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Nasenduscher: Roman (German Edition)

Nasenduscher: Roman (German Edition)

Titel: Nasenduscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Süßemilch.«
    »Bleibt mir was anderes übrig?«
    »Nein.«
    »Danke für Ihre Ehrlichkeit.«
    »Bitte. So bin ich nun mal.«
    »Gibt es denn irgendwas, gegen das ich nicht allergisch bin?«
    Anstatt meine Frage mit einem Lächeln zu quittieren und gegen diese These anzugehen, schaut Frau Doktor sich meinen Arm genauer an.
    »Na ja, viel sehe ich da nicht, auf das Sie nicht allergisch reagieren. Tierhaare scheinen Ihnen auch nicht zu liegen.«
    Obwohl ich die Antwort vermutlich bereits kenne, frage ich nach.
    »Wie ist es mit Katzen?«
    »Warum, wollen Sie sich eine anschaffen?«
    »So ähnlich.«
    »Sagen wir es mal so: Wenn es sich nicht um eine Nacktkatze handelt, würde ich von einem Kauf abraten. Sehen Sie diesen Blasenwurf im obersten Kästchen auf der linken Seite?«
    »Ja.«
    »Das zeigt Ihre Reaktion auf Katzenhaare.«
    Die angedeutete Stelle ist zwar kein Achttausender, aber immerhin dürfte es sich um ein Skigebiet in schneesicherer Lage jenseits der Viertausender-Marke handeln.
    »Das sieht nicht gut aus. Mann, mein ganzer Arm sieht nicht gut aus.«
    »Ja, in der Tat. Solch eine Reaktion habe ich auch nur selten gesehen, Herr Süßemilch.«
    »Was kann man denn jetzt dagegen machen?«
    »Auf Steinobst zu verzichten dürfte nicht so schwerfallen. Hausstaub ist eine Frage der Sauberkeit, Haustiere muss man sich nicht anschaffen, und was die anderen Dinge angeht, könnten wir mit einer Desensibilisierung beginnen.«
    »Okay, dann legen Sie los. Ich habe heute keine Termine mehr.«
    »Nein, nein. So schnell geht das nicht. Damit können wir frühestens im Herbst anfangen. Und dann dauert so eine Spritzenkur ungefähr zwei Jahre.«
    »Zwei Jahre? Bis dahin sieht meine Nase aus wie die von Michael Jackson. Also, ich meine damals, nicht heute …«
    »Ich versteh schon, was Sie meinen …« Dr. Glombik zeigt sich nur wenig beeindruckt von meinem Leid und stellt mir stattdessen ein Rezept aus. »Tut mir leid«, sagt sie. »Durch diesen Frühling müssen Sie noch mal durch. Aber ich habe Ihnen ein paar Medikamente aufgeschrieben. Die dürften Ihnen zunächst einmal helfen. Aber wenn es noch schlimmer wird, kommen Sie wieder her oder rufen an.«
    »Und was kann ich sonst noch tun?«
    »Lüften Sie nicht Ihr Schlafzimmer, das lässt die Pollen in Ihre Wohnung. Jeden Abend vor dem Schlafengehen die Haare waschen und die Alltagskleidung nicht im Schlafzimmer ablegen. Und falls Sie es einrichten können, fahren Sie in die Berge oder ans Meer, da gibt es keine Pollen.«
    Ein super Tipp, wenn man bedenkt, dass Frankfurt weder über ein nennenswertes Bergmassiv noch einen direkten Meereszugang verfügt. Noch etwas wird mir klar. Jana hatte die ganze Zeit über recht. Und nicht nur das. Anstatt Ruhe einkehren zu lassen, bin ich stolzer Besitzer einer Birkenallee vor unserem Haus, Vater von zwei imaginären Kindern und Pflegebeauftragter eines haarigen Allergiekaters, der mehrmals täglich meinen Bettpfosten begattet.

9
    Homopathisches Mitleid
    A ls ich die Praxis verlasse, bin ich zwar überrascht ob der heftigen Reaktion auf den Allergietest, aber auch irgendwie stolz aufgrund der Schwere meines Leidens. So sind Männer nun mal. Wir leiden gerne, und wenn wir wissen, dass wir tatsächlich etwas haben, leiden wir noch mehr und tragen unsere Wunden wie Narben aus einem aussichtslosen, aber heroischen Kampf mit einem Tyrannosaurus Rex. Und so halte ich meinen allergiegetesteten Arm leicht geknickt, um ihn zu entlasten und zugleich der Umwelt zu signalisieren: Was für ein Kerl! Er hat zwar eine dieser meuchelnden Frühblüherallergien, aber er trägt es mannhaft. Ich schaffe es sogar, die Pein zu betonen, indem ich alle paar Meter meine Mundwinkel schmerzverzerrt nach oben ziehe. Einige Passanten nicken mir anerkennend zu. Ähnlich wie man vor einem altgedienten Vietnamveteranen innerlich salutiert, nehmen die Menschen auch vor meinem durchstochenen Unterarm Haltung an.
    Vor lauter heldenhafter Hubba-Bubba-Polonaise auf meinem Unterarm hätte ich fast vergessen, dass ich mich heute ja mit zwei Ex treffen wollte. Der eine ist mein Exarbeitskollege und der andere mein Exnachbar. Und beide sind seit Neuestem ein schwules Paar.
    Hubsi und Emile.
    Hubsi ist Österreicher, wobei er stets zu unterstreichen weiß, dass er Wiener ist. Und überaus stolz darauf ist. Er ist in den Endfünfzigern, äußerst interessiert am Tagesgeschehen und ein überaus intelligenter Mann. Emile ist Albaner, recht prollig, aber liebenswert und

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