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Natascha

Natascha

Titel: Natascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Panzerwagen. Er hatte eine Uhr in der Hand und kontrollierte, wie lange es dauerte, bis die letzten Bataillone sich zur Stelle meldeten. Er war zufrieden. Eine gute Garnison, dachte er. Schnell ist's gegangen. Man wird es nach Moskau melden. Dort wird es der deutsche Botschafter erfahren und weitergeben nach Berlin. Überlegen werden's sich die Deutschen!
    Am Mittag des 2. September war alles wieder vorüber. Die Truppen kehrten zurück in ihre Kasernen, und Darja hatte es eilig, einen Feldwebel von der Kleiderkammer aus dem Zimmer zu entfernen, ehe Luka zurückkam.
    So ging der Dienst weiter wie bisher. Ausbildung und Paraden, Geländeübungen und politische Schulung. Wie Wildschwäne flogen die Tage dahin, und noch kürzer waren die Nächte in Nataschas weichen Armen, zugedeckt mit ihren schwarzen Haaren und umhüllt von dem Duft ihres Körpers, dem Geruch der wilden Kamille gleich.
    Luka wurde Unteroffizier. Alles war erstaunt darüber, am meisten er selbst. Sogar ein Amt bekam er, die Pflege und Herausgabe der Stiefel. Das hatte er schon immer getan, aber da es eine Unteroffiziersstelle war, beförderte der General ihn dazu. Ein Wechsel fand nur bei Darja statt. Luka duldete ab sofort keinen Liebhaber mehr, der rangmäßig unter ihm stand. Zu widersprechen wagte man nicht. Zwei Gefreite hatte er so verprügelt, daß sie ins Militärlazarett kamen. Das sprach sich 'rum.
    Weihnachten kamen Nikolai Igorowitsch Tschugunow und Olga Tschugunowa nach Smolensk. Bepackt waren sie wie die Lastesel der Kirgisen, mit Gebäck, Wurst, Butter, Eiern und Käse. Etwas ganz Besonderes hatte Olga mitgebracht: Eine Flasche Hagebuttenwein, die letzte, die Natascha noch gekeltert hatte.
    »Unsere Heckenrosen …«, sagte Natascha selig und streichelte die Flasche. »Was machen sie, Mütterchen …?«
    Nikolai musterte seine Tochter verstohlen. Er strich um sie herum, schüttelte dann den Kopf und ging mit Fedja zur Seite.
    »Was ist, Schwiegersohn Fedja?« fragte er zwinkernd. »Ich sehe noch nichts bei meinem Täubchen. Keine Rundung, keine Fleckchen auf der Backe, keine prallere Brust. Was soll's? Ich bin erstaunt.«
    Fedja Iwanowitsch Astachow senkte den Kopf. »Sie ist noch so jung, Väterchen …«
    »Hör sich das einer an! Zu jung! Die besten Fohlen werfen die jungen Stuten! Zu jung! Wie lange soll ich warten, bis ich meinen Enkel schaukle, he? Spielen will ich noch mit ihm, über die Steppe reiten, Fallen mit ihm stellen und die Füchse fangen! Du mißgönnst einem alten Mann die letzten Freuden, Fedja Iwanowitsch!«
    Nikolai war ehrlich empört. Natascha war kein unfruchtbarer Boden, es mußte an Fedja liegen. Und so gab er ihm bei einem Gläschen Wodka Ratschläge, wie man es machen müsse, einen alten Mann zum Großvater werden zu lassen. Geduldig hörte Fedja zu. Daß die Alten Weihnachten gekommen waren, mit Geschenken und gläubigem Herzen, wo es doch kein Weihnachten mehr gab, war schon unangenehm genug. Es durfte nicht auffallen. Eine Schande wäre es … zum besten Leutnant hatte ihn der Genosse General ernannt und seinen Namen nach Moskau zur Militärakademie gemeldet. Dort wurden die Generalstabsoffiziere ausgebildet, die zukünftigen Generale der Roten Armee. Seit drei Monaten bekam Fedja schon die Wojennaja Mysl, die große Generalstabszeitschrift, mit dem Vermerk: Nur für Generale, Admirale und Offiziere der Sowjetischen Armee und Marine. Ganz stolz war Fedja Iwanowitsch darauf, und er konnte es sein, denn er war der einzige Offizier seines Regiments, der sie lesen durfte.
    So verlief Weihnachten ganz still wie jeder andere Tag. Olga bescherte ihre Tochter und ihren Schwiegersohn, Fedja hatte für Nikolai eine warme Wolljacke und für Olga ein dickes Kleid gekauft, man aß einen Braten und trank Muskatwein dazu. Und wenn auch keine Glocken läuteten und keine Lichterketten in den Stuben hingen, feierlich war's doch, als Nikolai eine Rede hielt und schluchzend sagte, er sei so glücklich, daß Natascha glücklich sei.
    Am zweiten Tag des neuen Jahres fuhren sie wieder zurück nach Krassnoje Mowona. Natascha weinte sehr, und Nikolai ermahnte noch einmal Fedja, sich Mühe zu geben.
    »Im Herbst will ich etwas schreien hören!« kicherte er Fedja beim Abschied auf dem Bahnsteig ins Ohr. »Sonst hol dich der Teufel. Eine Uniform allein macht noch keinen Mann, merk dir's, Fedja Iwanowitsch …«
    Wieder war es Luka, der nachts an die Tür trommelte und Fedja aus dem Bett jagte. Er sah verstört aus, als Fedja

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