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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Kopf. »Dann wäre alles aus. Wir werden doch überall gesucht. Nein, vor dem Morgengrauen müssen wir Messe verlassen haben, und das Reich des Sommers in spätestens in zwei Tagen.«
    »Das hieße, pausenlos marschieren ...«
    »Ja, das werden wir auch«, antwortete sie knapp. »Für uns gibt es kein Zurück. Noch nicht einmal anhalten dürfen wir. Du weiß doch genau, was uns erwartet, wenn wir geschnappt werden.«
    »Dann lass uns die Mission aufgeben ...«
    »Ausgeschlossen!« Talitha blickte ihn durchdringend an.
    Dann marschierte sie los. In dieser Nacht hatte sich etwas verändert. Eine Lebensphase war unwiderruflich zu Ende gegangen, und in der neuen, die nun begonnen hatte, durfte sie sich nicht mehr für ein kleines Mädchen oder eine junge angehende Gardistin halten. Sie lernte das wahre Leben kennen, und darin war sie nur noch ein Flüchtling, nicht mehr und nicht weniger. Es war Zeit, erwachsen zu werden. Und sie würde damit beginnen, indem sie Schmerz und Erschöpfung vergaß und endlich die Zügel ihres verzweifelten Unternehmens fest in die Hand nahm: Das Überleben einer ganzen Welt stand auf dem Spiel.

24
    N och in derselben Nacht ließen sie Messe hinter sich. Lantis Karte zufolge ging in dieser Gegend ein kleiner Baumpfad ab, der über einige abgelegene Dörfer führte. Nur Schmuggler, Vagabunden und aufständische Femtiten benutzten ihn, und kein Talarit, dem sein Leben teuer war, hätte jemals den Fuß darauf gesetzt. Für Talitha und Saiph war er also ideal, um unbemerkt aus der Stadt zu verschwinden. Schon erkannten sie die röhrenförmigen Umrisse des Baumpfads ein paar Dutzend Ellen vor ihnen.
    Sie ging unbekümmert weiter darauf zu, doch Saiph hielt sie zurück. »Warte. Wir müssen aufpassen. Wenn ich das richtig sehe, haben sich dort zwei Gardisten hinter dem Laubwerk, gleich beim Eingang, versteckt. Wir müssen anders auf den Baumpfad gelangen. Und ich hab da eine Idee.« Und er zeigte auf einen sehr langen Ast über ihnen, der in einiger Entfernung in das Geäst um die Röhre herum überging.
    Talitha nickte. Sie kletterten hinauf und liefen dann, so leise wie möglich, hintereinander den Ast entlang, der rasch immer dünner wurde.
    Auf seine Lanze gestützt, stand einer der beiden Gardisten direkt unter ihnen. Er gähnte und trat ständig von einem Fuß auf den anderen. Wahrscheinlich versuchte er, sich wach zu halten.
    Mit pochenden Herzen huschten sie über ihn hinweg. Der
andere stand nur wenig entfernt, schon mitten auf dem Baumpfad. Sein Schwert hing ihm an der Seite herunter, und er schien viel wacher als sein Kamerad zu sein.
    Talitha hob den Blick. Über ihr setzte sich die Krone des Talareths noch einige Ellen fort. Dahinter der Himmel. Tiefschwarz sah er aus, sternlos. Ihr Herz bebte, aber für Angst war keine Zeit, sie musste sich konzentrieren und sich immer wieder an ihre Mission erinnern. Vor ihnen erstreckte sich das Geflecht der Äste, das die Außenwand des Baumpfads bildeten, und dadurch blickten sie auf die hölzernen Bodenbretter des Pfads, die der schwache Schein eines Luftkristalls erhellte, der an der Decke hing.
    Einige Dutzend Ellen entfernt erkannte Talitha einen weiteren Talareth, der sehr viel kleiner als der war, in dessen Schatten Messe lag. Obwohl sie zur gleichen Art gehörten, schienen es ein völlig verschiedene Bäume zu sein, so sehr wichen sie in der Größe voneinander ab.
    »Bist du bereit?«, fragte Saiph.
    Sie riss sich aus ihren Gedanken, blickte ihn an und nickte. Sie legten sich flach auf die Außenwand der Röhre und begannen, auf ihr entlangzukriechen. Die Luft war sehr dünn, und auch der Geruch war anders. Richtig atmen konnten sie nur, wenn sie die Nasen, so weit es ging, durch das Geäst steckten. Dennoch begannen sie bald zu keuchen. Der Himmel über ihnen schien mit dem ganzen Gewicht seiner immensen Weite auf ihnen zu lasten.
    Während sich kleinere Zweige kratzend in ihren Kleider verfingen und Insekten und Würmer ihnen die Körper hinaufkrabbelten, robbten sie Ast für Ast weiter voran. Da hörten sie plötzlich, wie sich der Gardist unter ihnen bewegte. Augenblicklich verharrten sie, warteten einen Moment, krochen
dann vorsichtig weiter und ließen den Mann hinter sich zurück.
    Talithas Lunge brannte, obwohl sie sich bemühte, nicht zu tief zu atmen, und dafür mit dem Mund dicht an ihrem Luftkristall blieb, der ein wenig von der Atemluft speicherte, die die Äste unter ihnen produzierten. Saiph war unmittelbar hinter ihr,

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