Nasses Grab
es auch nicht glauben wollen, als sie am Morgen den Bericht gelesen hatte. Die Mumie war nicht Tante Dana. Sie war erleichtert gewesen. Ihre Tante war nicht ermordet worden – Gott sei Dank.
»Aber wer ist diese Mumie dann?«, fragte Anděl. »Wenn sie nicht Dana Volná ist – wer ist sie?«
»Das habe ich mich auch schon gefragt. Aber ich bin froh, dass es nicht meine Tante ist. Allerdings stellt sich dann nun die Frage, wo sie ist. Denn in der Urne war ja nur Erde. Ich habe mir die ganze Fahrt hierher den Kopf darüber zerbrochen, aber … ich verstehe es einfach nicht.«
Anděl nickte. »Hm. Dana Volná ist nicht die Mumie. Sie war nicht in der Urne. Wir stehen wieder ganz am Anfang. Verdammter Mist.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Und dann finden wir endlich diesen anonymen Anrufer, und er ist tot. Fein säuberlich erschossen, bevor er uns etwas sagen kann.«
Hinter ihnen öffnete sich die Tür, und Antonín Cajthaml kam mit drei Gläsern Kaffee herein.
»Bitte schön, die Herrschaften, die bestellten Türken«, sagte er fröhlich und stellte die Gläser auf dem Besprechungstisch ab. »Möchten Sie Milch oder Zucker, Madame?«
»Beides, danke«, erwiderte Magda lächelnd.
»Hast du eigentlich die Fotos schon, Cajtík?«, fragte Anděl den jungen Kollegen.
»Hab ich. Hier«, sagte Cajthaml, zog einen Stapel Fotos aus der Brusttasche seines Hemds und legte sie neben die Gläser auf den Tisch.
Anděl stand auf und ging hinüber. Er nahm die Fotos in die Hand und legte sie nebeneinander auf den Tisch. Sie waren gestochen scharf. Auf Cajtík war Verlass. Bei der vorletzten Aufnahme erstarrte Anděl.
»Was ist?«, fragte Magda irritiert.
»Sehen Sie sich das an!«
Magda ging zu ihm hinüber und nahm das Foto in die Hand.
»Das ist ja Alena!« Magda sah Anděl verblüfft an. »Was hatte sie denn dort zu suchen?«
»Gute Frage, Frau Doktor. Ich habe keine Ahnung.« Verdammt, verdammt, verdammt, dachte er. Alena Freeman. Was zum Teufel hatte die Freeman im Haus von Milan Hora zu suchen?
»Nun, sie wird das sicher erklären können«, sagte Magda, »ich kann sie gleich anrufen und …«
Anděl sah sie erstaunt an. »Sie wissen es noch nicht?«, fragte er.
»Was? Was weiß ich noch nicht?«
»Alena Freeman ist tot. Sie wurde gestern Nacht in der Metro erschossen.«
Magda starrte ihn mit offenem Mund an und sank langsam auf einen Stuhl.
Anděl ging zu seinem Schreibtisch, holte eine Flasche Becherovka heraus und goss einen großen Schluck in ein Wasserglas.
»Hier, trinken Sie einen Schluck.«
Magda nahm das Glas und trank es aus. Sie hustete.
»Was …«
»Etwas anderes habe ich nicht«, Anděl lächelte verlegen, »die Kantine, wissen Sie, das Essen da schreit manchmal geradezu nach einer Verdauungshilfe.«
»Wer hat Alena erschossen, David? Warum? Ich verstehe das alles nicht.« Sie schüttelte den Kopf und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Sie sah sehr müde aus. Dunkle Ringe um die Augen, die Wangen eingefallen.
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir wieder ganz am Anfang stehen. Und warum jemand Alena Freeman erschossen hat – weiß der Teufel! Wissen Sie, woran sie gearbeitet hat?«
Magda schüttelte den Kopf. »Nein. Keine Ahnung. Ich kannte sie ja kaum. Ich habe sie ja erst an dem Tag im Ráj kennengelernt, als Sie dazukamen, wissen Sie noch? Und dann habe ich sie noch einmal im Theater gesehen. Das ist alles. Vielleicht weiß Larissa mehr – sie kannte Alena besser. Die beiden haben sich ab und zu auf einen Kaffee getroffen.«
Anděl ging zu seinem Schreibtisch und nahm den Telefonhörer ab. »Zeit für eine kleine Diskussionsrunde«, sagte er und wählte eine Nummer. Er sprach kurz und legte wieder auf.
»Ich muss Ihnen noch etwas sagen, Herr Kommissar«, sagte Magda steif. Sie lächelte verlegen. »David«, korrigierte sie sich. »Ich finde es albern, Sie mit Herr Kommissar anzusprechen – wenn Sie nichts dagegen haben …«
Anděl lächelte leicht. »Ganz im Gegenteil – Magda.« Er betrachtete sie interessiert. Diese Anspannung passte gar nicht zu ihr. Sie sammelte sich, wartete gespannt.
»Gestern kamen überraschend meine Mutter und meine Großmutter aus Kanada hier an. Und sie hatten etwas Erstaunliches dabei.« Sie fuhr sich mit einer Hand durch das lange Haar und fuhr fort. »Ich verstehe es selbst nicht, aber sie hatten ein paar Fotos dabei, die vielleicht Licht in diese Angelegenheit bringen.«
»Ja?«
»Hier, ich habe die Bilder
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