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Natascha

Natascha

Titel: Natascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Langsam ging er mit Natascha zu der Ikonenecke, vor der Nikitin stand, wieder der Pope, das Kreuz hochhebend und die jungen Menschen segnend.
    Dann knieten sie auf den harten Dielen, hatten die Köpfe gesenkt und hörten die murmelnden Worte des Priesters. Die symbolischen Blütenkränze wurden auf ihren Häuptern gewechselt, Nikolai schwenkte das Räucherkesselchen und hinter ihnen sang Olga mit ihrer brüchigen, schwankenden Stimme einen Choral. Nikitin beugte sich zu ihnen nieder, hob sie auf, küßte sie auf beide Wangen und segnete sie wieder.
    Einen Augenblick zögerte Fedja. Dann griff er zu, riß das Kreuz hoch und küßte es. Über das zerfurchte Gesicht Nikitins lief ein Zucken.
    »Gott ist die Ewigkeit«, sagte er leise. »Ist Gott in euch, so habt ihr das ewige Leben –«
    Dann küßte er Olga und Nikolai, drehte sich um, blies die Ewigen Lichter aus, zog sein goldenes Meßgewand aus, stopfte es zurück in die alte Segeltuchtasche und war wieder der alte Bauer Gennadi Wassilijewitsch Nikitin. Olga steckte ihm ein Paket zu … ein Stück des Ferkels, das sie gerettet hatte, eine Wurst, Speck und Schinken. Sie nahm die Ikone aus der Ecke und steckte sie in ihre Bluse. Nikolai brachte das Stalinbild und hängte es wieder auf.
    »Gott mit euch allen!« sagte Nikitin.
    Wie er gekommen, ging er zurück in den Wald. Heimlich, ein Schatten, der wegglitt in die Nacht.
    Leutnant Fedja bekam Urlaub. Mit seiner jungen Frau Natascha Astachowa fuhr er in den Norden, zu seinen Eltern, nach Pulkowo, an der großen Straße, die nach Leningrad führt.
    Sie hatten zur Hochzeit nicht kommen können. Mütterchen Astachowa hatte dicke Beine. Wasser, sagten die Ärzte, und punktierten sie jede Woche. Verreisen? Unmöglich! Ins Bett gehört sie! Soll der Sohn, der junge Leutnant, kommen!
    Also fuhren Fedja und Natascha nach Pulkowo.
    Zwei Wochen lebten sie dort, und Natascha blühte in ihrer Liebe auf. Wie eine Rose, die alles hat … Wind, Sonne und Regen. Nie sah man Fedja oder Natascha allein. Immer waren sie zusammen. Es war, als könne der eine ohne den anderen nicht atmen, als fehle ihm eine Lunge oder ein Teil des Herzens, wenn er allein war.
    Aber Glück ist wie das Morgenrot. Der Tag zieht unaufhaltsam herauf, und er kann windig sein, oder voll Regen oder dunkel von jagenden Wolken.
    So war es auch bei Fedja Iwanowitsch. Nach dem Morgenrot der seligen Liebe kam der graue Tag. Es war ein Befehl des Generals aus Smolensk. Eine Versetzung in die Stadt. Ein neuer Dienst als Ausbildungsoffizier in der Kaserne am Dnjepr.
    »Schön ist es in Smolensk«, sagte Fedja, um seine junge Frau zu trösten. »Geschäfte gibt es dort, und Kinos, und ein Theater. Ein großes Schwimmbad ist auch da. Wir werden glücklich sein, Natascha. Überall sind wir glücklich, wenn wir nur zusammen sind.«
    Sie nickte. Sie hatte Angst vor der großen Stadt. Wie weit war Smolensk entfernt von Krassnoje Mowona! Nur einmal oder zweimal im Jahr würde sie die Datscha besuchen können. Sicherlich würde Väterchen Nikolai schreiben und erzählen, wie es allen ging … aber Worte waren es ja nur, wie aus einer fernen Welt herbeiflatternd. Märchen aus der Steppe, Träume von jungen Schwänen –
    Am vorletzten Tag des Urlaubs fuhren Fedja und Natascha Astachowa von Pulkowo nach Smolensk. Zwei kleine Zimmerchen sollten sie bekommen, in einem Haus neben der Kaserne. Von der Küche konnte man auf den Kasernenhof sehen. Das war schön. So sah sie jeden Tag Fedja vor der Kompanie stehen. Und wie er brüllen konnte, fast wie Luka, nur heller, forscher, mitreißender.
    Überhaupt Luka! Fedja bekam einen Brief seiner alten Kompanie aus Schamowo. Mit Luka war es ein Kreuz geworden. Total verrückt war der Kerl. Heulte wie ein geprügelter Hund, weil sein Leutnant nicht mehr bei ihm war. Dem Kommandeur schmierte er die Stiefel mit Schmierseife ein und rieb ihm statt Pomade Zahncreme ins Haar. Nicht mehr auszuhalten war es mit ihm. Selbst die Darja schlug er in der Nacht. Das war fast wie ein Zeichen, daß für ihn die Welt untergegangen war.
    Fedja Iwanowitsch las diesen Brief mehrmals und diskutierte mit Natascha darüber. Dann ging er zum Genossen General, legte ihm den Brief vor, erzählte von Luka, dem Idioten, und stellte den Antrag, auch Luka nach Smolensk zu versetzen.
    »Alles tut er, Genosse General«, sagte Fedja Astachow. »Es gibt nichts, was Luka nicht täte. Wie ein Elefant ist er, stark und treu. Man sollte ihn wirklich nach Smolensk holen. Es wäre

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