Nathanael
hin.
«Tessa, gib es mir!», brüllte er sie an. Sie stand auf und schleuderte es mit einem unterdrückten Aufschrei durch die Luft, wo er es abfing. «Gut gemacht.»
Sie keuchte von der Anstrengung. «Bring ihn endlich um. Schneid ihm das verfluchte Herz aus der Brust. Ich will noch nicht sterben.» Sie wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht. Entschlossenheit lag in ihrem Blick. Sie hatte ihre Angst überwunden.
Als der Dämon sich ächzend aufbäumte, hielt Nathanael mit letzter Kraft dagegen. Seine Beine fühlten sich durch das Gift, das sich wie Säure durch seine Adern fraß, wie Gummi an.
«Töte ihn, Nathanael, töte ihn», hörte er sie flüstern. Ihr eben bewiesener Mut verlieh ihm ungeahnte Reserven. Er wollte sich nie wieder wie ein Versager fühlen! Niemals! Gina konnte er nicht wieder lebendig machen, aber Tessa würde er retten.
Er schüttelte den Kopf, um die Benommenheit daraus zu vertreiben, und hieb dem Dämon das Schwert in den Nacken. Röchelnd streckte sein Gegner alle Glieder von sich.
Mit zusammengebissenen Zähnen beugte Nathanael sich hinab und zog ein Sichelmesser aus der Weste.
Tessa presste sich die Faust vor den Mund. Der Dämon unter ihm zuckte und sein Atem rasselte wie tausend Käferschalen.
«Schließ die Augen, Tessa», sagte er keuchend.
«Nein, ich kann das ertragen», flüsterte sie.
Seine Zunge hing schwer und pelzig im Mund, sodass er wie ein Betrunkener lallte. Nathanael horchte bei ihren Worten auf. Nur zu gut erinnerte er sich, mit welcher Abscheu sie allen von Joel erzählt hatte. Doch er spürte, wie sehr sie ihm damit beweisen wollte, dass sie sein Leben akzeptierte. Nicht dass es einen Unterschied machte. Sie konnte trotzdem nie Teil seines Lebens sein.
Er hockte sich hin und mit der gewohnten Präzision stach er das Messer tief in den Leib der Bestie, drehte es und schälte das Herz heraus. Das Röcheln unter ihm erstarb schlagartig, der Körper des Dämons löste sich auf. Auch das Dämonenherz schrumpfte in seiner Hand, bis es zu Staub zerfiel. Obwohl er es oft genug erlebt hatte, fühlte es sich immer wieder seltsam an.
Das Messer entglitt seiner Hand und polterte auf den Boden. Allmählich verließen ihn seine Kräfte. Tessa? Sein Blick suchte nach ihr, doch alles, was er sah, waren graue Schlieren. Er geriet ins Taumeln und kippte zur Seite, konnte sich aber am Sessel abstützen.
Die Prozedur, die er gleich auf sich nehmen musste, war äußerst schmerzhaft, aber wirkungsvoll und seine einzige Chance, sich vom Gift zu befreien. Dämonengift konnte Menschen töten oder für immer erblinden lassen. Bei Blutengeln führte es zu einer kurzen Lähmung.
«Was hast du vor?»
«Frag nicht …»
Seine Armmuskeln unterhalb der Wunde zuckten unkontrolliert, als führen Stromstöße hindurch. Tessa atmete schnell.
Der auflösende Dämonenkörper gab das Schwert frei, das er ergriff. Er streifte die Weste ab und schlitzte mit der Klinge seinen Pullover auf, um die klaffende Wunde freizulegen. Er spürte, wie Tessa den Atem anhielt, als das Schwert zu vibrieren begann. Alles um ihn herum begann sich zu drehen und er wankte. Seine Hand öffnete sich und das Schwert fiel klirrend auf den Boden.
«Du musst … mir … helfen», presste er hervor.
Tessa bückte sich und hob das Schwert auf. «Was … was muss ich tun?», fragte sie.
«Leg … die Klingenspitze in die Wunde. Aber … mach schnell.»
Tessa nickte. Er sah, wie es in ihrem Gesicht zuckte und ihr Blick sich auf den Schnitt fokussierte. Sie umklammerte den Schwertknauf mit beiden Händen und hob die Klinge langsam an.
«Jetzt», sagte er und keuchte. Tessa nickte.
Er biss die Zähne fest zusammen, bevor sie die Spitze des Flammenschwertes in die Wunde legte. Kaum berührte das Metall seine Haut, schoss eine Flamme aus der Spitze und drang in seinen Körper. Ein tiefes, animalisches Stöhnen entrang sich seiner Kehle.
Verdammt, das Engelsfeuer bereitete jedes Mal höllische Schmerzen. Er spürte, wie das Feuer sein Blut erhitzte, bis das Gift verdampfte. Es dauerte nicht lange, bis es seinen Körper verlassen hatte. Der Geruch verbrannten Fleisches hing in der Luft. Der Nebel in seinem Kopf lichtete sich und die Kraft kehrte in seinen verwundeten Arm zurück.
«Nathanael?» Tessas Stimme drang in sein benebeltes Hirn.
«Du kannst sie jetzt wieder fortnehmen», sagte er heiser. Behutsam zog sie die Klinge aus der Wunde und ließ das Schwert fallen.
Ihre eiskalte Hand umfasste seinen Arm,
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