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Natascha

Natascha

Titel: Natascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rotarmisten Luka fest. Sie legten ihm den Lauf der Maschinenpistole auf die Brust und sagten freundlich: »Komm mit, Genosse! In deinem Magen ist etwas, was nicht hineingehört! Sieht aus wie ein kleines Bömbchen. Komm mit, Brüderchen!«
    »Ein Irrtum, Freunde!« sagte Luka entgeistert. »Ich bin gesund und pflege keine Bomben zu verschlucken.«
    »Mitkommen!«
    Was war zu tun? Einen Irrtum muß man aufklären. Es half auch nichts, daß Natascha schimpfte und beteuerte, es sei ein Irrsinn, so etwas zu glauben. Man setzte sich vor den heimlichen Röntgenschirm und ließ Luka noch einmal durch das Zimmer gehen. Und siehe da … im Magen Lukas lag etwas Dunkles, Rundes, deutlich Abgegrenztes. Wie eine kleine Eierhandgranate sah es aus.
    »Was nun, Genossin?« sagte der Offizier. »Ist das etwas oder nicht?! Müssen wir nicht nachsehen?! Ob's Luka ist oder nicht … wer kann heute noch einem Menschen trauen? Die eigene Mutter kann ein Anarchist sein. Es ist ein schweres Leben –«
    Nur unter Drohungen, ihn zu erschießen, bekam man Luka in die Lage, sich den Magen auspumpen zu lassen. Zwei Ärzte taten es schnell und gewandt und brachten die geheimnisvolle Bombe aus dem Magen an das Tageslicht. Ein verschluckter Pfirsichkern war's, und Luka sagte ächzend: »Es stimmt – gleich vor Jessey war's. Einen Ruck machte der Zug, und weg war er.«
    Nach dieser letzten, wirklich scharfen Kontrolle fuhr der Wagen zu einem kleinen, neuen Dorf. Weiße, flache Häuser waren es, dahinter hohe Schornsteine, große weiße Fabrikbauten mit gebogenen Röhren, einem Gewirr von Leitungen und geheimnisvollen Kuppeln. Auf der Straße kam dem Wagen ein Mann entgegen, ein großer Mann in einem weißen Leinenmantel. Mit beiden Armen winkte er.
    »Sedow«, sagte Natascha leise. »Das ist Sedow –«
    Einen Stich ins Herz gab es ihr, als sie ihn so auf sich zulaufen sah. Er lachte, er freute sich. Wie ein kleiner Junge war er, ausgelassen und fröhlich … und es war tatsächlich ein fremder Mann, der dastand und Natascha aus dem Wagen half und sie an sich zog und sie küßte.
    »Mein Liebes«, sagte er. Seine Stimme zitterte vor Glück, er legte beide Arme um Natascha und preßte sie an sich. »Mein berühmtes, süßes Vögelchen –«
    Nun war man also in Jessey, mitten in Sibirien. Sechs Jahre hatte man darum gekämpft, und Waleri Tumanow war deswegen ertränkt worden. Doch war es nötig gewesen? frage ich, denn Natascha freute sich nicht ihres Sieges über den Beamtenapparat, sondern suchte nach Worten, die sechs Jahre zusammenschrumpfen lassen sollten.
    Er freut sich wirklich, dachte sie. Wie fröhlich seine Augen sind. Er liebt mich noch. An nichts anderes hat er gedacht in den langen sibirischen Nächten als an mich. Man sieht's ihm an … er schwimmt in einem Meer von Glück.
    Und je mehr sie so dachte, um so kälter wurde es in ihr. Schrecklich war das, unverständlich. Sie schielte zu Luka hinüber … der Riese lachte dröhnend. Mit dem Feldwebel tauschte er Erlebnisse aus dem großen Kriege aus.
    »Wie lange darfst du bleiben?« fragte Sedow. Vor einem kleinen weißen Haus blieben sie stehen. In ihm wohnte Sedow mit einem anderen Ingenieur. Nun hatte man den Mitbewohner in das Nebenhaus gelegt, um Platz für Natascha und Luka zu schaffen.
    »Ich weiß es nicht. Man wird uns zurückholen, wenn es nötig ist –«
    Sedow schwieg. Ein paar Tage in sechs Jahren … wie bescheiden unsere Freuden werden.
    »Komm, Natascha«, sagte er stockend. »Hier wohne ich. Bestimmt ist es nicht so schön wie die Wohnung der ›Verdienten Künstlerin des Volkes‹ in Moskau. Eine berühmte Frau bist du geworden –«
    Am Abend saßen sie dann ohne Licht im Zimmer und Sedow erzählte von seiner Arbeit. »Riesige Raketen mit Atomköpfen stellen wir her«, sagte er. »Und eine Kapsel, in der man einen Hund in den Himmel schießen will. Um die Erde soll er kreisen, wie ein neuer Stern. Später wird es ein Mensch sein … Über hundert Hunde haben wir hier, die dafür ausgebildet werden. Und in einem anderen Ort trainiert man die Offiziere, die einmal bis zum Mond geschossen werden sollen. Ab und zu kommen sie hierher und lassen sich herumschleudern oder in Druckkammern einschließen, wo sie schwerelos werden und herumschweben wie eine Feder im Wind.«
    »Und daran arbeitest du, Lukaschka?«
    »Ich nicht allein. Wir sind an die vierhundert Ingenieure und Arbeiter hier. Interessant ist's, und es wird nicht lange dauern und wir haben den Vorsprung des

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