag zu der Organisation, indem er herumrumorte und die verschiedenen Weine in der Reihenfolge bereitstellte, in der wir sie konsumieren sollten.
Und so läuft alles planmäßig, ohne Probleme. Nun treffen die ersten Gäste ein. Tiffany sieht umwerfend in ihrem hautengen Overall aus Wildleder aus. Wegen dieses Outfits hat Roberta sie einmal nach Hause geschickt, weil sie’s nicht im Büro tragen darf. Und Raoul entpuppt sich als erstaunlich sympathischer Typ, um die dreißig, mit guten Manieren. Er bringt sogar eine Flasche von dem jungen Beaujolais mit, den Monsieur de Villiers so grandios findet. Offenbar ist Tiffanys Freund ebenfalls ein Connaisseur, allerdings von der argentinischen Spezies.
Während die beiden sofort anfangen, über Traubensorten und Terrains zu reden, deckt Mrs. de Villiers den Tisch. Sorgsam faltet sie ihre Stoffservietten zu Fächern, die aufrecht stehen bleiben, und legt alle drei Gabelarten ihres Tafelsilbers exakt nebeneinander. Vielleicht glaubt sie wegen der Bloody Marys, wir würden so viele Gabeln brauchen. Luke besteht darauf, seinen Eltern immer wieder diese Cocktails zu servieren, seit sie aufgestanden sind. (»Wie
sollen wir’s sonst den ganzen Tag aushalten?«, hat er mir zugeflüstert. »Alle zusammen auf so engem Raum?«)
Nicht, dass die beengte Atmosphäre seine Eltern zu stören scheint. Seit ich die Nähmaschine entfernt habe, lächelt seine Mutter ununterbrochen. Aber vielleicht liegt das an Lukes Bestreben, mich nicht mehr mit ihr allein zu lassen.
Das finde ich okay. Morgen muss ich arbeiten. (Die Partner einer viel beschäftigten Anwaltskanzlei nehmen sich den Freitag nach Thanksgiving frei, die Empfangsdamen und Telefonistinnen natürlich nicht). Also muss Luke sich um seine Eltern kümmern. Seine Mutter hat schon ihre Pläne gemacht – über die sie verständlicherweise niemanden informiert. Und Monsieur de Villiers will mit seinem Sohn in diverse Museen gehen.
Am Samstag sind wir wieder alle zusammen. Abends werde ich meine erste Broadway-Show sehen. Mrs. de Villiers hat vier Karten für »Spamalot« besorgt. Glücklicherweise werden unsere Gäste am Sonntag abreisen. Dann wird meine Toleranzgrenze endgültig erreicht sein, was das Zusammenleben mit den Eltern meines Freundes in diesem kleinen Apartment betrifft.
Aber Tiffany ist hellauf begeistert von den de Villiers – geradezu fasziniert. Immer wieder tänzelt sie zu mir in die Küche, wo ich vorgebe, über dem Truthahn zu schwitzen, und wispert: »Dieser alte Knacker – ist das wirklich ein Prinz?«
Wie ich es bereue, dass ich ihr von Lukes aristokratischer Abstammung erzählt habe! Was ist bloß in mich gefahren? Wenn man Tiffany was anvertraut, könnte man’s genauso gut einem Papagei verraten. Nur ein Narr würde von ihr erwarten, so was nie mehr zu erwähnen.
»Eh – ja«, murmle ich und begieße den Truthahn mit Bratensaft. »Aber vergiss nicht, in Frankreich werden ehemalige Monarchen – oder was auch immer – nicht mehr anerkannt. Außerdem gibt’s da ein paar Dutzend Prinzen. Oder Grafen. Das sind sie in Wirklichkeit, nehme ich an.«
Wie üblich ignoriert sie meine Erklärung. »Dann ist Luke auch ein Prinz.« Sie geht zur Durchreiche und beobachtet, wie er die Vorspeisenplatte – ein Krabbencocktail und Rohkost – auf den Couchtisch stellt, an dem sein Vater und Raoul lebhaft über ihre Lieblingsweine diskutieren. »O Mann, hast du ein Schwein mit deinem Freund!«
Jetzt ärgere ich mich. Nicht nur, weil es schon fast fünf Uhr ist. Ich habe Chaz und Shari gebeten, um vier Uhr hier zu sein. Und sie lassen sich noch immer nicht blicken. Was nicht ungewöhnlich ist, denn es schneit, und der geringste Schneefall scheint New York City zu lähmen. Nicht zuletzt, weil viele Leute übers verlängerte Wochenende weggefahren sind. Trotzdem – es sieht Shari nicht ähnlich, sich dermaßen zu verspäten, ohne anzurufen. Oder mich meinen (hoffentlich) künftigen Schwiegereltern auszuliefern, ohne mich mit amüsanten Sprüchen zu ermuntern, wie’s die Pflicht einer besten Freundin wäre.
Immerhin bemüht sich Tiffany darum. Allerdings ohne amüsante Sprüche.
»Deshalb liebe ich ihn nicht, Tiffany«, wispere ich. »Das müsstest du wissen.«
»Schon gut«, seufzt sie müde. »Ich weiß, ich weiß, du liebst ihn, weil er mal ein Doktor wird
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