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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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für ein riesiges Online-Informationsportal mit mir veranstalten.
    »Das wird großartig, Frau Wilcek«, schleimte er am Telefon, »die User können Ihnen direkt Fragen stellen, ich werde ein bisserl moderieren, alles ganz leger.«
    »Leger« klang aus seinem Mund wie eine Drohung.
    »Herr Kareem, ich weiß nicht, ich mag Chats nicht besonders.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Wilcek. Ich bin ja bei Ihnen. Wir kriegen das schon hin.«
    Er kicherte und hörte sich so an, als hielte er mich für komplett bescheuert. Und so kam ich mir auch vor. Alle Welt erklärt mich zu Kult, dabei habe ich lediglich Beatrice Kleidermanns Mauerblümchen-Seitenhieb auf meine Weise beantwortet.
    Die Kleidermann selbst ist mir am Dienstag in der Redaktion ebenfalls über den Weg gelaufen. Mit einem undurchsichtigen Lächeln hat sie mir zugenickt, um dann rasch in ihrem Büro zu verschwinden. Dafür lief die Loos theatralisch mit dunkler Sonnenbrille herum und zuckte bei jedem lauten Geräusch zusammen.
    Als wäre all das nicht schon schlimm genug, platzte mein
Literally-in-Love-
Posteingang aus allen Nähten. Als hätte sich eine Heerschar eifriger Ritter aufgemacht, die Frauen dieser Welt von ihrem Mauerblümchentum abzubringen. Stella kam mit dem Sortieren kaum nach. Obwohl ich ihr versichert hatte, dass weitere Blind Dates nicht in Frage kamen, bestand sie darauf, die Nachrichten weiterhin in Ordnern zu sammeln. Inzwischen gab es eine Menge Ordner. Zum Beispiel den namens »Primaten«, den für »hoffnungslose_Fälle«, den, der »nicht mal_im_Alptraum« getauft wurde und Stellas Lieblingsordner »S&M«, was so viel hieß wie »sexy, aber minderbemittelt«.
    Die Frage jedoch, die ich mir seit gestern Abend 21 : 47  Uhr stelle, ist: In welchen Ordner passt djfleming, und woher, zum Teufel, weiß er so viel über mich?
    »Ganz langsam, Dotti«, probiert es Christine mit der Stimme der Vernunft. »Ich verstehe immer noch nicht, wie genau diese Internetplattform funktioniert. Du bist dort völlig anonym, richtig?«
    »Ja.«
    »Trotzdem bekommst du diese Nachricht von einem Typ, der behauptet, dich zu kennen.«
    »Unsere Wege haben sich gekreuzt. Schreibt er.«
    »Und er ist ebenfalls anonym angemeldet?«
    »Genau.«
    »Also ist das entweder ein Spinner, der zufällig gut geraten hat, was deinen Schuhtick betrifft, oder jemand, der dich trotz Anonymität gefunden hat. Wer weiß alles davon, dass du dort angemeldet bist?«
    »Ganz Österreich? Der Blog, du erinnerst dich?«
    »Schon, aber du hast ja deinen Accountnamen nicht verraten. Wenn du nicht ausgerechnet dottiliest genommen hast, kann man dich doch unmöglich finden.«
    Da ist was dran.
    »Ich bin icherzaehlerin, wie bei meiner Gmail-Adresse.«
    »Verwendest du diesen Nickname noch anderswo?«
    »In ein paar Bücherforen, aber immer anonym.«
    »Wer weiß davon?«
    Ich denke darüber nach.
    »Katharina. Sie leitet ein
Harry-Potter
-Forum, in dem ich als icherzählerin angemeldet bin.«
    »Sonst niemand?«
    »Na ja. Mein Chef vermutlich.«
    »Pohl?«
    »Ja. Der weiß alles, was in der Redaktion vorgeht. Außerdem hat er meine Gmail-Adresse.«
    »Wer noch?«
    »Die Loos. Sie wollte einen genauen Bericht über meine Anmeldung bei
Literally in Love.
Und Lorenz. Der hat schließlich meinen Account eingerichtet.«
    »Lollo der Große?«
    Christine grinst breit. Sie ist ihm einmal über den Weg gelaufen, als wir uns nach der Arbeit auf einen Kaffee bei
Starbucks
verabredet hatten. Mein ganz persönlicher Protest gegen meine Mutter, die Koffein sowie jede Form von Selbstbedienungslokal hasst. Lorenz war auch dort und holte Coffee to go für alle, die noch in der Redaktion saßen. Er balancierte zwei Tabletts mit sechs verschieden großen Bechern und musste die Tür mit dem Knie öffnen, was bei seinen langen Beinen kein Problem war. Das hat Christine irgendwie imponiert.
    »Traust du ihm so eine E-Mail zu?«
    Ich denke darüber nach. Lorenz hat keine Freundin, das weiß ich, er ist ja auch mehr oder weniger ein Nerd. Zumindest kennt er sich mit Netzwerken aus und hat meinen Account eingerichtet.
    »Ausgeschlossen ist es nicht. Obwohl ich ja eher auf eine Racheaktion von der Loos tippe. Ich wette, sie hat sich über mich erkundigt, womöglich hat sie Stella ausgequetscht und dann diesen hochtrabenden Unsinn formuliert. So wird es sein.«
    »Und was ist mit Pohl?«
    Ja, was ist mit Pohl? Er war mein Mentor seit der Uni. Er hat mich gefördert und mir überall die besten Noten gegeben.

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