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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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uns gezeigt hat.«
    »Was ... ist eigentlich aus ihm geworden?«, fragte Talitha vorsichtig, darauf gefasst, wieder eine schlimme Nachricht zu erhalten.
    »Er ist mit dem Schrecken davongekommen«, antwortete Saiph lächelnd. »Er hat die Soldaten davon überzeugt, dass er nichts von uns wusste. Und auch wenn sie ihm vielleicht nicht jedes Wort geglaubt haben, schützt ihn doch sein guter Name und sein Ruf als Kartograf.«
    »Wann wollen wir aufbrechen?«
    »Sofort. Wir können nicht länger bleiben. Für die anderen mag das ein sicherer Ort sein, für uns nicht. Außerdem möchte ich fort sein, wenn sie aufwachen. Sonst versuchen sie wieder, mich in ihre Reihen aufzunehmen, und erzählen mir wieder, dass ich ihr Held sei«, schloss er mit einem ironischen Lächeln.
    Talitha blickte ihn einen Moment zweifelnd an und nickte dann.
    So rafften sie ihre Sachen zusammen und schlichen sich zwischen den schlafenden Körpern aus dem Raum. Auch die Wache am Fuß der Treppe schlief mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, während ihr der Kopf immer wieder auf die Knie sank.
    Sie nahmen die wenigen Stufen und gelangten ins Freie.
    Die Gassen waren verlassen, doch in der Ferne hallten Stiefelschritte über das Pflaster. Gardisten. Mindestens zwei, vielleicht auch mehr.

    Das Mädchen griff zum Heft ihres Schwerts, aber etwas sperrte sich in ihr. Sie konnte nicht. Nicht schon wieder.
    Rasch pressten sie sich flach gegen eine Hauswand, und ohne sie zu bemerken, marschierten die Gardisten vorüber. Kaum waren sie um die Ecke gebogen, nahmen die beiden die Beine in die Hand und huschten zum nächsten Hauseingang.
    So flohen sie und duckten sich bei jedem verdächtigen Geräusch sofort in eine schützende Ecke. Doch Talitha fühlte sich schwerfällig, und eine tiefsitzende Übelkeit lähmte ihre Bewegungen. Es war alles so anders, so furchtbar anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Anders war die Beklemmung, die sich auf ihr Herz gelegt hatte, anders der Geruch des Blutes, der Geschmack des Todes. Ihre Flucht war nicht das heroische Unternehmen, das sie sich ausgemalt hatte, als sie den Schrein mit Verbas Schwert zerschlagen und Saiph befreit hatte. Und sie war auch nicht die fantastische Kriegerin, von der sie schon als kleines Mädchen geträumt hatte. Sie war nichts anderes als eine Mörderin.
    Endlich gelangten sie zu einer riesengroßen hölzernen Halle. Sie war sehr hoch und mindestens fünfzig Ellen lang. Der Eingang, ein breites zweiflügeliges Tor, war mit einer dicken Kette und einem massiven Schloss daran zugesperrt. Der Ort schien schon viele Jahre nicht mehr genutzt worden zu sein: Von Feuchtigkeit war das Holz aufgequollen und an mehreren Stellen aufgesprungen, die Kette und das Schloss waren verrostet, und die Fensterscheiben verrußt und größtenteils zerbrochen.
    Sie schlichen an dem Gebäude entlang zu einer Stelle, wo, nach Auskunft des Femtiten, mit dem Saiph gesprochen hatte, ein Durchschlupf war.

    Talitha zwängte sich als Erste hinein, Saiph folgte ihr.
    Durch trübe Scheiben fiel ein wenig Licht der beide Monde ins Innere der Halle, die durch mächtigen Holzsäulen in drei Schiffe unterteilt war. Die Säulen trugen einen gewaltigen Dachstuhl, von dem zwei Balken zerborsten waren. An diesen Stellen war das Dach eingebrochen, und genau darunter, auf dem schuttbedeckten Erdboden, wuchsen Gras und Moos und sogar ein dünnes Bäumchen, an dessen Ästen pflaumenähnliche Früchte hingen. Hier und dort waren schwere Ketten angebracht, und überall standen alte Handwagen und lange Marmorplatten herum. Das Plätschern von Wasser hallte von den Wänden wider, und auf einer Seite sahen sie durch ein Fenster auf ein riesengroßes, stillstehendes Mühlrad, das ebenfalls ramponiert war. Langsam schritt Talitha durch die Halle, deren Trostlosigkeit sie beunruhigte. Saiph hingegen war geradewegs zu dem Bäumchen gegangen, hatte die Früchte geerntet und seine Tasche damit gefüllt.
    »Kann man die denn essen?«, fragte sie.
    »Ja, sicher. Das ist ein Davim, ein Baum, der in trockenen Gegenden wächst. Bei uns Femtiten heißen seine Früchte ›Brot der Armen‹. Wir sind schließlich die Ärmsten der Armen.«
    »Was ist das eigentlich für eine Halle?«, fragte Talitha.
    Saiph schaute sich um und sah zum Dach hinauf. »Eine alte Fabrik für die Herstellung von Luftkristallen. Wahrscheinlich gehört sie deinem Vater. Das in den Minen abgebaute rohe Gestein wurde hergebracht und von Sklaven zu Kristallen

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