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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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und dann die Linien mit Nitit gefüllt haben, jener Substanz, die das Altarbild im Tempel hatte erstrahlen lassen.

    Jetzt konnte sie die Schrift gut lesen: Verbinde sie und du wirst sie trennen. B.
    Das war alles, aber doch ganz eindeutig. B wie Bitha, der Kosename, mit dem im Palast und in ganz Talaria nur sie selbst Lebitha angesprochen hatte. Die Botschaft war von ihrer Schwester, und sie war für sie.

12
    H errin? Herrin!«
    Talitha, die mit verschränkten Armen an ihrem Schreibpult saß, schrak auf.
    Vor ihr stand Mantes mit erschrockener Miene. »Schwester Pelei bestellt Euch zu sich«, sagte sie leise.
    »Wie spät ist es?«
    »Die achte Stunde, Herrin.«
    Das Mädchen rieb sich die Augen. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie eingeschlafen war. Eine Weile hatte sie sich den Kopf über die Botschaft ihrer Schwester zerbrochen und versuchsweise die beiden halben Steine wieder zusammengeführt. Aber es war nichts dabei herausgekommen. Wahrscheinlich war sie dann eingedöst, während sie darüber nachdachte, was weiter zu tun war.
    Gähnend stand sie vom Stuhl auf.
    »Sollte der Unterricht nicht erst zur neunten Stunde beginnen?«
    »Doch, Herrin, aber Schwester Pelei will vorher mit Euch sprechen.«
    Talitha verdrehte die Augen. Wunderbar. Noch jemand, der sie zusätzlich noch ein wenig foltern wollte. Und sie fragte sich, wie weit die Macht ihres Vaters tatsächlich reichte, wenn es sich im Kloster jeder herausnehmen konnte, auf ihr herumzutrampeln.
    Mantes führte sie durch das Kloster in einen Raum neben
dem Lesesaal: Er war quadratisch, wurde aber fast vollständig von im Halbrund angeordneten Sitzreihen aus weiß gestrichenem Holz eingenommen. Ganz unten in der Mitte war ein massives Pult aus in der gleichen Farbe, vor dem ein mit grünem Samt bezogener Stuhl stand. Dort saß eine Frau, über einige Bücher gebeugt. Von der obersten Reihe der Tribüne konnte Talitha nur ihre Haare erkennen, die kupferfarben waren und im warmen Nachtmittagslicht golden glänzten.
    Mit einer Verneigung zog Mantes sich zurück, und nach einigen Augenblicken hob Schwester Pelei eine Hand und winkte sie heran. »Tritt nur näher«, sagte sie. Langsam stieg Talitha die Stufen hinunter, und erst als sie die letzte erreicht hatte, hob die Priesterin den Blick. Sie war eine Frau mittleren Alters mit markanten Gesichtszügen, grauen Augen und einem wachen Blick. Auf ihrer Brust, die üppig war und durch einen für eine Priesterin entschieden zu gewagten Ausschnitt auch noch betont wurde, funkelte der Luftkristall. Die Resonanz der Priesterin war offenbar so stark, dass er bereits dort Licht abgab, ohne dass sie ihn dafür in die Hände nehmen musste.
    »Setz dich«, sagte sie und zeigte auf einen Schemel. »Weißt du, was ich unterrichte?«
    »Nein, Schwester«, antwortete das Mädchen, während sie Platz nahm.
    Schwester Pelei zeigte auf den Luftkristall. »Zauberei.«
    Talitha schluckte. In Geschichte, Religion und den anderen Fächern konnte sie lernen und so ihren Wissensrückstand aufholen, doch in Zauberei war kaum etwas zu machen. Ihre Resonanz war einfach lächerlich schwach.
    Schwester Pelei bedachte sie mit einem Lächeln. »Du bist ein wenig durcheinander, nicht wahr?«
    Talitha nickte.

    »Das ist ganz normal, das waren wir alle, als wir herkamen«, fuhr die Priesterin fort. Sie seufzte und schloss das Buch, in dem sie gelesen hatte.
    »Du hattest noch nie Zauberunterricht, hab ich Recht?«
    Talitha nickte wieder.
    »Macht nichts, ich hab schon dafür gesorgt, dass du in meine Anfängerklasse kommst. Ich weiß, für eine junge Dame in deinem Alter ist es nicht sehr spannend, mit kleinen, kaum zehnjährigen Mädchen unterrichtet zu werden, aber anders bekommen wir es wohl nicht hin.«
    Talitha zog die Schultern hoch. »Ich hab eben zu spät angefangen. Außerdem ... eigentlich sollte ich gar nicht ins Kloster gehen ...«
    »Ich weiß. Du nimmst den Platz von deiner Schwester ein. Leider wirst du, selbst wenn du mit der Anfängerklasse lernst, in deinen Kenntnissen immer einen Schritt zurück sein. Deswegen habe ich mir überlegt, dass du fortan immer um diese Zeit zu mir kommst, damit ich dir im Einzelunterricht die Grundlagen der Magie beibringen kann. Gleichzeitig nimmst du auch am Anfängerunterricht teil, und wenn du dann gut genug bist, kannst du dich den Mädchen deines Alters anschließen.«
    Talitha hoffte, dass es nicht soweit kommen würde. Vorausgesetzt, sie schaffte es, ihre Pläne in die Tat

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