Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
Zeit, dass dir geholfen wird, Vicky. Ich habe jemanden mitgebracht, der sich um dich kümmern wird.« Er streckte seine Hand aus und jemand trat in mein Zimmer. »Du brauchst weibliche Fürsorge, Vicky. Das ist meine Freund… na ja, ihr beide kennt euch ja schon.«
Ich blinzelte. Das musste ein schlechter Scherz sein. Hatte Ludwig tatsächlich seine neue Freundin mitgebracht, damit sie sich um mich kümmerte?!
»Hallo, Vicky.«
Ich erstarrte, als ich die säuselnde Stimme vom Kopfende meines Bettes hörte. Das konnte doch nicht wahr sein!
Rita? Es war die Sekretärin meines Vaters, die es schon so lange auf ihn abgesehen hatte und die mich hasste! Ihre Stimme hatte den zähen Inferni-Nebel in meinem Kopf durchschnitten. Ich riss den Kopf herum und starrte sie an. Und plötzlich gefror ich zu Eis.
Rita, die rein äußerlich nie mehr als mäßiger Durchschnitt gewesen war, mit ihren plattgedrückten, schnurgeraden, roten Haaren, ihren falschen Fingernägeln und den Tonnen von auffälligem Modeschmuck, der an ihr baumelte, lächelte mich zuckersüß an. Aus ihrem Brustkorb hing ein hässlicher Dämon, der gierig seine Arme nach mir ausstreckte.
»Ich werde mich um dich kümmern«, säuselte sie. »Solange dein Vater unterwegs ist …«
»Unterwegs? Was heißt ›unterwegs‹?« Mein Blick schoss zu Ludwig.
»Ich verstehe, dass es dir nicht gut geht, Vicky«, sagte Ludwig. »Die Sache mit deiner Mutter … dieses Trauma, es musste ja irgendwann so kommen. Aber ich kann dich nicht den ganzen Tag allein zu Hause lassen. Und ich habe das Gefühl, dass dir vielleicht … eine weibliche Hand fehlt.«
»Mir fehlt gar nichts! Sie soll verschwinden!«
»Vicky!«, sagte Ludwig entrüstet. »Rita hat sich sogar bereit erklärt, für dich zu kochen! Sie wird für ein paar Tage hier wohnen, um dich …«
»Kommt nicht in Frage!«
»Aber Vicky«, säuselte Rita, während der Dämon in ihr aufgeregt mit seinen stumpfen, ledrigen Flügeln schlug. »Wir beide werden viel Spaß haben! Nur wir zwei Mädchen.«
Ramiels Flammen flackerten drohend, während er den Dämon in Rita anknurrte, doch der Dämon bleckte nur seine Zähne und zischte. Ich schlug die Decke zurück und stolperte so hastig aus dem Bett, dass ich beinahe hinfiel.
»Ist nicht notwendig!«, sagte ich entschieden und griff nach irgendeinem Kleidungsstück auf dem Boden. Ich musste mich auf meinem Sessel abstützen, weil mir plötzlich schwindlig wurde.
»Es geht mir schon viel besser. Sie braucht nicht hierzubleiben. Ich gehe in die Schule.«
Rita lächelte mich klebrig an. »Aber Vicky, das mache ich doch gern.«
Ich starrte in die roten Augen des hässlichen Dämons. »Das glaube ich dir.« Ich schnappte meine Schultasche und warf Ramiel einen raschen Blick zu. Er war sofort an meiner Seite.
»Entschuldigt mich. Ich komme zu spät.«
Ich hatte keine Ahnung, dass Rita besessen ist! , dachte ich panisch, während ich aus der Wohnung hastete. Kann ich sie überhaupt mit Ludwig allein lassen? Sie wird ihm doch nichts tun?
»Der Dämon in ihr hat es auf dich abgesehen«, erwiderte Ramiel. »Wahrscheinlich ist sie noch nicht lange besessen. Lazarus muss ihn auf dich angesetzt haben. Ludwig ist bestimmt in Sicherheit, weil diese Rita nur über ihn an dich rankommt.«
Diese falsche Schlange! Wie hat sie es nur geschafft, dass Ludwig auf sie hereinfällt? Ganz abgesehen davon hätte ich schon früher niemals etwas gegessen, das sie gekocht hat. Sie hat mich schon gehasst, bevor sie besessen war. Mich und meine Mutter, ich glaube, wir waren ihr im Weg.
»Sympathische Frau«, murmelte Ramiel. »Da hat sich Lazarus ja die Richtige ausgesucht. Niedere Dämonen können nämlich nicht einfach nach Belieben von Menschen Besitz ergreifen.«
Sondern?
»Lass es mich einfach so sagen: Wahrscheinlich ist diese Rita keine besonders nette Person. Es muss etwas da gewesen sein, das diesen Dämon hereingelassen hat, verstehst du?«
Als ich in der Schule ankam, hatte der Unterricht schon begonnen. Ich hastete am Sekretariat vorbei die Treppen hinauf, als plötzlich jemand meinen Namen rief.
»Victoria!« Es war Herr Wagner. Er lief aufgeregt auf mich zu. »Ich habe auf dich gewartet!«
Ich deutete die Treppen hinauf. »Aber ich muss zum Unterricht …«
»Das ist egal! Komm mit!« Er zog mich ungeduldig mit sich in einen leeren Konferenzraum neben dem Sekretariat. Dann schloss er sorgfältig die Tür und drehte sich zu mir um. »Wegen der Sache in der Schlucht
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