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Nathaniels Seele

Titel: Nathaniels Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Natur es war, ahnungslose Seelen einzufangen. Er würde nichts tun, was sie nicht selbst wollte? Was sie wollte …
    „Es ist bei uns ganz normal, dass wir nackt baden“, rief er ihr zu. „Ich denke mir nichts dabei. Und das solltest du auch nicht tun.“
    „Bei uns ist das aber nicht normal. Bei uns zeigen Männer nicht einmal ihren entblößten Oberkörper.“
    „Selbst schuld. Vergiss für heute Nacht, wer du bist. Tu, wonach dir ist. Denke nicht darüber nach. Leg all diese dummen Fesseln ab. Koste das, wonach es dich hungert.“
    Josephine seufzte. Vergessen, wer sie war. Tun, wonach ihr war. Das kosten, wonach sie sich verzehrte. Dieser Gedanke war ebenso verlockend wie sein Lachen. Wusste Nathaniel, dass die Köstlichkeit, an die sie bei seinen Worten zuerst dachte, er selbst war?
    Bebend vor Nervosität begann sie, sich auszuziehen. Mit jedem Kleidungsstück, das sie ablegte, schälte sich etwas von ihrem alten Wesen ab. Schließlich, als Josephine das letzte Teil ablegte, fühlte sie sich befreit. Jetzt gab es nur noch sie, die Nacht und einen Waldgeist, der Lust hatte, sich mit ihr zu messen. Wind strich durch die Wipfel der Tannen, liebkoste ihren Körper. Genauso verlockend wie Nathaniels Stimme und der Gedanke, alles hinter sich zu lassen.
    Josephine ließ sich ins Wasser gleiten. Es entpuppte sich als überraschend warm, denn während die Luft sich abkühlte, war im See noch die sommerschwere Wärme des Tages gespeichert. Die Stunden, in denen das Wasser still im Sonnenlicht dahingedämmert war, gaben ihre gesammelte Kraft nun in ihren Körper ab. Als sie auf Nathaniel zu schwamm, war es, als glitte sie durch flüssige Seide.
    „Verrätst du es mir jetzt?“ Josephine verharrte keinen Meter vor ihm. Wasserpflanzen kitzelten ihre Zehen, als sie strampelnd ihre Position hielt.
    „Was soll ich dir verraten?“
    Seine Augen funkelten. Triumphierte er, weil er sie erfolgreich genötigt hatte, es ihm gleichzutun? Weil sie nackt vor ihm schwamm, verletzlich und ausgeliefert?
    „Was hast du hier getan? War das Blut in deinem Gesicht?“
    „Es war Blut, vermischt mit Kohle.“
    „Was für Blut?“
    „Meines. Es hilft am besten.“
    „Wobei hilft es?“
    „Dazu müsste ich viel zu weit ausholen. Es hat etwas mit Geistern, Konzentration und der großen Einheit zu tun. Etwas, mit dem ich mich durch Opferung meines Blutes verbinden möchte. Klar soweit?“
    „Nein. Nennen wir es einfach indianische Tradition?“
    „Nennen wir es so.“
    Er lachte wie ein verspielter Satyr, warf sich herum und schwamm zu den Felsen hinüber. Dort streckte er sich genüsslich aus, offenbar ruhend auf einem dicht unter der Oberfläche liegenden Stein. Als er den Kopf zurückneigte, um sein Haar ins Wasser zu tauchen, lag etwas unerhört Laszives in dieser Geste. Er wollte sie verführen. Zweifellos lag es in seiner Absicht, ihre Beherrschung auf die Probe zu stellen. Doch sie entschied, ob sie sich an diesem Spiel erfreuen oder sich ihm entziehen würde. Ob er erfolgreich war oder unterlag, Sei es drum. Hier und heute war sie nicht minder abenteuerlustig als er. Nathaniel wirkte zufrieden, als sie sich zu ihm gesellte. Doch hier auf ihrem Land war sie die Jägerin und er ihre Beute. Der flache Felsen, auf dem sie nun Seite an Seite lagen, war von Algen überzogen. Sie bildeten ein weiches Polster, auf dem es sich bequem sitzen ließ. Wieder erschien dieses triumphierende Lächeln auf seinem Gesicht, doch diesmal war es feiner. Subtiler. Bedrohlicher. Eine einzige, pure Herausforderung.
    Josephine biss sich auf die Innenseite ihrer Wange und blickte hoch. Tropfen lösten sich von dicken Teppichen aus Moos, die die Felsen überwucherten und über ihnen einen kleinen Vorhang bildeten. Das leise Geräusch, mit dem sie ins Wasser fielen, besaß etwas Hypnotisierendes. Benommen beobachtete Josephine die auslaufenden Ringe, die sich zwischen ihrem und seinem Körper bildeten. Es war nur eine kleine Ablenkung, ein winziges Quälen, bevor sie den Blick hob und das ansah, was sie so sehr faszinierte. Im Kontrast zu Nathaniels Haut schien die ihre zu leuchten. Hell wie eine Nymphe. Verschlangen sie sich ineinander, wären sie eine perfekte Symbiose aus Gegensätzen.
    „Du willst wissen, was das für ein Ritual war?“ Rekelnd brachte er sich in eine bequemere Position und tat, als spüre er ihre nervösen Blicke nicht. Vielmehr schien er sie zu genießen.
    „Ja.“
    „Willst du es kurz und knapp oder lieber

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