Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Natürliche Selektion (German Edition)

Natürliche Selektion (German Edition)

Titel: Natürliche Selektion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
Vom Netzwerk:
telefonisch bestätigt, aber er musste sich mit eigenen Augen und Händen überzeugen, um wirklich zu begreifen, dass ihr Ziel in Reichweite war. Alles war vorbereitet für den erfolgreichen Endspurt. RDC wartete sozusagen ›Gewehr bei Fuß‹ auf den Produktionsstart. Jodie Rowley, die Biologin und Ruth Seiler, die Pharmakologin leiteten das kleine Team der Wissenschaftler, die das künftige Schicksal der Menschheit entscheidend beeinflussen würden. Nornen, Schicksalsgöttinnen, die Bezeichnung war durchaus angebracht, dachte er schmunzelnd.
    Dr. Seiler kam freudestrahlend auf ihn zu, kaum hatte er sich angemeldet. »Jodie erwartet Sie mit Upya im Labor. Beide können kaum erwarten, ihre Künste zu demonstrieren«, lachte sie. Upya – sie verdankten dieser geduldigen Schimpansenfrau viel, die das Experiment der Phase drei von Anfang an begleitet hatte. Im Grunde war das Tier die dritte der Nornen. Die Biologin ging voran ins Allerheiligste, den Sicherheitsbunker. »Bitte folgen Sie mir, Colonel.«

KAPITEL 9
     
Hôpital Pitié-Salpêtrière, Paris
    D er Notfall am frühen Morgen brachte fast so etwas wie Normalität in Leos Berufsleben zurück. Die Patientin erforderte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Es blieb keine Zeit, sich über fiese Bemerkungen und neuerdings fehlende Mails zu ärgern. Doch die zwei Stunden waren nun vorbei. Der vergiftete Alltag holte sie wieder ein. Kurz nach elf saß sie am selben Platz in der Cafeteria, wo sie oft mit Michel die Mittagspause verbracht hatte. Bildete sie es sich nur ein, oder mieden auch hier die Leute den Kontakt mit ihr? Nicht dass sie sich sonderlich nach Gesellschaft sehnte, aber ihr schien, dass auch gute Bekannte aus ihrer Abteilung nur ungern grüßten. Sie hatte die Wirkung des katastrophalen Zeitungsartikels sträflich unterschätzt. Die Mühlen der Justiz mahlten auch in Paris langsam. Die Richtigstellung ließ auf sich warten, und die Lügen wandelten sich mit der Zeit zur schockierenden Wahrheit. Eine solche Diffamierungskampagne konnte man nicht einfach aussitzen, das war ihr inzwischen auch klar. Zu spät. Der Schaden war kaum mehr zu beheben, und doch musste sie etwas unternehmen. In diesem Reizklima konnte sie nicht weiterarbeiten. Jetzt, da ihr Verdacht Gewissheit geworden war, da sie wussten, dass Michel und seine Freunde einem Verbrechen zum Opfer gefallen waren, wollte sie keine Zeit mehr verlieren, die Verantwortlichen aufzuspüren. Der interne Zermürbungskrieg in der Klinik musste so schnell wie möglich enden.
    »Hörst du mir überhaupt zu?«, fragte Edmond vorwurfsvoll.
    Sie hatte nicht bemerkt, dass er sich mit einer dicken Cholesterinbombe auf dem Teller an den Tisch gesetzt hatte. »Entschuldige, deine Charlotte hat mich abgelenkt«, log sie. »Was hast du gesagt?«
    »Du solltest dir auch etwas Süßes gönnen. Das beruhigt die Nerven.«
    »Meine Nerven sind ruhig.«
    »Es grenzt tatsächlich an ein Wunder, wie du in dieser Situation ruhig bleiben kannst. Ich wäre wahrscheinlich längst straffällig geworden.«
    Sie schmunzelte. Edmonds Temperament kannte sie. »Darauf warten doch alle. Auf einen Fehler von mir, damit sie mich abschießen können.«
    »Sieht aus, als hätten sie ihn schon gefunden«, brummte er zwischen zwei Bissen. »Muehlberg hat eine Bemerkung gemacht. Du benutzt neuerdings die Praxis für private Zwecke, meinte er.«
    »Muehlberg, der kann mich mal!«, schnaubte sie giftig. Stand der Umzugstermin in ihr Chefbüro schon fest? Dieser Dragoner war der Einzige, der sie an der Klinik wirklich in Rage versetzen konnte.
    Edmond grinste. »Die Frage, woher er das wisse, wollte er mir übrigens nicht beantworten.«
    »Ich kann’s mir vorstellen, aber danke, dass du mich gewarnt hast.«
    »Wozu hat man Freunde? Apropos – du könntest mir auch einen Gefallen tun.«
    »Lass mich raten: es geht um Audrey.«
    »Ja, wie kommst du darauf? Im Ernst, ich – müsste wissen, wann sie Geburtstag hat.«
    »Kann mir zwar nicht vorstellen, wozu du das wissen musst«, nörgelte sie, »aber warum fragst du sie nicht einfach?«
    »Sehr witzig, Leo, wirklich. Wo bleibt da die Überraschung?«
    Begeistert war sie nicht. Die beiden spürten offensichtlich den Frühling. Sie hatte die Warnung an ihre Tochter damals ernst gemeint. Edmond war ein Schürzenjäger. Aber Audrey war alt genug, zu wissen, was gut für sie war. Sie gab ihm die Information mit der Bemerkung: »Ich hoffe, du weißt, worauf du dich einlässt.«
    Statt zu antworten, deutete

Weitere Kostenlose Bücher