Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
größer gewesen. Es besaß mindestens dreißig sc hwarz glänzende Augen in verschieden Formen und Grö ßen, die um den Kopf herum verteilt waren, und stieß, während es näher kam, einen furchtbar schrillen Ton aus. Saiph presste die Hände auf die Ohren und schrie vor Entsetzen.
Mareth hingegen stellte sich brüllend auf die Hinterbeine, und spuckte eine lange Feuerzunge gegen das Ungeheuer aus. Da bäumte sich die Riesenspinne ebenfalls auf, sodass sie nur noch auf dem hintersten Beinpaar stand. Die anderen Spinnenbeine wirbelten umher, und eines traf den Drachen und schleuderte ihn gegen die Schiffswand. Sofort kam Mareth wieder hoch, reckte den Hals und packte die gigantische Spinne mit den Reißzähnen. Doch als er zubiss, widerstand der Spinnenpanzer und trug noch nicht einmal eine Schramme davon. Die Spinne aber packte mit zwei Beinen Mareths Hals und brach ihn mit den Scheren am Maul: Mühelos, mit einem Knacken, das Saiph das Blut in den Adern gefrieren ließ, als handele es sich um ein Holzstöckchen. Dann verschlang sie den Drachen Stück für Stück.
Bis zu diesem Augenblick war Saiph vor Entsetzen wie gelähmt. Unmöglich … solch eine Monsterspinne konnte es nicht geben. Doch als sein Drache tot war, begriff er, dass sein Leben an einem seidenen Faden hing. Er rappelte sich vom Boden auf und floh in Panik zu dem Riesenkahn, stolperte ein paarmal, schlüpfte schließlich durch eine Öffnung am Bug und stürmte in wilder Hatz tiefer in den Schiffsbauch hinein.
Drinnen war alles zerstört und verfallen, wie ein Mosaik aus nicht mehr zusammenpassenden Teilen, und als er einen Raum hinter einer geborstenen Tür entdeckte, rannte er ohne zu zögern hinein und verkroch sich dort. Während er keuchend am Boden hockte, drang von draußen das Schmatzen der Riesenspinne und das Krachen von Mareths Knochen. Er schloss die Augen und nahm im Geist Abschied von seinem Gefährten, der ihn so treu begleitet hatte. So wartete er voller Schrecken, bis nichts mehr zu hören war, bis das entsetzliche Zischen der Spinne begleitet von einem mächtigen Vibrieren des Erdbodens verklang.
Alles war still, und er war allein.
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A n den Tagen nach der Besetzung der Mine konzentrierte sich Talitha nur auf ihre Aufgaben als Kriegerin. Sie brauchte das, es tat ihr gut, den Körper zu beschäftigen, damit ihr Geist nicht abschweifte, auf Wege, die sie vermeiden wollte. Zudem war dies auch der einzige Grund, weshalb sie sich den Femtiten angeschlossen hatte, und so war es nur recht, dass sie alle Kräfte und Sinne auf den Krieg lenkte. Alles, was darüber hinausging, war flüchtig und im Grunde bedeutungslos, wie sie gerade am eigenen Leib erfahren hatte. Nur das Schwert war etwas Sicheres, Wahres, und sie brauchte es nur zur Hand zu nehmen, um sich lebendig zu fühlen und ganz bei sich zu sein.
Im Kampf fühlte sie sich unbesiegbar, auch wenn der Preis, den sie dafür bezahlte, in teilweise unerträglichen Schmerzen bestand. Aber so war das eben, ihr Schwert hatte seine eigenen Gesetze, und die galten auch für sie. Es verlangte viel von ihr, schenkte ihr aber noch mehr. In der Welt der Talariten, so sagte sich Talitha beim Gedanken an Melkise, stellte jeder seine Regeln nach Gutdünken häufig zum eigenen Vorteil auf.
Ihre Gefühle für ihn, zuvor ein süßer Gegenpol zu ihrem harten Kriegerleben, hatten sich in heftigen Groll verwandelt. Es waren die Erkenntnis, dass sie ihn nicht haben konnte, und das schmachtende Verlangen, das unbefriedigt blieb. Und das tat weh.
In einem Anfall heftiger Wut hatte sie, um sich von allem zu trennen, was einmal war, zu ihrem Dolch gegriffen und sich die Haare abgeschnitten. Kein Rebell trug sein Haar so kurz, wie sie es nun tat, aber Talitha bereitete es ein bitteres Vergnügen, sich von allen anderen zu unterscheiden. Sie war ohne Rasse und gehörte nirgendwo dazu.
Der Gefühlssturm, der sie nicht zur Ruhe kommen ließ, war von Tag zu Tag heftiger geworden. Einige Male hätte ihr Kampfpartner im Training ihre Wut fast mit dem Leben bezahlt. Eshar hatte eingreifen und sie aufhalten müssen, bevor sie dem am Boden Liegenden den Gnadenstoß versetzte.
»Was ist denn in dich gefahren?«, hatte er gefragt, während er sie zu beruhigen versuchte.
»Gar nichts«, antwortete sie und keuchte. Doch sie schien wie von einem Dämon besessen.
»Du warst ja schon immer ein Hitzkopf, aber jetzt verlierst du jedes Maß. Deine Kampfpartner haben Angst vor dir, und bald will im Training niemand
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