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Natürliche Selektion (German Edition)

Natürliche Selektion (German Edition)

Titel: Natürliche Selektion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Chaux?«
    »Oben am Berg bei der Bahnstation. Dort wo der Leuchtturm steht.«
    »Leuchtturm?«
    Christine lachte. »Na ja, eigentlich der Kamin der Fabrik, den sie zum Leuchtturm umgebaut haben. Weil hier einmal Meer war, sagen sie.« Sie mixte den zweiten Drink, den Audrey mit dem Zeigefinger bestellt hatte, dann fragte sie beiläufig: »Sind Sie morgen Abend noch hier?«
    Gute Frage. Sie wusste immer noch nicht, was sie als nächstes unternehmen sollten. »Warum?«, fragte sie achselzuckend.
    »Freitag Abend steigt wieder eine Soirée. Sie könnten mitkommen.«
    »Nur wenn genügend knackige Geologen dabei sind«, grinste sie.
    »Keine Sorge, ich kann Sie in den VIP-Käfig einschleusen. Dort versammeln sich die Bosse aus dem Berg. Ich kenne alle.«
    Das glaubte sie der attraktiven Christine aufs Wort. Das Angebot der jungen Frau war ein Geschenk des Himmels. Ohne sich mit Leo abzusprechen, nahm sie die Einladung an.
Mont Terri, Schweizer Jura
    Der hämmernde Bass dröhnte noch immer in Audreys Kopf. Nach der höllischen Licht- und Farbenorgie im Gewirr der Metallstege, Rohre und Bottiche an der nackten Felswand war sie erst morgens um sieben ins Bett gefallen. Aber die wilde Nacht hatte sich gelohnt. Immerhin saß sie nun mit Leo im Wagen des Chefs der Galerie 04 des Mont Terri Felslabors, auf dem Weg zur stillgelegten Nische des Basler Pharmakonzerns. Mitten im Autobahntunnel, durch den sie vor drei Tagen gekommen waren, spurte ihr Führer in eine Ausfahrt ein.
    »Der Sicherheitsstollen«, erklärte er. »Der einzige Zugang zum Tunnelsystem. Er führt in die Sicherheitsgalerie. Von dort zweigen die andern Tunnels ab. Wir haben hier fünf Galerien. Die 04 heißt so, weil sie 2004 in Betrieb genommen worden ist.«
    Der Stollen war zwar winzig im Vergleich zum Autobahntunnel, aber doch groß genug, um selbst Lastwagen bequem passieren zu lassen. Leuchtstoffröhren sorgten für erstaunlich helles Licht im ganzen Röhrensystem des gigantischen Labors. Hin und wieder zweigten Nebenstollen von ihrem Tunnel ab oder sie erblickten Nischen, in denen Leute in ihren weißen Schutzhelmen an Schränken voller Messgeräte arbeiteten.
    »Was tun all diese Leute hier eigentlich?«, fragte Audrey unvermittelt.
    Der Mann am Steuer grinste. »Wenn ich das wüsste«, seufzte er. Ein Scherzkeks, dieser Greg. Eigentlich Gregor McAllister, ein Schotte, dessen Sprache sie manchmal kaum verstand.
    »Ich dachte, du bist der Boss hier?«
    »Klar weiß ich, was die tun. Das ist eine lange Geschichte. Kurz zusammengefasst untersuchen wir die Durchlässigkeit des Opalinustons für Wasser, Gase und verschiedene Chemikalien. Sulfate zum Beispiel, die leicht Säuren bilden. Wir suchen ja nach Gesteinsformationen, die Lager mit radioaktivem Material zum Beispiel gegen das Grundwasser abdichten, und zwar unter allen möglichen Bedingungen und über sehr lange Zeiträume.«
    »Und – tut der Ton das?«, fragte Leo spitz. Man hörte ihr trotz des Motorenlärms die Skepsis an.
    Greg blieb die Ruhe selbst. Er war wohl kritische Besucher ohne jedes Fachwissen gewohnt. »Bis jetzt sind wir ganz zufrieden«, antwortete er. »Sie sehen es übrigens auch mit bloßem Auge. Die Felswände hier sind staubtrocken, nicht feucht wie in den meisten andern Tunnels. Das ist euch sicher aufgefallen.«
    »Ja klar, sofort«, lachte Audrey.
    Vor einer Abzweigung, die mit ›RM-A‹ bezeichnet war, bremste Greg. »Da sind wir: Die Höhle von Remedis.« In dem Augenblick, als er um die Ecke biegen wollte, brauste eine Kolonne von Kleinlastern aus dem Seitenstollen. Der vorderste der vier Wagen hupte und gab aufgeregt Lichtzeichen. Greg setzte den Wagen mit einem heftigen Ruck zurück, dass ihr der Sicherheitsgurt schmerzhaft ins Fleisch schnitt. »Bloody Bastards!«, schrie er den davonrasenden Autos nach.
    »Du kannst dich ja richtig aufregen«, keuchte Audrey, kaum war sie wieder zu Atem gekommen.
    Sein lockerer Humor hatte sich kurzzeitig verabschiedet. »Diese Idioten«, schnaubte er. »Wissen genau, wie schnell sie fahren dürfen.«
    »Was wollten die hier?«
    Greg blickte sie ratlos an. »Ich habe keine Ahnung, ehrlich.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Das gibt’s gar nicht.«
    »Offenbar schon«, murmelte Leo auf dem Hintersitz.
    Er schien sie nicht gehört zu haben. Immer noch in Gedanken versunken, legte er den Gang ein und fuhr vorsichtig an. »Nicht mal die Wagen kenne ich«, brummte er verärgert.
    »BL 902 909«, sagte Audrey.
    »Was?«
    »Das

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