Nathan King - der Rinderbaron
ausmanövriert. Offensichtlich hatte Nathan es sehr eilig, wieder mit ihr allein zu sein, und gönnte ihr nicht einmal eine kurze Verschnaufpause.
Jim Hoskins schien es ihm nicht übel zu nehmen. “Schade, dass Sie so in Eile sind”, sagte er nur und deutete auf einen schweren Geländewagen in der Nähe. “Der Wagen steht bereit, die Schlüssel stecken.”
“Danke, Jim. Dann machen wir uns gleich auf den Weg.”
“Viel Spaß.”
Der Parkranger winkte ihnen noch einmal freundlich zu, und Miranda musste sich damit abfinden, nun wieder allein mit Nathan zu sein.
Wortlos gingen sie zum Wagen. Doch Miranda machte sich nichts vor. Früher oder später würde Nathan sie wegen ihrer Entscheidung auf die Probe stellen. Aber solange er es bei Worten beließ, würde sie ihm – bei aller gebotenen Höflichkeit – die passende Antwort geben. Sollte er doch denken, was er wollte. Hauptsache, sie würde sichere Distanz zu ihm wahren.
Sie waren schon ein ganzes Stück Wegs gefahren, und das Schweigen im Wagen wurde immer bedrückender. Der schwere Geländewagen kämpfte sich durch unwegsames Gelände, durch tiefen Sand, über holprige Bodenwellen und Felsbäche, die den Pfad kreuzten. Es war eine karge, öde Landschaft. Nirgendwo eine Spur von menschlichem Leben, hier und da Büschel von Stachelkopfgras und die hohen, konisch zulaufenden Termitenhügel.
Eine ganz andere Welt. Und Miranda spürte allmählich, dass auch der Mann an ihrer Seite so ganz anders war, als sie es gewöhnt war. Ein Mann, der seine eigenen Regeln schrieb. Nicht sie bestimmte dieses Spiel, sondern er. Er setzte das Tempo fest und die Bedingungen. Eine Erkenntnis, die Miranda frösteln ließ. Nathans geduldiges Schweigen bei Tisch am ersten Abend, sein Schweigen während des Fluges mit dem Hubschrauber und jetzt im Geländewagen … er schien auf etwas zu warten. Auf was?
“Du hast recht”, sagte Nathan unvermittelt, “ich biete dir keine Romantik. Diesen Weg habe ich bereits mehrmals beschritten und bin jedes Mal mit leeren Händen zurückgekommen. Katzengold.”
Sein verächtlicher Ton ließ sie aufhorchen. Nathan warf ihr einen herausfordernden Blick zu. “Sieh dich um”, sagte er und deutete auf das karge, unwegsame Gelände. “Mein Leben ist mit diesem Land unauflösbar verknüpft. Hier reduziert sich alles auf ganz elementare Bedürfnisse. Ich achte die elementaren Bedürfnisse, und es erscheint mir sehr sinnvoll, sie mit anderen Menschen zu teilen.”
Miranda begriff, dass er von einer krassen Wirklichkeit sprach, mit der er Tag für Tag konfrontiert wurde. Hier war die Achtung … und das Teilen … elementarer Bedürfnisse nicht selten eine Frage des Überlebens. Immer wieder las man von Menschen, die im Outback umgekommen waren, weil sie die Einsamkeit und Weite dieser rauen Gegend unterschätzt hatten.
“Zwischen uns ist nun etwas ganz Elementares, das wir miteinander teilen könnten”, fuhr Nathan ruhig fort.
Aber man kann auch ohne Sex überleben, dachte Miranda insgeheim, hielt es jedoch für klüger, zu schweigen.
“Ein Miteinander-Teilen, kein bloßes Nehmen”, fügte Nathan hinzu.
Miranda schwieg beharrlich und wich seinem forschenden Blick aus.
“Die Spiele, die Männer und Frauen in der Welt spielen, aus der du kommst, interessieren mich nicht. Ich mache keine Versprechungen, die ich nicht halten kann oder will. Ich sage es, wie es ist: Ich will dich … und du willst mich, Miranda.”
Das endlich veranlasste sie zu einer Reaktion. “Oh nein, das stimmt nicht!”, widersprach sie heftig.
Seine Augen leuchteten verächtlich auf. “Du kannst es leugnen, soviel du willst, aber das ändert nichts.”
“Hast du so auch deine letzte … Mätresse überredet, mit dir ins Bett zu gehen?”
“Mätresse?”
Sein ungläubiger Ton war für Miranda Grund genug, ihre unbedachten Worte zu bedauern. Warum hatte sie sich dazu hinreißen lassen? Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Landschaft zu und hoffte, damit einer weiteren Diskussion aus dem Weg zu gehen.
Weit gefehlt! “Ich weiß nicht, wie das in deiner Welt ist, Miranda”, sagte Nathan scharf, “aber ich bin nicht verheiratet, und wenn ich eine Frau hätte, würde ich mir keine … Mätresse suchen.”
Mätresse, Geliebte … was war schon der Unterschied, wenn es im Grunde nur um Sex auf Abruf ging?
“Meine bisherigen Beziehungen waren ausnahmslos von beiden Seiten gewollt, und keine davon war ehebrecherisch”, fuhr Nathan verächtlich fort.
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