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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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fünfundzwanzig Jahren einen Blumenstrauß gebracht hatte. Seltsame Menschen, diese Mörder, dachte er, während er sich auf den Weg zu seinem Auto machte, würde die jemals irgendjemand verstehen?
     
    Der Mann saß an seinem Laptop und starrte auf eine Internetseite der Prague Post . In den letzten Tagen hatte er das Gerät nicht angeschaltet und auch nur selten sein Handy. Er wollte nicht gestört werden. Die Mitteilung, die er vor ein paar Minuten abgehört hatte, war schon ein paar Tage alt. Außer Steve Persson, dem Nachrichtenredakteur der Post , hatte niemand eine Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen. Seine Frau hatte einmal versucht, ihn zu erreichen, aber nicht darauf gesprochen. Sie hasste Anrufbeantworter. Er hätte das verdammte Ding nicht ausschalten sollen.
    Nun hatte er also die Nachricht von Steve abgehört, in der dieser ihm mitteilte, die Post habe endlich mal einen echten Scoop gelandet. »Endlich sind wir aktueller als die tschechische Tagespresse! Yeah !!«
    Das waren sie, in der Tat. Die professionelle Freude über den Scoop wurde jedoch überschattet von seiner privaten Situation, von seiner Ehekrise. Ein dummer kleiner Ausrutscher, und schon saß man auf der Straße. Er konnte verstehen, dass seine Gattin beim Anblick der jungen Frau in ihrem Ehebett wütend geworden war. Was musste das verdammte Flugzeug auch kaputtgehen? Sonst war er bei seinen Rendezvous immer zu seiner Gespielin gegangen, in diese schreckliche Bruchbude von einer Wohnung, und hatte in diesem grässlichen Bett mit ihr geschlafen, von dem er jedes Mal Rückenschmerzen bekam. Es war reine Bequemlichkeit gewesen, die Kleine mit nach Hause zu nehmen. Und dafür hatte er nun eine gepfefferte Rechnung kassiert.
    Er hatte seine Frau nicht davon zu überzeugen vermocht, dass er sie über alles liebte und seine Eskapaden nichts mit ihr zu tun hatten.
    »Da hast du völlig recht«, hatte sie, äußerlich ruhig, geantwortet, »jetzt nicht mehr.«
    Sie hatte nicht geschrien, nicht getobt wie sonst immer. Diese für seine Frau ungewöhnlich ruhige Reaktion hätte ihm eine Warnung sein sollen. Zuvor hatte sie sehr höflich, wenngleich mit eiskalter Stimme, die entsetzte junge Frau, die das Bettlaken krampfhaft vor ihren hübschen, nackten Körper gehalten hatte, gebeten, ihre Sachen zu nehmen und die Wohnung zu verlassen. Die Kleine war gerade geflohen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ihn selbst hatte seine Frau dabei keines Blicks gewürdigt, hatte ihm nur über die Schulter zugeworfen, er möge sich – bitte ! – duschen und ins Wohnzimmer kommen. Er hatte sich gefühlt wie ein ungezogener Pennäler, der die Klassenlehrerin einmal zu oft getriezt hatte.
    Er hatte also geduscht, sich angezogen und war ins Wohnzimmer gegangen, noch immer überzeugt, alles erklären zu können und wie üblich, nach einem kleinen Wortgefecht und vielleicht ein paar Tagen ehelicher Funkstille, die Absolution zu erhalten. Seine Frau liebte ihn schließlich – von nur wenigem in seinem Leben war er mehr überzeugt gewesen als davon. Doch er hatte sich offenbar gründlich getäuscht. Selbst die große und bedingungslose Liebe seiner Frau hatte Grenzen, wie sie ihm deutlich zu verstehen gegeben hatte. Gespielt und verloren, dachte er reumütig.
    Zum Glück gab es einen Ort, an den er flüchten konnte. Seit einigen Jahren hatte er eine kleine Wohnung in Žižkov. Nur ein Zimmer mit Küche. Ab und zu brauchte er einfach seine eigenen vier Wände. Die Illusion, Junggeselle zu sein. Niemand wusste davon, vor allem nicht seine Frau. Er liebte sein kleines Geheimnis – die anderen, weit größeren Geheimnisse seines Lebens waren ihm viel weniger angenehm. Die Wohnung war sein Ein und Alles, sie hielt ihn am und im Leben. War sein letzter Zufluchtsort. Wenn er in seiner Wohnung übernachten wollte, war er auf Dienstreise, sonst verbrachte er einfach einen schönen, ruhigen Abend dort, bevor er spät nachts nach Hause ging. Er genoss diese Abende allein. Sie ermöglichten es ihm, die restliche Zeit ein guter Ehemann und Stiefvater zu sein. Er brauchte diese Freiheit wie die Luft zum Atmen.
    Die Wohnung hatte natürlich noch einen anderen großen Vorteil. Sie vereinfachte seine kleinen Rendezvous. Theoretisch jedenfalls. Er wusste selbst nicht mehr, warum er seine letzte Affäre nie mitgenommen hatte in seine kleine Absteige. Er hätte damals auf seine innere Stimme hören sollen. Aber er hatte die innere Stimme ignoriert – wie so oft. Die junge Kollegin

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