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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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harmonisches Treiben. Ein Reich fernab von allem, das seinen eigenen Frieden besaß. Wie ein Traum.
    »Ich könnte hier glücklich sein«, sagte Erenwin leise. Alles hatte sich für ihn verändert, plötzlich besaß er wieder Empfindungen und erinnerte sich immer mehr an sein früheres Leben. Ihm war die Aufmerksamkeit der Daranil nicht unangenehm, und Alrydis’ Nähe … ja, dafür hatte er noch kein Wort gefunden. »Ich würde nichts mehr entbehren, keine Sehnsucht mich länger quälen. Mit den Schiffen zu reisen, hier unter dem Himmel zu ruhen … was für ein herrlicher Ort.«
    »Ja, und er ist sehr friedlich, weil er so abgeschieden und schwer zu erreichen ist«, erklang die Stimme eines Mannes aus dem Palast, und ein großer, muskulöser Daranil in mittleren Jahren kam lächelnd auf Erenwin zu und reichte ihm die Hand. Er trug ein leichtes, gold durchwirktes Gewand, Schnürsandalen und einen schmalen Goldreif auf dem mit weißen Schleierfedern bedeckten Haupt. Seine Flügel wiesen mehr Weiß als Schwarzbraun auf. »Ich bin Hyan, König von Chrysaora, und heiße Euch willkommen, Prinz Erenwin von Darystis.«
    Erenwin war verlegen. »Habt Ihr Euer Augenlicht verloren, weil Ihr ein Scheusal wie mich so herzlich begrüßt?«
    »Ich ließ es sogar zu, dass diesem Scheusal das Leben gerettet wird«, lachte der König. »Abgesehen davon hätte ich mir den Zorn meines Freundes, des Königs von Ardig Hall zugezogen, wenn ich Euch nicht die beste Gastfreundschaft zuteil werden ließe! Schließlich waren er und ich einst Kampfgefährten im Krieg um das Tabernakel. Ich half ihm, Burg Dubhan zu schleifen, und anschließend beim Wiederaufbau seines Schlosses. Ich war sogar dabei, als vor noch längerer Zeit der Orden der Visionenritter gegründet wurde, der nun nur noch Geschichte ist, seit der Siebenstern uns erleuchtet.«
    »Nicht mich«, murmelte Erenwin. »Für mich gibt es nur Dunkelheit.«
    »Hm.« Hyan musterte ihn interessiert. »Rowarn ließ mir ausrichten, dass er Euch gern treffen würde.«
    »Ich kann nicht.«
    »Das hat er bereits vermutet, zumindest schrieb er es mir so, und lässt sein Bedauern, aber auch Verständnis ausrichten. Ich hingegen meine, vielleicht könnte Euch Lady Arlyns begnadete Hand Linderung verschaffen.«
    Erenwin sah zu Alrydis und schüttelte den Kopf. »Ich habe bereits alles erhalten, was möglich war. Aber seine Tochter kann König Rowarn weitergeben, was ich ihr erzählt habe, das mag ihm ein Trost sein.«
    »Ihr könnt es Euch ja noch überlegen«, schlug der König vor. »Kommt, ich zeige Euch mein kleines Reich.« Er ging langsam einen Wandelgang entlang, und Erenwin und Alrydis folgten ihm. Unterwegs erzählte er ein wenig über das Leben auf Chrysaora, bis ihm auffiel, dass Erenwin sich immer öfter wie suchend umsah.
    »Vermisst Ihr etwas?«
    »Allerdings«, antwortete der Nauraka. »Gerade hier in Eurem Wunderreich, werter König: Eure Königin und eine Kinderschar.«
    »Ach ja, sogar Ihr bemerkt es.« Hyan zeigte ein tiefes, weises Lächeln. »Das liegt an mir, geehrter Prinz. Ich erzählte Euch, dass ich bei der Gründung des Ordens der Visionenritter dabei war. Nun, jener Orden wurde von einer Mächtigen gegründet, einer Annatai namens Gynvar. Ich war damals ein junger, sehr wilder und oft über die Stränge schlagender Heißsporn, der seinem Vater jede Menge Kummer bereitete, und wollte die ganze Welt auf den Kopf stellen. Ich war mit Feuereifer beim Aufbau des Ordenshauses dabei, bis die Hohe Frau eines Tages zu mir sagte, ich solle nun ausziehen und nach den geeigneten Rittern suchen, die die Weihe erhalten sollten. Kühn wie ich war, verlangte ich einen Kuss dafür von ihr.«
    »Werter Hyan!«, rief Alrydis lachend. »Ihr überrascht mich, diese Geschichte kannte ich ja gar nicht!«
    »Oh ja.« Des Königs Die Miene des Königs wurde sehr weich, und in seine Augen trat ein ganz besonderer Glanz. »Wenn Ihr Gynvar nur gesehen hättet … es gibt keine schöneren Wesen als die Annatai, glaubt mir. Sie sind verehrungswürdig, wie Götter. Sie neigte sich zu mir und gab mir den Kuss.«
    Er sah nicht traurig aus, sondern glücklich, als er das erzählte. Erenwin sah ihn sprachlos und aufgewühlt an, und auch Alrydis war gerührt.
    Der König des Wolkenreiches berührte mit den Fingerspitzen seine Lippen. »Ich spüre den Kuss noch heute so lebendig wie damals, und oft ist mir, als wäre sie mir nahe. Was sie mir gab, veränderte alles. Eine andere Frau gab es nie für mich.

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